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Jeden Donnerstag kommen rund 160 Menschen aus Flieden, Neuhof und Kalbach zum Fliedener Tisch - Fotos: Lea Hohmann

FLIEDEN Ein Dorf steht zusammen

Fliedener Tisch unterstützt seit 13 Jahren Bedürftige - "Unglaublich bereichernd"

23.05.22 - Steigende Lebensmittelpreise, höhere Ausgaben und gezwungenermaßen weniger Geld zum Überleben - immer mehr Menschen in Deutschland haben es schwer, über die Runden zu kommen und leben zunehmend am Existenzminimum. 2009 wurde als eine Initiative der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden im Königreich der "Fliedener Tisch" unter der Trägerschaft des Generalvikariats Fulda gegründet. Heute werden jede Woche - immer donnerstags – etwa 160 Menschen aus den Großgemeinden Flieden, Neuhof und Kalbach durch diese Einrichtung versorgt, Tendenz steigend.

Frau Lieb ist knapp fünf Jahren Kundin beim Fliedener Tisch und für die Unterstützuhg ...

Margot Heller und Eugen Hack - beide sind mit Herz und Seele dabei, Bedürftige zu unterstützen ...

Auch bei den ehrenamtlichen Helfern ist das Engagement riesig

"Es ist schön, diesen Menschen helfen zu können. Wir erfahren immer wieder jede Menge Dankbarkeit. Einige Bedürftige sind schon dabei, seit es den Fliedener Tisch gibt. Ein ehemaliger Kunde, der früher regelmäßig einen Teil seiner Lebensmittel hier bezogen hat, steht heute fest im Berufsleben und spendet mittlerweile selbst an den Fliedener Tisch. Das ist wirklich ein unglaublich tolles Zeichen der Dankbarkeit", meint Eugen Hack,  Finanzverwalter vom Fliedener Tisch. Unter dem Dach der beiden Kirchen engagieren sich rund 60 Helferinnen und Helfer, die regelmäßig bei der Beschaffung, Zuteilung und Ausgabe der Waren behilflich sind. "Das ehrenamtliche Engagement dieser Menschen ist enorm wichtig, um die große Zahl an Hilfsbedürftigen versorgen zu können", so Horst Vormwald, derzeitiger Kurator des Fliedener Tisches.

Beim Fliedener Tisch wird nichts weggeworfen - was übrig bleibt, wird an den Gnadenhof ...

Seit rund 13 Jahren versorgt der Fliedener Tisch Bedürftige

Margot Heller kennt viele der Kundinnen und Kunden persönlich - und hat ab und an einen ...

Nachfrage nach Lebensmitteln gestiegen

Da der Fliedener Tisch nicht dem Bundesverband der Tafeln angehört, ist es - im Gegensatz zu den im Verband organisierten Tafeln der Region - möglich, Waren gezielt zuzukaufen. "Das Zukaufen von Lebensmitteln ist ein großer Vorteil für uns. Wenn die Lebensmittelspenden kleiner ausfallen, können wir so trotzdem garantieren, dass jeder zumindest mit gewissen Grundnahrungsmitteln ausreichend versorgt wird", so Peter Bach, verantwortlich für die Warensortierung und Hygienebeauftragter. Gerade in Zeiten des Ukrainekriegs ist die Nachfrage nach Lebensmitteln nochmals stark gestiegen. "Wir versorgen derzeit etwa 20 ukrainische Familien mit rund 80 Personen, das macht rund die Hälfte unserer gesamten Kundschaft aus", so Hack.

Für die Ausgabe wurden die Räumlichkeiten der ehemaligen Bäckerei Heller im Zentrum von Flieden angemietet. Während Margot Heller dort früher Torten und frische Backwaren verkaufte, ist sie heute die "gute Seele" des Fliedener Tischs: "Ich mache die Arbeit unglaublich gerne, kenne viele Kunden mittlerweile persönlich. Auch wenn es viel Arbeit und vor allem organisatorischen Aufwand bedeutet - es macht unglaublich Spaß, diesen Menschen zu helfen", so die ehemalige Bäckerin. "Bei uns wird nichts weggeworfen. Die Lebensmittel, die wir nicht an die Kunden abgeben, werden an den Gnadenhof gespendet", so Heller. Die Ausgabe der Waren erfolgt für die Kunden zu genau festgelegten Zeiten, sodass keine langen Wartezeiten entstehen.

Der Fliedener Tisch ist in den ehemaligen Räumlichkeiten der ehemaligen Bäckerei ...

Jeder Donnerstag ist ein "sozialer Austausch"

Die Lebensmittel erhält der Fliedener Tisch von regionalen Supermärkten sowie von Metzgereien und Bäckereien. "Für viele Menschen ist das wöchentliche Abholen der Lebensmittel ein wichtiger sozialer Austausch. Die für Sortierung und Ausgabe der Waren zuständigen Frauen sind mittlerweile ein eingespieltes Team und kennen die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Kunden. Es entstehen so rege Gespräche, die nicht nur die Bedürftigen, sondern auch uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr bereichern", so Gertrud Schneider, Schriftführerin und in der Warenausgabe tätig, die von Silvia Happ koordiniert wird.

