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Iréna Flury und Philipp Büttner bezaubern als (unglückliches) Liebespaar in der Wiederaufnahme des Musicals "Goethe!" - Fotos: Carina Jirsch

BAD HERSFELD Kritik zu "Goethe!"

Auch im zweiten Jahr reißt das Festspiel-Musical von den Sitzen

18.07.22 - Eines vorweg: Das Musical "Goethe!" hat im zweiten Jahr nichts von seiner Faszination verloren. Mehr noch - es scheint, dass das Ensemble bei der Wiederaufnahme noch homogener agiert. Philipp Büttner brilliert erneut in der Titelrolle und die "neue" Lotte Iréna Flury ist ein Glücksfall für die Inszenierung von Gil Mehmert.

Das Musical von Martin Lingnau (Musik) Frank Ramond (Text) und Gil Mehmert (Buch) nach dem Kinofilm "Goethe!" von Philip Stölzl erzählt von den Anfängen des Dichters in seiner Sturm-und-Drang-Zeit und seine erste große Liebe - die am Ende unerfüllt bleibt, aber (in der Musicalstory) seinen Erfolg als Dichter begründet. Der junge Goethe soll auf Anweisung seines Vaters (Rob Pelzer) in Wetzlar Rechtswissenschaften studieren. Dass er lieber feiert und dabei die junge Charlotte Buff, genannt Lotte, kennen und lieben lernt, wird in "Goethe!" anschaulich und emotional dargestellt.

Brillante Hauptdarsteller

Mit jugendlichem Elan, starker Stimme und unbändiger Spielfreude gibt Büttner erneut den jungen Dichter. Ihm glaubt man seinen Überschwang der ersten Liebe ebenso wie das innerliche Zerbrechen, als er erfährt, dass Lotte den Gerichtsrat Albert Kestner (Christof Messner) heiraten wird. Iréna Flury ist eine starke, stimmgewaltige Lotte, die facettenreich das verliebte Mädchen und die dem Wohlergehen der Familie ergebene Braut verkörpert. Sie brilliert vor allem mit dem Song "Irgendwann", in dem sie ihrer eigentlichen Liebe Adieu sagen muss.

Goethes Freund Wilhelm Jerusalem (Jonas Hein) verliebt sich ebenfalls - aber leider in einen verheirateten Rotschopf (Karen Müller). Diese Liebe endet noch tragischer. Hein und Müller sind stimmlich stets präsent. Ebenso die Väter Rob Pelzer und Detlef Leistenschneider, die ihn ihren musikalisch kongruenten Solo-Songs "Träume sind wie Wasser" und "Liebe ist wie Wasser" stimmlich und darstellerisch überzeugen. Messner ist ein Kestner, dem man zum einen die kindliche Verliebtheit in Lotte als auch die berufliche Strenge sofort abnimmt. Mesners kraftvoller Tenor kommt vor allem in "Was kann er ihr nur sein" zum Tragen.

Perfekte Choreografien

In den Nebenrollen fällt vor allem Mischa Mang auf, der als Mephisto und in weiteren Rollen seine großen Auftritte hat. Sein Bariton durchdringt die Stiftsruine vor allem in der Drogenrausch-Szene, die an die Walpurgisnacht aus Goethes "Faust" denken lässt. Das Festspielmusical ist bis in die kleinsten Rollen stimmlich und tänzerisch bestmöglich besetzt. Die großen Ensembleszenen sind perfekt von Kim Duddy und Dance Captain Jurriaan Bles choreografiert. Ob Gerichtsdiener, leichte Mädchen, Dienstpersonal oder BürgerInnen - hier sitzt jeder Schritt, jede Geste, jede Mimik.

Das Festspielorchester unter der Leitung von Christoph Wohlleben spielt wie gewohnt versiert und als Klangkörper, der alle Stile von Klassik, Pop, Rock, Anleihen bei Beethovens siebter Sinfonie, mozartschem Cembalospiel oder einem kleinen bisschen Tango. Die 25 Musikerinnen und Musiker bringen die Nuancen und die thematisch oft wieder aufgenommenen Klänge des Musicals mit Klangstärke und sattem Orchestersound auf die Bühne. Nur an wenigen Stellen überdecken sie den Gesang auf der Bühne.

Pfiffige Regie-Ideen

Gil Mehmert hat die Inszenierung des Vorjahres nahezu komplett übernommen. Ideen wie ein überdimensionales Brautkleid, das zum Manuskript von "Die Leiden des jungen Werther" wird, eine scherenschnittartige Kutsche und Bäume, Fahrrad-Pferde, Aktenordner, die zu Raben werden, und vor allem die Spielbühne, die durch wechselnde Lichteffekte stets der Stimmung des Geschehens angepasst wird, machen das durchkomponierte Musical zu einem rasanten Ritt durch die Jugendzeit des großen deutschen Dichters.

"Goethe!" ist als Wiederaufnahme ein absolut sehenswertes Musical, das alle Facetten abdeckt, die das Publikum bewegen. Liebe, Trauer, Glück, Drama, Tod und Verzweiflung - die Musik Lingnaus fängt die Emotionen in der Partitur ein (ganz besonders im immer verzweifelter werdenden "Der schönste Tag" mit den zum Ende hin dissonanten Streichern). Gemeinsam mit dem hervorragenden Ensemble lohnt sich der Musical-Besuch auch im zweiten Jahr. Das Premierenpublikum spendet lange und begeisterte stehende Ovationen. Tickets für "Goethe!" gibt es noch auf www.bad-hersfelder-festspiele.de. (Christopher Göbel) +++


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