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Kerim Viebrock (links) und Philipp Gärtner von den "Green Pioneers" - Fotos: Marius Auth

FULDA Lokale Hanfbauern hoffen

Cannabis-Legalisierung: "75.000 Tote jährlich durch Alkohol, 0 durch Gras"

01.02.22 - Die Legalisierung von Cannabis ist im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung festgelegt. Damit könnte das Genussmittel nach Jahrzehnten der Illegalität für Erwachsene freigegeben werden. Endlich, sagen die Fuldaer Hanf-Unternehmer "Green Pioneers" - denn auch wirtschaftlich könnte die Region davon profitieren.

Das Produktportfolio umfasst neben Nutzhanf auch Kosmetika und Lebensmittel aus ...

Bereits seit 2017 kann medizinisches Cannabis, das den psychoaktiven Wirkstoff THC beinhaltet, vom Hausarzt verschrieben und in der Apotheke abgeholt werden. Notwendig dafür: Erkrankungen wie ADHS, Depressionen, Schlafstörungen, Schizophrenie oder chronische Schmerzen. Philipp Gärtner, einer der "Green Pioneers", die im kleinen Malkes bereits ein umfangreiches Sortiment an Hanfprodukten ohne THC-Gehalt produzieren, ist so vom Patienten zum Profi geworden: "Ich hatte lange Jahre chronische Kopfschmerzen. Konventionelle Medikamente und Therapiemöglichkeiten haben nicht angeschlagen, für mich war die Legalisierung zu medinizischen Zwecken ein Segen. Das Interesse an der Kulturpflanze Hanf und ihren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, vom Dämmstoff bis zum Tee, ist damit bei mir erst richtig aufgeblüht."

50 Hektar Hanf von Fulda bis Neuhof

Inzwischen werden in Malkes auf drei Hektar Nutzhanf angebaut, bei sieben Partner-Landwirten von Fulda bis Neuhof blüht die genügsame und robuste Pflanze auf weiteren 47 Hektar. Hanf, dem die berauschende Substanz THC  herausgezüchtet wurde, enthält weiter den Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD), der entspannend und entzündungshemmend wirkt. Der ist legal und hat in letzter Zeit einen regelrechten Boom erlebt: Tees, Öle, Salben und andere Kosmetika profitieren vom Hanf-Image, ohne dass Konsumenten Illegalität befürchten müssen. Die sei auch für den THC-haltigen Hanf nicht mehr zu rechtfertigen, meint Gärtner.

Selbst Bier lässt sich mit Hanf versetzen

"Der Tod von 75.000 Menschen jährlich lässt sich direkt auf die Folgen von Alkoholkonsum zurückführen. Cannabistote dagegen gibt es keine - dennoch wurden im letzten Jahr allein rund 200.000 Strafverfahren wegen Besitz und Konsum von Cannabis eröffnet. Wenn Cannabis für den Endverbraucher legal wird, kommen dadurch rund drei Milliarden Euro Steuereinnahmen im Jahr zusammen - und man spart rund 1,8 Milliarden Euro für die Strafverfahren, die ohnehin meist eingestellt werden. Eine Legalisierung ist längst überfällig, die Abgabe sollte aber nur unter bestimmten Bedingungen möglich sein."

Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands Foto: privat

Dem stimmt auch Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbandes, zu: "Wir fordern Cannabis-Fachgeschäfte. Damit wird sichergestellt, dass Kinder und Jugendliche keinen Zutritt haben. Deswegen halten wir Apotheken für den falschen Ort, um Cannabis zu verkaufen. Die Kunden sollten umfassend und verpflichtend informiert werden, insbesondere durch schriftliche Informationen. Beipackzettel sollen die wichtigsten Inhaltsstoffe deklarieren, insbesondere die THC- und CDB-Werte. Auch Warnhinweise sind denkbar. In den Shops sollten jederzeit Informationsbroschüren zu Cannabis ausliegen inklusive der Darstellung der Risiken und Beratungsstellen vor Ort. Auch die Verkäufer sollten darüber Bescheid wissen und entsprechend geschult werden."

Gesetzesbeschluss Ende 2023?

Auf dem Weg zur endgültigen Legalisierung stehen die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat, davor noch die Einsetzung einer Expertenkommission und anderer Gremien, vermutet Wurth: "Betäubungsmittelgesetz, Tabaksteuergesetz, landwirtschaftliche Anbaubedingungen - das ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Dann die Frage: Wer bekommt die Steuern? Bund, Länder oder Gemeinden. Wie viel Gramm darf ein Konsument bei sich haben? Ist der Eigenanbau erlaubt? Wie und von wem erfolgt die Ausbildung der Fachverkäufer? Deswegen wird das ein relativ langer Lauf - wir rechnen mit dem Gesetzesbeschluss Ende 2023."

Hanf ist eine Kulturpflanze, die seit Jahrtausenden genutzt wird

Hanfsamen (ungemahlen und gemahlen)

Dann könnten auch mehr regionale Landwirte vom Grasanbau profitieren - vorausgesetzt, die Anbaubedingungen werden nicht zu strikt, meint Gärtner: "Auch der Anbau von Nutzhanf wird durch die Legalisierung erleichtert werden - jetzt wird der noch durchs Betäubungsmittelgesetz erschwert, wir hoffen auf Lockerungen. Die Profitmargen sind bei THC-haltigem Cannabis natürlich auch höher als bei Nutzhanf. Und die Pflanze ist sehr genügsam und robust, sie wächst wirklich auf jedem Feld. Aber wie rentabel das für Landwirte wird, hängt davon ab, welche Anforderungen neben Umzäunung und Alarmanlage noch gegeben sein werden."

Neben den Landwirten könnten auch regionale Unternehmen von der Legalisierung profitieren: "In Ländern wie Kanada und Portugal ist eine komplette Zulieferindustrie rund ums Cannabis entstanden. Maschinen, Bewässerungssysteme, landwirtschaftliche Geräte. Aber vor allem können Verbraucher sicher sein, dass sie gute Qualität bekommen - und der Jugendschutz wird überhaupt erst möglich. Auf dem Schwarzmarkt weiß ich nicht, was im Produkt wirklich drin ist - und Jugendliche kommen dort leichter an Cannabis als an Alkohol. Durch eine Regulierung wird das besser eingedämmt werden", meint Gärtner. (mau) +++


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