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25. April 1896: Kaiser Wilhelm II. im Bahnhof von Schlitz (Vogelsbergkreis) - Fotos: Stadtarchiv Fulda (7), Sebastian Kircher, Thomas Martin

FULDA Ein ideales Weihnachtsgeschenk

Zum Almanach "1896": Als Kaiser Wilhelm II. NICHT nach Fulda kam

07.11.21 - Ruckzuck ist Weihnachten. Und so sei der geneigten Leserschaft schon jetzt ein Buch als Geschenke-Tipp wärmstens empfohlen: "1896 – Das Gründungsjahr von Fulda aus betrachtet" lautet der Titel der 76. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins. Was auf den ersten Blick zugegebenermaßen ziemlich dröge klingt, entpuppt sich beim genaueren Hinschauen als kurzweiliger Schmöker.

Bei der Präsentation des neuen Almanachs vor dem Kurfürst in Fulda, dem Gründungsort des ...

Das Gründungsprotokoll des Fuldaer Geschichtsvereins vom 1. August 1896 ...

Es war am 1. August 1896, als der Fuldaer Geschichtsverein im Hotel Kurfürst aus der Taufe gehoben wurde. Der Verein hat sich nun zu seinem 125. Jubiläum selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Unter Federführung des langjährigen Schriftleiters Thomas Martin, der die damalige Berichterstattung der Fuldaer Zeitung sowie des Fuldaer Kreisblattes ausgewertet hat, ist ein Almanach entstanden, der das Jahr 1896 Monat für Monat beleuchtet.

Ein eher unspektakuläres Jahr, das in der Geschichtsschreibung keine besonderen Spuren hinterlassen hat. Dennoch hat Thomas Martin durch die geschickte Gegenüberstellung der Quellen und den hintergründigen Zungenschlag in seiner Kommentierung eine lokalhistorisch spannende und detailreiche Fundgrube ausgehoben, in der man jede Menge Entdeckungen machen kann.

Das Buch ist unterhaltsam und nicht selten zum Schmunzeln. So erfahren wir zum Beispiel, dass die Bürger aufgerufen wurden, tunlichst keine Briefmarken fürs Rückporto etwaigen Schreiben an die Behörden beizulegen. Denn diese gingen in den Amtstuben allzu schnell verloren. Des Weiteren wurden 1896 in Fulda neue Straßennamen und Hausnummern eingeführt, was zur Folge hatte, dass kaum einer so genau wusste, wo er nun eigentlich wohnt. Bei Behördengängen solle man sich daher bitte seine neue Adresse gut einprägen.

Pferdemarkt auf dem Viehmarktplatz in der Lindenstraße

Maskenball des Bürgervereins (1884)

Die Wohnung des Landrats im Stadtschloss

Und noch ein schönes Beispiel vom 11. April, als das Fuldaer Kreisblatt sich über die schlechten Straßenverhältnisse aufregte und den Teufel an die Wand malte:

"Es (Fulda) hat bisher viel zu wenig auf sein Äußeres verwendet. Es zeigt noch zu viel unvorteilhafte Seiten und Verhältnisse; besonders seine Straßen-Angelegenheiten hat es viel zu lange und zu sehr vernachlässigt. Ende dieses Monats soll unser Kaiser nach Schlitz reisen wollen. Gesetzt, er käme auf den Gedanken, einmal von hierab zu Wagen durchs Fulda-Thal zu fahren, als schneidiger Fahrer mit einem prächtigen Sechserzug. Müßte nicht unsere Ortsbehörde pflichtschuldigst bitten, doch um unseren Ort herumzufahren, da es durch die Stadt nicht gehen würde, ohne ihn an einer der vielen zu umfahrenden Ecken und Engen umzuwerfen? Solche Zustände sind nachgerade unhaltbar geworden. Sie zu ändern ist die Geradelegung der Bahnhofstraße nebst Einführung in die Stadt ein Anfang, den zu fördern Pflicht aller Bürger ist."

Nun, der Kaiser machte 1896 schließlich doch keinen Abstecher von Schlitz nach Fulda. Die Begradigung der Bahnhofstraße und das Anlegen eines großen Platzes an deren unteren Ende (der heutige Uniplatz) wurde indes beschlossen.

Die Horaser Knappschaftskapelle

Giesels Brauerei (später Unionsbrauerei) in der Leipziger Straße

"Die Himmelfahrt Mariens" - Schlussbild für das Oratorium "Heliand"

Überhaupt befand sich Fulda damals städtebaulich im Umbruch. So wurde auch die Erweiterung der Orangerie um einen Veranstaltungssaal vereinbart und mit der Christuskirche das erste evangelische Gotteshaus eingeweiht. Es wurden die Grundlagen für den Friedhof am Frauenberg gelegt, und erste Planungen für eine jüdische Schule – das heutige jüdische Gemeindezentrum in der Von-Schildeck-Straße – begannen. Es gab Straßenpflasterungen, erste Bürgersteige und Telefonanschlüsse.

Dabei schaut Thomas Martin nicht nur auf lokale Ereignisse: Alles rund um die deutsche Kaiserfamilie und die russischen Zaren scheint die Fuldaer sehr interessiert zu haben, die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Griechenland hingegen gar nicht. Auch Themen, die heute aktuell sind, beschäftigten die Menschen: Die Zeitung gab beispielsweise Tipps zum richtigen Lüften. Und bei Wetterkapriolen im Sommer 1896 kam sogar ein Mann ums Leben …

Thomas Martin: 1896 – Das Gründungsjahr von Fulda aus betrachtet. 76. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins, Parzeller 2021, 200 Seiten, 12,50 Euro. (mw) +++


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