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Besonderes Jubiläum: Untertagedeponie Herfa-Neurode wird 50 Jahre alt
13.07.22 - Er wird häufig als der giftigste Ort Deutschlands oder sogar der Welt genannt. Nun wird die Untertagedeponie Herfa-Neurode (Landkreis Hersfeld-Rotenburg), die von K+S betrieben wird, 50 Jahre alt. In den vergangenen fünf Jahrzehnten wurden in der größten und ältesten Untertagedeponie knapp 3,5 Millionen Tonnen gefährlicher Abfall eingelagert. Im Übrigen erteilte das Bergamt Bad Hersfeld der Deponie am 21. Juni 1972 offiziell die Genehmigung für die erste Untertagedeponie der Welt.
Um allerdings Abfälle dort zu entsorgen, bedarf es diverser Kriterien, die erfüllt werden müssen. Die Deponie kann nach derzeitigem Stand mit ihren natürlichen und künstlichen Barrieren sicherstellen, dass die Abfälle in einem Zeitraum von 100.000 Jahren nicht mit der Biosphäre in Kontakt kommen. Am Dienstagmorgen konnte OSTHESSEN|NEWS einen Einblick erhalten, wie die Prozesse in Herfa-Neurode genau ablaufen.
"Viele Menschen stellen sich vor, dass wir hier mit blubbernden Fässern arbeiten und alle in Schutzanzügen herumlaufen, doch das ist mitnichten so. Vielmehr lagern wir Feststoffe ein, wie beispielsweise belastete Böden oder Bauschutt. Flüssige, infektiöse oder gar radioaktive Stoffe nehmen wir überhaupt nicht an. Generell kann man sagen, dass sich der Abfall im Laufe der Zeit nicht verändern darf, sonst würden Gefahren für die Sicherheit unter Tage entstehen", erklärt K+S-Deponieleiter Arnd Schneider.
Langer Prüfprozess ist notwendig
Deshalb gebe es, bevor ein Stoff in die Untertagedeponie komme, zunächst einen langen Prüfprozess, ob der Abfall überhaupt aufgrund der diversen Sicherheitsstandards eingestapelt werden könne, so Schneider. Selbst bei Ankunft des Lkw wird mithilfe einer Röntgenfluoreszenzanalyse verglichen, ob es sich um den angemeldeten Stoff handelt: "Es wird eine Art Fingerabdruckvergleich durchgeführt", legt Schneider an einem realen Beispiel dar. Im Übrigen kann jede Probe, die bisher genommen wurde, lückenlos nachverfolgt werden. Insgesamt gibt es 120.000 Proben, die unter Tage verwahrt werden.
Nachdem die Analyse im Labor innerhalb von zehn Minuten abgeschlossen ist, kann der Abfall in den Schacht gebracht werden. Im Übrigen werden die Abfälle in verschiedene Stoffgruppen eingeteilt und zudem in verschiedenen Behältern, wie Big Packs (Kunststoffbehälter), Fässern oder Containern aus Stahlblech, sicher verpackt. Wenn die Abfälle dann in 650 Meter Tiefe angekommen sind, werden sie in den vorgesehenen Bereichen im Deponiefeld eingestapelt. Ist ein Bereich einer Stoffgruppe voll, wird der Bereich mit einer Backsteinmauer dauerhaft geschlossen. "Wenn irgendwann die Deponierung hier am Standort beendet sein sollte, wird das Deponiefeld mit Sicherheitsdämmen aus Salzgestein und massivem Beton von der Grube abgeschottet. Zum Schluss werden dann alle Schächte sicher verschlossen, sodass die Abfälle dauerhaft jedem Zugriff entzogen sind", erklärt K+S-Pressesprecher Marcus Janz weiter.
Besondere Geologie bietet hohe Sicherheit für Gefahrstoffe
Einige Kritiker befürchten, dass bei der Deponie Gefahren durch die hochgiftigen Substanzen entstehen könnten - diesem Umstand widerspricht das Unternehmen vehement: "Zunächst ist die Deponie wie eine Insel im gesamten Abbaugebiet. Es gibt kaum Verbindungen zu den anderen Gruben, somit entstehen dadurch keine Gefahren. Zudem gibt es hier hervorragende geologische Voraussetzungen, weil es keine Wasserzuläufe gibt, die das Salzgestein angreifen können. Im Jahr betragen die Setzungen des Gebirges ein bis zwei Millimeter, deshalb kann man diese hohe Sicherheit gewährleisten", ergänzt Schneider weiter.
Die Deponie hat eine Fläche von etwa 18 Quadratkilometern, allerdings sind dort nicht überall Abfälle eingelagert. Betrachtet man die gesamte Fläche der vereinigten Gruben des Verbundwerkes Werra, die eine Ausdehnung wie die Stadt München haben, macht die Deponie gerade vier Prozent des gesamten Geländes aus. Doch wie sieht die Zukunft der Deponie aus, wenn der Bergbau, der noch rund für 40 Jahre gesichert ist, zu Ende gehen sollte? "Stand jetzt gehen wir davon aus, dass wenn der aktive Bergbau endet, auch die Geschichte der Deponie zu Ende geht - da dann auch die Schächte verfüllt werden. Allerdings, wer kann schon vorhersehen, was in 40 Jahren ist", erklärt Arnd Schneider abschließend. (Kevin Kunze)+++