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"Querbeat": Das Jugendzupforchester Hessen konzertierte in Burgenstadt
23.03.22 - Von Freitag bis Sonntag probte das Jugendzupforchester Hessen in der Landesmusikakademie in Schlitz (Vogelsbergkreis). Diese turnusmäßige Arbeitsphase gipfelte in einem sogenannten Werkstattkonzert im Saal des neuen Gästehauses unter der Leitung von Ariane Lorch, einer international erfolgreichen Mandolinistin und Dirigentin, die in Nordhessen lebt und arbeitet und die seit 2016 die musikalische Leitung des JZOH innehat.
Ihr Mann Wolfgang Lorch betreut als Dozent die fortgeschrittene Gitarrenstimme. Carlos Vivas aus Erbach coacht die jüngeren Gitarristen und Laura Engelmann, frisch gekürte Siegerin des Internationalen Yasuo-Kuwahara-Wettbewerbs, Schweinfurt, für Mandoline solo ist Konzertmeisterin und Dozentin für die 1. Mandoline. In jeder Probenphase wechseln Rhythmikunterricht, Technikunterricht, Stimmproben und Gesamtorchesterproben einander ab, sodass die Spieler die Werke von verschiedenen Blickwinkeln aus kennenlernen und verinnerlichen.
Ein vielseitiges Programm
Preludio und Fuga des italienischen Komponisten Claudio Mandonico vereint barocke Kompositionsweisen mit jazziger Tonalität. Das Werk "Die zertanzten Schuhe" des Schweizer Gitarristen Jürg Kindle ist das Pflichtwerk für den im November stattfindenden Auswahlorchesterwettbewerb in Trossingen. Das JZOH bewirbt sich um eine Teilnahme und hat das Stück an diesem Wochenende frisch erarbeitet und viel Spaß an den "funky"-Crossover- Elementen mit vielseitiger Percussion und der Nutzung der Sprache gefunden. Lana und Tea Karapandža aus Erbach präsentierten einen Ausschnitt aus ihrem Programm für den am nächsten Wochenende in Schlitz stattfindenden Landeswettbewerb "Jugend musiziert".
Das Werk "Song of a Japanese Autumn" des japanischen Komponisten Yasuo Kuwahara beschreibt szenisch den Frühherbst in Japan. Regen und ein Unwetter halten die Bauern davon ab, ihre Ernte fertig einzuholen, nur ein Bauer kämpft gegen die Naturgewalten und singt beim Weiterarbeiten die traditionellen Lieder des Erntefestes. Dieses Stück gehört zu den großen und beliebtesten Werken der Zupforchesterliteratur. "Ein Muss für jeden jungen Spieler im Erfahrungsschatz!", so Ariana Lorch in ihrer Moderation. Dieter Kreidler, emeritierter Professor für Gitarre der Musikhochschule Köln, schreibt populäre Literatur für Zupforchester. Den Abschluss des instrumentalen Programms bildete sein Werk "Latin Groove". Aus diversen Richtungen des Orchesters erklangen Maracas und Claves und Gogo Bells in typischen lateinamerikanischen Rhythmen. Am Ende des Programms zeigten die jungen Musiker ein Bodypercussionstück, den "Rocktrap" von William Schinstine. Sie musizierten auswendig, ausschließlich auf ihrem Körper. Ein "Erlebnis" im positivsten akustischen und optischen Sinne für das Publikum, aber auch in ganz eigener Weise für die Oberschenkel der Aktiven… .
Den Namen des 20-köpfigen Ensembles mag man fast schon als "uncool" empfinden, aber es sind nun einmal Zupfinstrumente wie Mandoline, Gitarre und Kontrabass, aber keine Streich- oder Blasinstrumente, die hier zum Einsatz kommen. Spätestens die zauberhafte Klangnote gerade dieser Instrumente zieht die Zuhörer innerhalb weniger Takte in ihren Bann. Harmonisch und sehr melodiös - zum Träumen schön. Gerne folgte man den Musikern auf ihrem facettenreichen Weg durch die Stücke. Dass die "Gezupften" aber auch anders können, das entlockten ihnen die überaus talentierten Aktiven und Ariane Lorch: So zum Beispiel, als das schlechte Wetter den japanischen Bauern das Einbringen der Ernte gefährdet, oder aber bei den typischen lateinamerikanischen Klängen des "Latin Groove" - nein, man war immer noch in Schlitz und nicht in Japan oder in Kuba, wie man bei der Authentizität der Klänge glauben mochte... . Ein langanhaltender Applaus war der verdiente Lohn der Musiker. Der Direktor der Landesmusikakademie, Dr. Lothar Behounek, entließ die Nachwuchsmusiker mit einigen launigen Worten der Freude darüber, dass nun wieder Präsenzveranstaltungen mit Publikum möglich sind, verbunden mit einem Ausblick auf das kommende Wochenende, an dem die LMAH endlich auch wieder im Zeichen des Wettbewerbes "Jugend musiziert" stehe.
Begeistert zeigten sich nach dem Konzert die ehemalige Mandolinenspielerin Karin Driessen und ihr Mann Edgar im OSTHESSEN|NEWS-Gespräch. Beide sind 1980 von München nach Schlitz gezogen. "Ich habe vor 55 Jahren selbst in Bad Kreuznach Mandoline gespielt, das ist so ein wundervolles Instrument. Und das Orchester hat heute ein tolles Konzert gegeben!" In der Landesmusikakademie sind die beiden Stammgäste. "Das ist so eine großartige Einrichtung, wir lieben es jedes Mal, hier zu sein!"
Zufrieden mit der Zeit in Schlitz waren auch wieder die Aktiven. Mandolinist Jonathan aus Hessisch-Lichtenau: "Das Team der Akademie hat uns einen klasse Aufenthalt ermöglicht!"