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Wie organisiert Hessen die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen?
05.03.22 - Die Hessische Landesregierung hat ein Verfahren beschlossen, wie die Aufnahme und Unterbringung ukrainischer Geflüchteter in Hessen organisiert wird. Auch wenn es sich nicht um Asylbegehrende handelt, ist es aus Sicht des Landes Hessen wichtig, dass Geflüchtete aus der Ukraine den Bundesländern über das etablierte EASY-System zugewiesen werden.
Größere Personengruppen, die nicht bei Verwandten oder direkt in kommunalen Einrichtungen unterkommen können, werden zunächst in der Erstaufnahmeeinrichtung in Hessen (EAEH) aufgenommen. Hier wird ihre Identität festgestellt, außerdem erfahren die Geflüchteten medizinische Behandlung und erhalten ein Impfangebot. Die Menschen, die privat oder in Kommunen unterkommen, sollen sich bei der zuständigen Meldebehörde registrieren und nach Inkrafttreten des EU-Ratsbeschlusses zur Massenzustrom-Richtlinie bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragen. Im Bedarfsfall können sie Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.
"Wir wollen und werden angesichts der Situation, in der sich die Menschen in der Ukraine durch die völkerrechtswidrigen russischen Angriffe befinden, schnelle und unbürokratische Hilfe leisten", sagte Hessens Sozial- und Integrationsminister Kai Klose. "Wir bitten die Kreise und Städte in Hessen, für die bevorstehenden zusätzlichen Aufgaben für die notwendige Personalausstattung in den Ausländer- und Sozialbehörden und je nach Bedarf hier auch für personelle Verstärkung zu sorgen", so Klose, der den Gebietskörperschaften dafür die volle Unterstützung der Landesregierung zusicherte.
Da die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen auch aufgrund der coronabedingten Vorsichtsmaßnahmen über eine begrenzte Anzahl von freien Unterbringungsplätzen verfügt, werden zur möglichen kurzfristigen Unterbringung größerer Gruppen an den bereits bestehenden EAEH-Standorten Leichtbauhallen errichtet, in denen die ukrainischen Geflüchteten für einige Tage untergebracht werden können. Nach Angaben der Flüchtlingskommission der Vereinten Nationen (UNHCR) haben bereits rund eine Million Menschen die Ukraine auf der Flucht in die westlichen Nachbarstaaten verlassen. Eine Schätzung, wie viele von ihnen nach Deutschland bzw. Hessen kommen, ist derzeit nicht möglich.
"Mit dem aktuellen Beschluss der EU-Innenminister wird sichergestellt, dass Kriegsflüchtlinge jetzt schnell und unkompliziert aufgenommen werden können. Nunmehr ist der Bund aufgefordert, ein Verfahren zu finden, welches eine geordnete und gerechte Verteilung sicherstellt, um ukrainischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger rasch zu helfen. Hessen ist vorbereitet. Die Hessische Landesregierung hat sich parallel und in enger und vertrauensvoller Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden auf ein hessenweites Verfahren geeinigt, welches Verzögerungen bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen bestmöglich vermeidet. Unser oberstes Ziel ist es, dass jedem Kriegsflüchtling, der in Hessen Zuflucht und Schutz sucht, unmittelbar und rasch geholfen wird", so Innenminister Peter Beuth.
Hintergrund Erstaufnahme
In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes werden Ausländerinnen und Ausländer untergebracht und versorgt, die einen Asylantrag bzw. einen Antrag auf die Gewährung von internationalem Schutz gestellt haben. Dementsprechend werden hier gemäß § 44 AsylG im Prinzip nur Asylsuchende und –antragsteller aufgenommen.Für alle anderen Ausländerinnen und Ausländer, die – wie ukrainische Staatsangehörige – aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen flüchten, nach Deutschland einreisen und deren Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt ist, besteht daher keine Zuständigkeit der Erstaufnahmeeinrichtung Hessen. Grundsätzlich sind für diese Personengruppe eigentlich unmittelbar die einzelnen Kommunen und deren Ausländerbehörden und Sozialbehörden zuständig, sofern eine Unterkunft und Versorgung bei Freunden oder Verwandten nicht gewährleistet werden kann. Die EAEH wird nun also entgegen der gängigen Praxis als zentraler erster Anlaufpunkt und zur kurzfristigen Unterbringung hinzugezogen.