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Wird die Polizei ein Dauergast in den osthessischen Bädern? Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kann sich das gut vorstellen. - Fotomontage: O|N

REGION "Die Dreistigkeit der Badegäste nimmt zu"

Wird die Polizei zum Dauergast in den osthessischen Freibädern?

15.07.22 - Vor wenigen Wochen ist es in einem Berliner Freibad zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Kurz darauf war der Aufschrei groß - einige Stimmen fordern mehr Sicherheit in den öffentlichen Bädern, so auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Gegenüber der "Bild-Zeitung" erläuterte sie, dass sie sich vorstellen könne, künftig die Polizei für die Sicherheit sorgen zu lassen. Doch ist das überhaupt notwendig und umsetzbar? Wie sehen das die regionalen Bäder? 

Zu dieser Thematik hat O|N die RhönEnergie Fulda (Bäder Fulda), im Badepark Eiterfeld, bei den Stadtwerken Hünfeld (für das Freibad Haselgrund), die Thimet Bäderbetriebe GmbH (Bäder Bad Hersfeld) und beim Polizeipräsidium Osthessen angefragt - mit teilweise überraschendem Ergebnis. 

Fulda - "Externes Sicherheitspersonal senkt erheblich das Konfliktpotential"

Freibad Rosenau in Fulda Archivfoto: O|N

Fulda habe bezüglich dieser Thematik bereits einen Weg gefunden - ohne Polizei. "Auch in den Fuldaer Frei- und Hallenbädern beobachten wir seit einiger Zeit, dass hin und wieder Jugendliche und junge Erwachsene grundlos aggressiv Streit mit unserem Personal und/oder anderen Badegästen suchen", so Dr. Mathias Schmidt von der Rhön Energie Fulda. "Vor diesem Hintergrund setzen wir inzwischen an sonnigen Tagen mit hohen Aufkommen an Badegästen in unserem großen Freibad externes Sicherheitspersonal ein. Das senkt erheblich das Konfliktpotenzial."

Eiterfeld - "Allgemeiner Zustand der Aggressivität zu spüren"

Badepark Eiterfeld Foto: A. Kredig

Auch in der Marktgemeinde Eiterfeld sieht es bei der Anzahl von Ausschreitungen nicht anders aus. Hier wären bisher keine körperlichen Ausschreitungen vorgekommen. Allerdings würde man eine gewisse Grundaggressivität merken, die vor allem seit der Pandemie spürbar sei. "Es ist ein allgemeiner Zustand der Aggressivität zu verspüren, vielleicht liegt das an den angestauten Emotionen oder der Unzufriedenheit. Die, die sowas machen, wollen einfach Unfrieden stiften. Sowas kann man kategorisch nicht ausschließen. Da ist es wichtig, dass die Polizei schnell handelt, was in der Vergangenheit ab und an zu lange gedauert hat - aber das hat sich gebessert. Ich denke nicht, dass wir mehr Polizei an den Bädern brauchen", so Lukas Müllner, Bademeister und Rettungsschwimmer aus Eiterfeld. 

Hünfeld - "Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist inzwischen nötig"

Archivfoto: O|N

In Hünfeld wird die Zusammenarbeit mit der Polizei geschätzt. "Wir arbeiten schon lange eng mit der Polizei vor Ort zusammen. Kontrollgänge an unseren Bädern, vor allem bei hitzigen und sonnigen Tagen, haben wir seit dieser Saison eingeführt, auch wenn die Bäder nicht mehr so gut besucht werden", so Rigobert Neubauer von den Stadtwerken. So wären in früheren Hochphasen bis zu 2000 Gäste am Tag die Spitze gewesen, heute seien es maximal 1400. "Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist aber ungeachtet der Besucherzahl definitiv nötig. Man muss Präsenz zeigen, auch wenn es keine handgreiflichen Ausschreitungen gab. Die meisten sind eher verbal. Dem liegt wahrscheinlich ein gesellschaftliches Problem zugrunde."

