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Einer seiner Lieblingsplätze: Christoph A. Brandner vor der Stiftsruine in Bad Hersfeld - Archivfotos: Charlie Rolff

FULDA Der "Kulturpapst der FZ"

Schmierentheater war ihm ein Gräuel: Zum Tod von Christoph A. Brandner

05.05.22 - Die hiesige Medienlandschaft trauert um Christoph A. Brandner. Der "Kulturpapst der Fuldaer Zeitung" starb am 29. April nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren. Er hinterlässt seine Ehefrau Mechthild, einen Sohn, eine Tochter und eine Stieftochter und einen Stiefsohn nebst Familien und Enkelkindern.

Wie viele junge Journalisten – der Autor dieser Zeilen inbegriffen – wurden von ChB (so sein Kürzel) "auf Spur" gebracht. Christoph A. Brandner wurde 1945 in Freiwaldau im Sudetenland geboren und lebte seit 1952 in Fulda. Nach einem Volontariat bei der FZ (ab 1968) und anschließender Redaktionstätigkeit wurde er 17 Jahre später Chef der Lokalredaktion, die er bis 2004 leitete. Seine große Leidenschaft war die Kulturberichterstattung, mit der er Maßstäbe setzte.

Brandner verfügte nicht nur über ein enormes feuilletonistisches Fachwissen und eine geschliffene sprachliche Präzision. Er hatte auch ein untrügerisches Gespür dafür, was auf der Bühne funktioniert – und was eben nicht. Schmierentheater war ihm ein Gräuel, und fast noch lesenswerter als seine euphorischen Besprechungen waren die genüsslich zelebrierten Verrisse. Dabei war es ihm einerlei, wen er da vor sich auf den Brettern, die die Welt bedeuten, hatte. Eine engagierte Laienaufführung war ihm allemal lieber als eine halbgare Profi-Inszenierung.

Einer, der seine Arbeit über Jahrzehnte verfolgt hat, ist sein langjähriger FZ-Kollege Uwe-Bernd Herchen, der zusammen mit Brandner, Erika Dingeldey und Volker Feuerstein besonders in den 1980er und 90er Jahren das Hirn, Herz und Rückgrat der Redaktion gleichermaßen bildete. "Christoph Brandner war ein überaus kompetenter Journalist. Seine große Liebe und Leidenschaft waren Oper und Schauspiel", würdigt ihn Herchen auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS. "Er war in seinen immer beeindruckenden Rezensionen (über 2.000 an der Zahl!) fachlich gründlich, konsequent, aber auch durchaus streitbar."

Herchen erinnert sich, "neben manch anderem, an seinen Konflikt mit Volker Lechtenbrink, dem damaligen Intendanten der Hersfelder Festspiele. Der wurde vor einem Vierteljahrhundert von beiden mit scharfer Klinge ausgefochten." Was Lechtenbrink damals zu der Bemerkung verleiten ließ, Brandner habe "Kübel voll Scheiße über mich und mein Ensemble ausgekippt. Er möge an seiner Bildung verrecken."

Vor zwei Jahren im Lockdown: Christoph A. Brandner interviewt sich selbst. ...

Uwe-Bernd Herchen weiter: "Und dann denke ich an das geistvolle Selbstinterview vor zwei Jahren vor der Hersfelder Stiftsruine – wenn man so will, ein kleiner vorweggenommener Nachruf auf sich selbst." Damals waren wenige Wochen nach Ausbruch der Corona-Pandemie die Festspiele 2020 abgesagt worden. "Und mit einem ,Quantum Trauer' verfiel Brandner auf die Idee, sich selbst zu interviewen. Dieser geistreiche Versuch, sich derart zu trösten, war zwar kein Ersatz für eine Vorführung, aber so etwas wie ein ,Vermächtnis'", schreibt Chefredakteur Michael Tillmann in der heutigen FZ-Ausgabe in einem Nachruf.

"Wir haben über ein halbes Jahrhundert in unterschiedlicher Form miteinander zu tun gehabt", sagt Uwe-Bernd Herchen abschließend. "Es bleibt viel Gutes in der Erinnerung: Christoph Brandner wird nicht vergessen werden." (mw) +++


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