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Staatskanzleichef Axel Wintermeyer: "Wald fit für die Zukunft machen"
11.06.22 - Am Donnerstag-Mittag tagte die Generalversammlung des Hessischen Waldbesitzverbandes in Wartenberg. O|N war vor Ort und hat unter anderem mit Michael Freiherr von der Tann gesprochen, der sein Amt als Präsident an Carl-Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont übergab und feierlich zum Ehrenpräsident gekürt wurde. Vizepräsident ist nun Roland Seel, Bürgermeister der Gemeinde Grävenwiesbach. O|N hat dabei mehr über den Verband, dessen Ziele und Aufgaben erfahren.
"Der Waldbesitzerverband besteht aus privaten und kommunalen Eigentürmern, egal, ob sie kleine oder große Bestände haben", so von der Tann. Die Unterstützung des freien und erfolgreichen Wirtschaftens mit dem Eigentum der Waldbesitzer und dieses zu erhalten sowie der friedliche Austausch zwischen den Interessenten, der Öffentlichkeit und der Politik seien von Wichtigkeit. Weitere Ziele seien der offene Diskurs bei Gesetzesänderungen, das Präsentieren neuer Vorstellungen und die Interessenvertretung der Waldbesitzer, auch den Ministerien und den Regierungspräsidien gegenüber.
Für die Zukunft wünscht sich der Verband vor allem mehr Aufklärung der Öffentlichkeit seitens der Politik. "Der Wald ist nicht öffentlich, sondern gehört Land, Privaten und Kommunen mit eigenen Ansprüchen und Bestimmungen." Außerdem hofft die Interessenvertretung auf einen reibungsloseren Ablauf bei der Vermarktung und Vergütung. Generell sei mehr Unterstützung notwendig, da auch enorme Finanzprobleme vorlägen. "Waldbesitzer brauchen Hilfe, um sich von den 'Trockenjahren' zu erholen und darauf aufmerksam zu machen."
In Bezug auf Regulierungen seitens des Staates sei er aber zufrieden. Es gäbe zurzeit genug freien Umgang beim Schießen von Wild. Allerdings müsse man versuchen, mehr Jäger vom Schießen zu überzeugen. "Es kam zu einem Paradigmenwechsel." In der Vergangenheit hätte man den Anblick des Wildes noch genießen können, heute hätte die Population zu stark zugenommen. Es gäbe noch viele Jäger, die vom Schießen nicht so überzeugt seien. "Es geht primär um den Aufbau von Wäldern, die Jagd ist eher sekundär."
Der Klimawandel sei aber auch in den Wäldern Hessens unübersehbar. "Das ist gravierend bemerkbar, nicht nur die Fichte, sondern auch die Buche vertrocknet. Uns steht das größte Aufforstungsprogramm Hessens bevor."
Ministerpräsident wegen Berliner Attentat verhindert
Nach der Begrüßung des Ehrenpräsidenten von der Tann sollte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein ein grußwort halten, doch Rhein konnte wegen des Attentats in Berlin nicht an der Versammlung teilnehmen. Als sein Vertreter hatte Staatsminister Axel Wintermeyer das Privileg, dessen Grußwort zu übermitteln. Vor allem für einen hatte er viele warme Worte übrig - den scheidenden Präsidenten Michael Freiherr von der Tann, der erst vor einem Jahr den hessischen Verdienstorden nach 23 Jahren Arbeit erhalten hat.
"Sein Name ist untrennbar mit dem Einsatz für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung verbunden."
"Michael Freiherr von der Tann hat die Forstwirtschaft und den Naturschutz in Hessen und im Bund vorangebracht", sagte Wintermeyer. "Freiherr von der Tann hat sich mehr als zwei Jahrzehnte lang mit hohem Verantwortungsbewusstsein, Weitsicht und Empathie für den Berufsstand der Waldbesitzer und Forstwirte eingesetzt. Er war ein gewichtiges Sprachrohr für seinen Berufsstand und hat immer für die Belange der Waldeigentümer gekämpft."