Bad Hersfeld - "Gesellschaftliches Problem der Konsequenzlosigkeit"

Geistalbad Bad Hersfeld Foto: Stadt Bad Hersfeld

Vor Bad Hersfeld haben diese Verhaltensmuster ebenfalls keinen Halt gemacht. Dort wird auch bemerkt, dass die Hemmschwelle eindeutig geringer wird - auch aus "gewissen kulturellen Gruppen." Kay Thimet, Geschäftsführer von Thimet Bäderbetriebe GmbH, sieht ebenfalls das Problem in der aktuellen Lage der Gesellschaft. "Ich glaube, es herrscht ein massives gesellschaftliches Problem der Konsequenzlosigkeit. Die Jugendlichen werden immer dreister. Immer mehr von diesen ,Alphatieren' tauchen auf.  Es gibt niemanden, der ihnen Kontra gibt, vor allem nicht in der Schule. Dann kommen die in die Bäder und plustern sich auf. Wenn ihnen aber dann andere Gäste oder unsere Mitarbeiter Kontra geben, kommen die damit nicht zurecht. Unsere weiblichen Mitarbeiter werden daher auch sehr oft nicht ernst genommen. Wenn es dann zu Wortgefechten oder Auseinandersetzungen kommt, wird eben eine Verwarnung ausgesprochen, und wenn das nicht reicht, eben dann Hausverbot. Wer nicht hört, der muss fühlen." In ihrer jährlichen Auswertung würden die Verantwortlichen immer genau auf diese Vorfälle achten. Bisher käme es im Schnitt jährlich zu sechs Hausverboten, die dann auch von der Polizei unterstützt werden. 

"Der Bademeister ist für die schwimmenden Gäste da und nicht als Security"

Ob mehr Polizeipräsenz nötig oder gar möglich ist, würde er nur teilweise zustimmen. "In großen Städten sollte und ist es auch normal, vor allem an heißen Tagen, dass Polizei Präsenz zeigt. Da ist es bei so vielen Gästen auch nötig. In Dorfbädern sieht das aber schon anders aus. Bisher ist es hier auch noch nicht zu handgreiflichen Auseinandersetzungen gekommen. Deswegen haben wir uns bestens vernetzt und können auf eigene Security zurückgreifen, sofern nötig."

Polizeipräsidium Osthessen "Freibäder kein Kriminalitätsschwerpunkt"

Polizeipräsidium Osthessen Archivfoto: O|N

Doch was sagt überhaupt die Polizei in Osthessen zu diesem Gedankenspiel? "Bisher sind uns keine konkreten Pläne der Bundesministerin bekannt. Die Freibäder stellen hessenweit keinen Kriminalitätsschwerpunkt dar - hier sind nur geringe Fallzahlen aufzuweisen", so Dominik Möller, Kriminalhauptkommissar.  Dabei gäbe es im letzten Jahr gerade mal zwei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und sechs Straftaten im Bereich Rohheitsdelikte (zumeist Körperverletzungen, seltener Raub, Nötigung oder Bedrohung).

"Grundsätzlich sind für die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher in Schwimmbädern die Betreibenden und das anwesende Personal verantwortlich. Wenn es im Einzelfall erforderlich ist, wird die hessische Polizei im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben selbstverständlich auch in Schwimmbädern tätig und veranlasst die nötigen Maßnahmen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten sowie Straftaten konsequent zu verfolgen. Dort, wo Bürgerinnen und Bürger und insbesondere Familien mit ihren Kindern Spaß und Erholung suchen, haben Gewalt, Sexualstraftaten sowie andere Delikte nichts zu suchen und die hessische Polizei verfolgt entsprechende Straftäter mit aller Konsequenz", so der Kriminalhauptkommissar. 

Letztendlich lässt sich also keine einheitliche Tendenz von den Bädern feststellen, was die Thematik rund um mehr Polizeipräsenz angeht. Teilweise wird eigenes Sicherheitspersonal eingestellt, teilweise wird aber die Polizeipräsenz inzwischen als nötig angesehen. In welche Richtung sich dieses Gedankenspiel der Innenministerin entwickelt, lässt sich schwer abschätzen. Sicher ist, dass für alle ein Problem in der Gesellschaft festzustellen ist. Die Dreistigkeit und Aggressivität nimmt deutlich zu, auch wenn diese meist in verbalen Auseinandersetzungen und nicht in Handgreiflichkeiten münden - doch die Frage ist, für wie lange dies so bleibt. (Mathias Schmidt) +++


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