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Impuls von Stefan Buß: Gott nur genügt.
23.03.22 - Als Theresa von Ávila (Kirchenlehrerin, 1515 – 1582) starb, fand man in ihrem Brevier ein kleines, dreimal dreizeiliges Gedicht, das mit den Worten endet: "Sólo Dios basta – Gott nur genügt." Dieses Gedicht wird nach Meinung fast aller Experten zweifellos Teresa zugeschrieben.
Nichts soll dich verstören, nichts dich erschrecken, alles vergeht, Gott ändert sich nicht. Geduld erlangt alles; wer Gott hat, dem fehlt nichts: Gott nur genügt.
Man kann diesen Text eigentlich nicht "erklären"; er erschließt sich erst, wenn man es wie Teresa macht: wenn man mit ihm lebt. Für sie wurden diese Zeilen im Brevier zu einem "Kernwort". Sie hat sich damit Mut gemacht, hat sich daran in Erinnerung gerufen, woher sie die Kraft bekommt, ihren Weg zu suchen und zu gehen. Sie hat sich dadurch daran erinnert, was man gerade dann "vergessen hat, wenn man es braucht: dass Gott da ist, dass er den Weg weiß, wo ich keinen mehr sehe, dass er Atem hat, wo mir der Atem ausgeht, dass er der Meister ist, ich (nur) der Jünger, dass die Welt, selbst wenn sie aus den Angeln fiele, nicht aus seinen Händen fallen kann …" Unglücklicherweise wurde die letzte, die am bekanntesten gewordene Zeile im Deutschen mit "Gott allein genügt" übersetzt. Häufig verstand man dieses Kernwort dann so, als brauche der Mensch nur Gott, nichts weiter, oder gar als habe er sich allein um Gott zu sorgen und den Blick von allem Menschlichem und Geschöpflichem abzuwenden. Das "solo" aber meint: erst Gott reicht aus, um wirklich Erfüllung zu schenken; hätte ich alles, was das Leben bieten kann, aber die Gemeinschaft mit Gott nicht – es wäre alles flach, leer, ungenügend, wie ein "Nichts". Gerade die hier gemeinte Erkenntnis, dass erst Gott – also "Gott nur" – dem Menschen entspricht, gibt allem Sinn und Wert, Tiefe und Größe: Die Liebe dieses Gottes und das Leben mit ihm verleihen den Dingen Schönheit, dem Nächsten Größe, der Freundschaft und Partnerschaft Tiefe und ewige Endlosigkeit … (Stefan Buß) +++