Inzwischen der vierte Präsident des Verbandes
Der neu gewählte Präsident Carl-Anton Prinz zu Waldeck und Pyrmont ist derzeit an Corona erkrankt und konnte deswegen nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Er ist laut Wintermeyer "genau der Richtige" für diesen Posten, vor allem durch seine Sach- und Fachkompetenz. "Er ist verantwortungsbewusst, aktiv, hat den nötigen Weitblick und ist durchsetzungsstark. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Waldbesitzerverband und seinem neu gewählten Präsidenten, um unseren Wald gemeinsam fit für die Zukunft zu machen." Den Verband selbst verglich er mit dem hessischen Wappentier. "Der Löwe ist kräftig, angriffslustig, aber auch ein Rudeltier und gesellig, wie der Verband selbst!"
"Mehr als 8 Prozent des hessischen Waldbestands wird nicht überleben"
Trotz aller Nettigkeiten müsse man jedoch kritisch auf die aktuelle Lage blicken. "Waldschäden, Trockenheit, Stürme, Schädlingsbefall – der Wald ist in der jüngsten Vergangenheit vor extreme Herausforderungen gestellt worden. Allein 90.000 Hektar Wald sind in den letzten fünf Jahren der Trockenheit zum Opfer gefallen. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ist daher von immenser Bedeutung. Als hessische Landesregierung schaffen wir hierfür die Voraussetzungen und ziehen mit den Waldbesitzern an einem Strang. Den Wald zu schützen, ist unsere gemeinsame Aufgabe und unsere Pflicht", sagte der Staatsminister. Die Holzpreise und Nachfrage würden darüber hinaus stetig steigen, doch käme einfach zu wenig bei den "eigentlichen Wertschöpfern" an. "Es gilt zu zeigen, dass der sorgsame Umgang mit der Schöpfung auch wirtschaftlichen Wohlstand bedeuten kann."
Daher habe die hessische Landesregierung bereits im August 2019 einen Zwölf-Punkte-Plan zum Erhalt der hessischen Wälder im Klimawandel vorgestellt, hob der Staatsminister hervor. Dieser Plan soll den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern dabei unterstützen, die enormen Waldschäden zu beseitigen und neue Bäume zu pflanzen. 260 Millionen Euro sollen für den Erhalt und die Aufforstung bis 2023 bereitgestellt werden. "Die vergangenen Jahre waren nicht einfach für die Waldwirtschaft. Extreme Wetterereignisse und Schädlingsbefall – dies musste alles bewältigt werden", bedauerte Wintermeyer und ergänzte: "Die Waldbesitzer haben bei der Beseitigung der Schäden gemeinschaftlich eine enorme Arbeit geleistet, die auch künftig viel Raum einnehmen wird. Die Auswirkungen des Klimawandels werden für jeden einzelnen immer mehr spürbar. Schaut man raus in die Natur, sieht man vielerorts Totholz und brache Flächen. Die Wiederaufforstung ist eine Zukunftsaufgabe. Hier müssen wir Hand in Hand arbeiten."
Innovative und nachhaltige Argrar-Drohnen bereits im Wald von Tschernobyl im Einsatz
Abseits der Generalversammlung wurde O|N noch auf die Firma droneit aufmerksam. Joachim Schlechtriem, CEO und Gründer von droneit erläuterte: "Mithilfe der Agrar-Drohnen ist es möglich, das Waldinventar digital zu bestimmen. Auch eine automatisierte Aufforstung sei möglich." Dank spezieller Sensoren könne man Baumarten, Vitalität und sogar die Grundfläche bestimmen. "Die Daten werden mithilfe eines Algorithmus ausgelesen, welcher acht Jahre programmiert wurde und eine Treffsicherheit von über 90 Prozent aufweise." Durch die Ermittlung des Waldzustands könne man mit kleineren Drohnen auch gezielt Schädlinge bekämpfen. (Mathias Schmidt) +++