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Therapie auf vier Pfoten - "Für die Senioren immer ein besonderes Highlight"
13.01.22 - "Pfoten helfen Menschen" - Unter diesem Motto besuchen die Therapiehunde aus Angersbach alle zwei Wochen die Senioren des Pflegeheims in Herbstein. Schnell wird klar: Der Hund gilt nicht ohne Grund als der beste Freund des Menschen. Der Umgang zwischen den Bewohnern und den Vierbeinern ist herzerwärmend. Es wird gespielt, gelacht und natürlich gibt es auch jede Menge Streicheleinheiten.
In der Runde aus etwa zehn Senioren, die im Aufenthaltsraum des Pflegeheims Herbstein im Halbkreis sitzen, lacht ein Mann immer wieder laut, andere schauen ernst, doch die meisten haben ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Spätestens als die vier Therapiehunde Jax, Tala, Lio und Tarja das Zimmer betreten, beginnen die Gesichter der Bewohner zu strahlen. Pitbull-Terrier Jax wedelt aufgeregt mit dem Schwanz - auch er freut sich auf die Therapiestunde. Neugierig tapst er zu einer älteren Bewohnerin im Rollstuhl. Auf das Kommando "Platz" legt sich der Vierbeiner auf den Boden, dann gibt es die Belohnung der älteren Dame. Sie zögert nicht lange und zückt eines der Leckerli, welche Hundebesitzerin Marie Schubert zuvor an die Senioren verteilt hat.
Es ist wirklich toll zu sehen, was die Begegnung mit den Hunden bei den Senioren auslöst - die Therapie ist nicht nur von einer tiefen Verbindung zwischen Hund und Bewohner geprägt, sondern ruft bei vielen - unter anderem dementen - Senioren auch Erinnerungen hervor. "Wir hatten früher selbst einen Hofhund, den August", erzählt ein älterer Herr mit einem Lächeln im Gesicht. Entschlossen greift er zur Pflegebürste und beginnt das Tier zu kämmen. "Der muss ja auch schön sauber und gepflegt sein. Das mögen sie gerne. Hunde sind für mich ganz besondere Wesen, jeder hat seinen ganz eigenen Charakter", weiß der ehemalige Hundebesitzer.
Wesenstest und Übungen in verschiedenen Situationen
Gemeinsam mit ihrem Frauchen haben die Hunde eine zweijährige Ausbildung durchlaufen. Dabei wurden die Vierbeiner auf ihre Zeit als Therapiehund vorbereitet. "Man kann sicher sein, nach der Ausbildung einen lieben Hund an seiner Seite zu haben, der mit den Menschen umzugehen weiß", so Schubert, die betont: "Einige Menschen sind am Anfang noch ängstlich, finden aber nach und nach den Zugang zum Tier, man kommt ins Gespräch und sie erzählen von früheren Zeiten". Zurzeit befinden sich außerdem fünf weitere Hunde in der Ausbildung.Neben einem Wesenstest bewiesen die Tiere ihre Fähigkeiten in vielen verschiedenen alltäglichen Situationen und im Umgang mit alten Menschen, Kindern oder Menschen mit Behinderung. Neben Altenheimen sind Hunde und Frauchen nämlich auch in Kitas oder Behindertenwerkstätten unterwegs. "Das ist immer sehr interessant zu sehen. Es gibt Hunde, die tauen bei Kindern total auf, sind aber bei den Senioren eher zurückhaltend. Andere bemerken direkt, wenn jemand sehr ängstlich ist, und reagieren dann darauf. Das ist wirklich sehr individuell", so Schubert. In den Sommermonaten soll die Therapie auch nach draußen verlegt werden. "Ein kleiner Spaziergang lässt sich gut mit pädagogisch wertvollen Elementen verbinden, das ist ein großer Spaß für Mensch und Hund", meint Schubert.
Mit Spiel und Spaß motorische Fähigkeiten trainieren
Spielerisch kommen sich Hund und Bewohner näher. Dabei kommt zum Beispiel ein Würfel zum Einsatz. "Wird blau gewürfelt, muss derjenige dem Tier ein Kommando geben, bei gelb muss ein Leckerli versteckt werden, grün steht für einmal bürsten mit dem Pflegekamm", erklärt Schubert. Die Therapie mit den Hunden soll nicht nur motivieren, sondern auch die motorischen Fähigkeiten der Senioren trainieren. "Es sind beispielsweise Bewohner dabei, die einen Schlaganfall erlitten und Probleme mit dem Greifen haben. Da ist die Therapie mit den Hunden eine tolle Sache", so Schubert.Auch Georg Kinkel ist von der tiergestützten Therapie begeistert: "Sobald die Hunde da sind, ist hier Halli Galli und Party im Haus. Der Besuch der Vierbeiner ist für die Senioren immer ein besonderes Highlight", lacht er. Der Sozialdienstleiter hat selbst eine Hündin, die hin und wieder im Heim zu Besuch ist und den Bewohnern ein Lächeln ins Gesicht zaubert. "Tiergerichtete Therapie hat auf Menschen in der Regel eine positive Wirkung. Wir haben uns sehr gefreut, als die Hundeschule Wolfsblick damals mit ihrer Idee auf uns zukam. Schnell hat sich eine Gruppe an interessierten Bewohnern gebildet. Viele fragen unmittelbar nach der Therapiestunde, wann die Hunde wieder kommen, und können es bis dahin kaum abwarten", so Kinkel.
Ein im Alltag der Senioren ganz besonderes Highlight neigt sich dem Ende zu. Schon jetzt können sie es kaum erwarten ihre tierischen Freunde wiederzutreffen – bereits in zwei Wochen ist im Heim wieder ordentlich was los. (Lea Hohmann) +++