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Die 22-jährige Khrystyna Nardid hat bewegte Wochen und Monate hinter sich. - Fotos: goa

ALSFELD Nach der Flucht aus Charkiw

Eine junge ukrainische Apothekerin kämpft sich (zurück) ins Berufsleben

30.05.22 - Die 22-jährige Khrystyna Nardid hat bewegte Wochen und Monate hinter sich. Dem russischen Bombenhagel auf ihre ukrainische Heimatstadt, die Metropole Charkiw, entkam sie nach neun Tagen Krieg und einer gefährlichen Flucht. In Alsfeld gilt der Kampf nun nicht mehr dem Überleben, sondern der Anerkennung ihrer Qualifikation als Apotheken-Fachkraft.

Die Alsfelder "Alice-Apotheke am Bahnhof"

Khrystyna Nardid Fotos: goa

Eine vielschichtige Stimmung kennzeichnet das OSTHESSEN|NEWS-Gespräch mit Khrystyna in der altehrwürdigen Alsfelder "Alice-Apotheke am Bahnhof", zu dem deren Inhaberin Stefanie Schön und die Romröderin Nina Birnbaum geladen haben. Letztere hatte sich bei der Ankunft der ersten Ukraine-Geflüchteten in der Hessenhalle als freiwillige und ehrenamtliche Helferin gemeldet und schnell damit begonnen, den Menschen den Weg zu Wohnung, Schule und Ankunft in einer neuen Umgebung zu ermöglichen, sofern diese in Alsfeld und Umgebung bleiben wollten. Eine der Familien, bei der diese Hilfe von Nina Birnbaum erfolgreich war, war die von Khrystyna und ihren Eltern.

Nina Birnbaum

Alice-Apothekerin Stefanie Schön

"Es ist gelungen, für sie wie für die Familie ihrer engsten Freundin jeweils eine Wohnung in Altenburg zu finden und sie mit gebrauchten, günstigen Möbeln auszustatten, sodass die beiden Familien weiter in engem Kontakt bleiben konnten", blickt die 38-jährige Helferin nicht ohne Stolz zurück. In die Freude mischt sich dann und wann allerdings eine gehörige Portion Unverständnis, wenn es um bürokratische Hürden geht, die zu überwinden sind. "Man kann sich nicht vorstellen, wie schwer es am Anfang zum Beispiel war, bei einer Bank ein Konto einzurichten, weil die Geflüchteten keinen Pass mit biometrischen Merkmalen vorlegen konnten - so einen gibt es in der Ukraine nunmal nicht!"

Als Nina Birnbaum hörte, dass Khrystyna Nardid in ihrer Heimat ein vierjähriges duales Studium als Apotheken-Fachkraft mit Diplom absolviert hatte, war der Kontakt zur Alice-Apothekerin Stefanie Schön, die wie Birnbaum ebenfalls in Romrod wohnt, schnell hergestellt. "Wir beklagen in Deutschland seit Jahren in der Berufsgruppe Apotheker/Pharmazeuten einen akuten Fachkräftemangel und sind daher für jede personelle Unterstützung dankbar", erklärt Schön, die die Alice-Apotheke erst vor gut einem Jahr übernommen hat. "Die Anerkennung des ukrainischen Diploms greift allerdings trotz Übersetzung nicht, weil es sich nicht um einen EU-Staat handelt. Daher kann ich Khrystyna zwar auf 450-Euro-Basis beschäftigen, allerdings nur für einfache Tätigkeiten wie Lagertätigkeit, Verräumungen oder Übersetzungen".

Nina Birnbaum ergänzt: "Sie muss sich nun die beiden C1-Bescheinigungen erarbeiten, also die Deutsch-muttersprachliche sowie die Pharmazie-fachliche Qualifikation. Bei der Deutsch-Sprachschulung hilft die Volkshochschule, aber die intensive fachliche Sprachschulung inklusive Fachliteratur ist leider sehr kostenintensiv. Um dies zu ermöglichen, habe ich eine Vielzahl von Vereinen, Verbänden, Stiftungen und Institutionen angeschrieben, was sehr zeitaufwändig und nervenaufreibend war." Nun endlich hat sich eine konkrete Chance ergeben: Der gemeinnützige Förderverein der Max-Eyth-Schule organisiert die Spendenaktion, mit der Khrystynas Sprachqualifikation ermöglicht werden soll.

Max-Eyth-Schule: Spendensammlung und schulisches Angebot


Der Fördervereins-Vorsitzende Dr. Christoph Stüber zu O|N: "Unsere Satzung sieht vor, dass wir bei Bedarf jungen Menschen eine Qualifizierung und Berufsausbildung ermöglichen, auch wenn sie nicht Schüler unserer Schule sind. Spendeneingänge können daher zielgerichtet für Khrystynas Qualifikation verwendet werden. Und ihr können wir sogar das Angebot zur Erlangung des Fachabiturs machen oder sie als Gastschülerin in den gesundheitsspezifischen Angeboten der MES beschulen", so Dr. Stüber, der in der MES als Abteilungsleiter des Beruflichen Gymnasiums tätig ist.

Dr. Christoph Stüber, Vorsitzender des MES-Fördervereins. Foto: privat

Khrystyna Nardid zeigt sich sehr glücklich über die vielen Bemühungen und das bisher Erreichte: "Ich bin sehr dankbar dafür, dass mir auf meinem Weg so viele nette und hilfsbereite Menschen begegnet sind". "Sie ist aber auch wissbegierig und sehr lernfleißig", loben Stefanie Schön und Nina Birnbaum die junge Frau, die zudem bereits über gute Englisch-Sprachkenntnisse verfügt. Bei aller Freude ist Khrystyna aber auch in großer Sorge um die zurückgebliebenen Großeltern und ihre Heimat: "Oma und Opa mussten zurückbleiben. 90 Prozent der Region Charkiw sind zerstört. Gerne würde ich dorthin zurückkehren, aber wann das wieder möglich sein wird, weiß ja heute niemand." (goa)

Die Details zur Spendenaktion finden sich auf der Facebook-Seite der Alice-Apotheke: https://www.facebook.com/aliceapotheke/photos/a.467445016984390/1508583239537224 ´+++


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