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Heuschnupfenpatienten haben es in diesem Jahr besonders schwer - Foto: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

REGION Profitipps: Mastjahr setzt Allergikern zu

Heuschnupfenpatienten haben in diesem Jahr die Nase besonders voll

24.05.22 - Dass 2022 besonders viele Pollen fliegen, haben sicher bereits einige Allergiker in den vergangenen Wochen bemerkt. Die Nase läuft, das Auge juckt: Doch, kann man etwas dagegen tun? OSTHESSEN|NEWS hat mit Dr. Malte Kollert, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde mit Praxis in Hünfeld, gesprochen. 

O|N: Hat das Mastjahr tatsächlich Einfluss auf Heuschnupfengeplagte?  

Dr. Malte Kollert Archivbild: O|N

Dr. Kollert: Die letzten drei oder vier Wochen waren wirklich heftig, die Menschen haben massive Allergiebeschwerden gehabt. Die Pollensaison ging generell bereits sehr früh los, also im Dezember/Januar mit Birke, Erle und Hasel, der März und der April waren einigermaßen ok, seit Anfang Mai allerdings, als es wärmer wurde, muss es zu extremen Pollenflügen gekommen sein. Wir hatten sogar Patienten mit Beschwerden, die nachgewiesenermaßen gar nicht allergisch waren. Die Pollenlast hat offenbar ausgereicht, um die Nasenschleimhäute zu reizen. 

Im Moment, so erklärt der Arzt, fliegen vermehrt Gräser- und Roggenpollen, aber auch Raps. Bis Juli müssten Heuschnupfengeplagte ausharren, danach würde es kurzzeitig besser werden: Ab September kommen jedoch schon die Spätblüher Beifuß, Wegerich und Ragweed. "Zum Glück haben dagegen nicht so viele Menschen eine Allergie, außerdem sind die Beschwerden, die durch diese Pflanzen ausgelöst werden, in aller Regel milder." Sei diese Zeit vorbei, werde die Hausstaubmilbe aktiver. Wenn man viele Allergien hat, könnte man dementsprechend das ganze Jahr über allergische Beschwerden verspüren.  

O|N: Gibt es heute mehr Allergiker als noch vor Jahren? 

Dr. Kollert: Statistisch gesehen nehmen Allergien zu, eine mögliche Erklärung dafür: Die Hygiene hat in den vergangenen Jahren zugenommen, unser Immunsystem wird deswegen nicht mehr so gefordert und erkennt Stoffe, die eigentlich harmlos sind, als Gefahr. Genau weiß man allerdings noch immer nicht, wie es zu einer allergischen Sensibilisierung kommt. Eine genetische Veranlagung spielt sicher in vielen Fällen eine Rolle.  

O|N: Muss man mit Allergiebeschwerden leben? 

Symbolbild: Pixabay

Dr. Kollert: Völlig ausgeliefert ist man seinen Symptomen nicht. Es gibt die drei Säulen der Behandlung: Erstens, man sollte versuchen, das Allergen zu vermeiden. Gerade wenn die Pollen stark fliegen, nicht so viel raus gehen und die Fenster weniger öffnen. Hat man einen Spaziergang gemacht, die Kleider danach wechseln und die Haare waschen. Für zuhause gibt es beispielsweise Systeme mit Lüftungsfiltern, damit Pollen gar nicht erst in die Wohnung gelangen. 

Die zweite Säule ist die symptomatische Therapie, dafür gibt es etwa Antihistaminika, die man  zum Teil freiverkäuflich in der Apotheke bekommt. Nasensprays und Augentropfen kann man, je nach Art der Beschwerden, ebenfalls anwenden. Die Präparatevielfalt ist hier groß. Im Zweifelsfall sollte man sich durch einen Arzt oder Apotheker beraten lassen.

Drittens: Die einzige Therapie die ursächlich gegen die Allergie vorgeht ist die Hyposensibilisierungsbehandlung. Außerhalb der Allergiesaison bekommen die Patienten in einem Zeitraum von drei Jahren ein Extrakt des Allergens, auf welches sie besonders reagieren, gespritzt. Meistens ist das über den Winter, es gibt mehrere Spritzen in steigender Dosierung. Damit soll der Körper dazu gebracht werden, zu akzeptieren, dass der Stoff nichts Schlimmes ist. Im Sommer ist bei unserem Pollentherapieschema Behandlungspause, es gibt aber auch Allergene, die eine ganzjährige Therapie erfordern. Alternativ können wir den Patienten bei vielen Allergenen auch eine orale Hyposensibilisierung anbieten. Hierbei nimmt der Patient über drei Jahre täglich eine Tablette ein. Hat die Sensibilisierung einem Patienten gut geholfen, verlängern wir gerne auf fünf Jahre, da wir wissen, dass die Langzeitergebnisse so besser sind.  

Jeder fünfte Patient profitiert nicht von der Sensibilisierung, woran das liegt, weiß man nicht. 80 Prozent erzielen jedoch eine Verbesserung. Ein weiterer Vorteil der Behandlung: Der Etagenwechsel von den oberen Atemwegen in die Lunge kann in vielen Fällen verhindert werden. 

O|N: Gibt es Nebenwirkungen? 

Dr. Kollert: Neben der gewünschten lokalen Gewebereaktion (Rötung an der Einstichstelle) kann es zu weiteren Nebenwirkungen kommen. Jeder, der gespritzt wird, muss für die Dauer von einer halben Stunde zur Beobachtung in der Praxis bleiben. Menschen, die Blutdrucktabletten, Beta-Blocker oder ACE-Hemmer nehmen, Patienten, die eine Tumorerkrankung haben oder diejenigen, die auf eine Sensibilisierung in der Vergangenheit zu stark reagierten, sollten grundsätzlich von einer Hyposensibilisierung absehen. Ein allergischer Schock ist zwar sehr selten, kann aber nach einer derartigen Spritze auftreten. Deswegen muss man immer vorsichtig sein.  Innerhalb der letzten sechs Jahre gab es in unserer Praxis zum Glück nur zwei Patienten, die sich nach der Behandlung unwohl fühlten. Wir konnten die Reaktionen schnell abfangen, es ist nichts Schlimmeres passiert. 

Eine Hyposensibilisierung kommt beispielsweise bei Allergenen gegen Pollen und Hausstaub, oder einer Allergie gegen Bienen- und Wespenstiche in Betracht.  

Zwar kann eine Allergie prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten, Hoffnung gibt es dennoch: "Es kann auch sein, dass sich Allergien beispielsweise mit der Pubertät von alleine abschwächen. So etwas gibt es immer wieder." (Miriam Rommel) +++


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