Frau Lieb ist eine der zahlreichen Kundinnen, die jede Woche ihre Lebensmittel vom Fliedener Tisch beziehen. "Ich komme seit knapp fünf Jahren hierher, bin leider schon lange krankgeschrieben und daher auf die Unterstützung angewiesen", so die Osthessin, die betont: "Der Fliedener Tisch ist für mich wie eine Art Rettungsanker. Ich weiß nicht, wie ich es ohne diese Unterstützung schaffen würde. Ich komme jeden Donnerstag wieder gerne hierher, man wird immer herzlich empfangen", so Lieb.

Gründung im Jahr 2009

Bereits im Jahr 2009 kam der Gedanke auf, im Königreich eine Lebensmittelausgabe ähnlich den Tafeln zu gründen. Hauptinitiator war der frühere Vorstand der Raiffeisenbank Flieden, Lothar Jünemann sowie des Weiteren der katholische Pfarrer Thomas Maleja, der evangelische Pfarrer Holger Biehn und der ehemalige Bürgermeister Winfried Kress. Da aber unter den Nachbartafeln nicht alle für eine weitere Gründung unter dem geschützten Namen "Tafel" in Flieden waren, entschloss man sich nach dem Vorbild der Efa (Essen für Alle) Wächtersbach, die auch die Patenschaft in Flieden übernahm, eine gleiche Einrichtung unter dem Namen "Fliedener Tisch" zu gründen. Diese hat ihren Sitz in Flieden und ist zuständig für Bedürftige in den Großgemeinden Flieden, Neuhof und Kalbach. Eine Mitgliedschaft im Bundesverband der Tafeln besteht somit nicht und man unterliegt auch nicht deren teilweise einschränkenden Regularien.     

"Warenangebot immer knapper"

Nachdem ein ausführliches Konzept ausgearbeitet wurde und sich ein Orga-Team von acht Personen zusammengefunden hatte, ging es schließlich ans Eingemachte. Am 4. März 2010 verzeichnete der Fliedener Tisch seinen ersten Ausgabetag. "Der Bedarf war schon damals gegeben und es war schnell klar, dass die Gründung ein Schritt in die richtige Richtung war", meint Schneider. "Vor etwa zwei Monaten noch hatten wir Lebensmittel im Überfluss. Seitdem wir ständig mehr Geflüchtete aus der Ukraine versorgen, wurde das gespendete Warenangebot auch bei uns immer knapper, sodass wir vermehrt Lebensmittel zukaufen mussten", so Hack.

Die Dankbarkeit auf ukrainischer Seite ist jedoch groß. "Vor einigen Tagen fing eine junge ukrainische Frau beim Abholen der Lebensmittel an zu weinen. Das war schon sehr ergreifend. Sie war vollkommen überwältigt, dass sie hier eine so große Unterstützung erfährt", erinnert sich Peter Bach, der sie als Kundin aufgenommen hatte.

Gutscheine und Gabenzaun statt Lebensmittelausgabe

Da in Zeiten der Pandemie die Ausgabe von Lebensmitteln für ein halbes Jahr nicht möglich war, hat der Fliedener Tisch aus der Not heraus auf andere Weise geholfen. Zum einen hat jede Familie in dieser Zeit zweimal entsprechend ihrer Personenzahl Lebensmittelgutscheine eines örtlichen Lebensmitteleinzelhändlers erhalten. Darüber hinaus wurde ein "Gabenzaun" im Eingangsbereich der Ausgabenstelle eingerichtet und dort regelmäßig gespendete bzw. zugekaufte Lebensmittel angebracht, an dem sich Bedürftige bedienen konnten. Beide Angebote wurden dankbar angenommen.

"Natürlich war die Freude umso größer, nach vielen Monaten auch wieder persönlich miteinander in Austausch zu kommen", so Hans-Günther Mihm, ehemaliger langjähriger Kurator und Finanzverwalter der Einrichtung. Zum derzeitigen Orga-Team gehören ferner Fabian Schönherr, zuständig für die Einkommens- und Bedürftigkeitsprüfungen der Kunden sowie Herbert Maul als Verantwortlicher für den Fuhrpark und die Fahrer.

Situation bundesweit so angespannt wie nie

"Leider gibt es viele Menschen, die sich schämen, das Angebot des Fliedener Tisches in Anspruch zu nehmen. Auf dem Dorf liegt die Hemmschwelle nochmals höher als in der Stadt, wo alles etwas anonymer zugeht", so Schneider und Mihm, die betonen: "Es kam schon vor, dass Kinder ihre Eltern darum baten, nicht zum Fliedener Tisch zu gehen - die Angst vor sozialer Ausgrenzung ist groß. Das macht wirklich traurig". 

Im Zuge allgemeiner Preissteigerungen und daraus entstehender finanzieller Engpässe werden in Zukunft immer mehr Menschen auf Hilfsangebote angewiesen sein. Die Situation bei vielen Tafeln ist so angespannt wie noch nie. Einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes von Ende 2021 zufolge hat die Armutsquote in Deutschland in der Pandemie ein Rekordhoch erreicht. Armut betrifft also leider heutzutage mehr Menschen, als man glauben mag. Ein Grund mehr, dankbar dafür zu sein, dass es Menschen gibt, die sich ehrenamtlich für Bedürftige engagieren. Wer den Fliedener Tisch unterstützen möchte, kann gerne eine Spende an die "Katholische Kirchengemeinde Christkönig Flieden" überweisen. Die Kontoverbindung ist auf der Homepage ersichtlich. Spendenbescheinigungen können gerne gegen Angabe von Name und Anschrift erstellt werden. (Lea Hohmann) +++                                       

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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