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"Sie standen plötzlich vor mir" - Mann wird von Wölfen überrascht
07.01.22 - Als am Dienstagmorgen ein Hundebesitzer um 6:30 Uhr mit seinem Vierbeiner in Ludwigsau- Friedlos beim Friedhof Gassi geht, entdeckt er zwei Wölfe. Direkt vor ihm hätten die Tiere seinen Weg gekreuzt, seien etwa zehn Meter von ihm entfernt kurz stehengeblieben, um anschließend im Gebüsch zu verschwinden.
"Angst hatte ich nicht", erzählt der Mann im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. "Ich habe die beiden allerdings schon mal vor ein paar Monaten gesehen". Er glaubt, dass die Raubtiere, die hier als sesshaft gelten, keine Gefahr für ihn darstellen würden. "Ich bin ziemlich groß und denke, dass Wölfe sich lieber kleinere Gegner suchen." Selbst sein Hund hätte die beiden grauen Pelze nicht interessiert. "Die Tiere kamen einzeln auf den Weg getreten, deswegen dachte ich im ersten Moment auch, es sei einfach nur der Husky eines Nachbarn, der sich hier rumtreibt." Größe und Fellfarbe hätten in etwa gestimmt. "Als dann das zweite Tier nachkam, war mit aber alles gleich klar."
Direkt hinter dem Friedhof und dem angrenzenden Wohngebiet liegen Wiesen, auch der Wald befindet sich in unmittelbarer Nähe. Rehe verbringen, nur rund 50 Meter hinter dem letzten Bauwerk, ihre Nacht auf offenem Feld.
Weiterer Wolf als sesshaft eingestuft
Nicht nur in Ludwigsau gibt es seit einiger Zeit Wölfe. Eine Fähe wurde seit 2019 wiederholt, aber nur wenige Male, in der Rhön nachgewiesen. Bisher galt sie nur in Thüringen als sesshaft, jedoch passierte sie nachweislich mindestens zweimal Landesgrenzen: zwischen Hessen und Thüringen sowie zuletzt die Grenze zu Bayern. Somit erstreckt sich das Territorium des Tieres über drei Länder. In Hessen zählt die Fähe nun rückwirkend seit 2019 als ansässig.
Ihren ersten Nachweis gab es im Oktober 2019 in der hessischen Rhön bei Poppenhausen. Für Hessen blieb dies bisher der einzige Beleg des Tieres, das aus dem Wolfsrudel "Göritz/Klepzig" in Brandenburg stammt. Allerdings wurde die Wölfin im Februar 2020 auch in Thüringen erfasst, dort sogar im Folgejahr erneut. Daraufhin erklärte Thüringen das Tier als territorial, also sesshaft, das Territorium erhielt die Bezeichnung Zella/Rhön.
Im Herbst 2021 erfolgte schließlich die vierte genetische Bestätigung der Wölfin in Bayern. Anlässlich dieser zeitlich weit auseinanderliegenden vier genetischen Nachweise derselben Wölfin berieten sich die drei betroffenen Bundesländer gemeinsam mit der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW). Sie beschlossen, dass die Wölfin rückblickend auch in Hessen seit dem Monitoringjahr 2019/2020 länderübergreifend als sesshaft gilt. Somit liegt in Hessen – durch Nachweise einer territorialen Wölfin in Thüringen und Bayern – grenzüberschreitend in der Rhön ein sechstes Wolfsterritorium. (mr) +++