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Seine Leute waren ihm wichtig - Polizeipräsident Voß geht in Ruhestand
21.07.22 - Es kam nicht selten vor, dass er frühmorgens selbst zum Hörer griff und die Durchwahl des Chefs im Telefon-Display seiner Kollegen stand. "Hier ist Voß. Ich habe gerade im Lagebild folgendes gelesen. Was war da los letzte Nacht? Ich hätte in dieser Sache gerne in zwei Stunden einen ausführlichen Bericht mit allen Details." So war Osthessens Polizeipräsident Günther Voß (65) strukturiert, auch am Wochenende, selbst im Urlaub: stets aktuell, bestens vorbereitet, höflich, aber direkt und 24/7 erreichbar. Die Arbeit seiner Polizisten auf der Straße war ihm wichtig, die Region Osthessen hatte er immer im Blick. Dabei vergaß er nie den Faktor Mensch. Er forderte viel, aber er gab auch viel zurück.
Nach 48 Dienstjahren, davon 14 Jahre allein in seinem Polizeipräsidium Osthessen im Fuldaer Münsterfeld, geht für Voß heute eine Ära zu Ende. Er wird feierlich von Innenminister Peter Beuth (CDU) in der barocken Orangerie zu Fulda in den Ruhestand verabschiedet. An seinem letzten Arbeitstag in der Behörde, am vergangenen Dienstag (19. Juli), hat OSTHESSEN|NEWS dem "Vollblutpolizisten" einen Besuch abgestattet.
"Das tut mir schon weh. Als ich am Montagmorgen nach Fulda gefahren bin, hatte ich einen richtigen Kloß im Hals. Es war klar: Es ist der letzte Montag, an dem Du in Dein Polizeipräsidium fährst", sagt Voß und berichtet von einer netten Routine: "Montags habe ich immer beim Tegut in Haimbach frische Blumen mit ins Büro genommen: für meinen Schreibtisch und mein Vorzimmer. Auch das war jetzt letztmalig." Schon seit Wochen ist der 65-Jährige auf großer Abschiedstour in die Landkreise Fulda, Hersfeld-Rotenburg und Vogelsberg. Polizei-Dienststellen, Kollegen, Bürgermeister und Co. standen auf der Liste, zuletzt Landrat Bernd Woide, Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Bürgermeister Dag Wehner - "das örtliche Netzwerk ist bestens ausgebaut, zu Fulda hatte ich immer eine besondere Beziehung".
Es wird nichts dem Zufall überlassen!
Günther Voß ist, wie er sagt, "nach wie vor überzeugter Polizist" - und er kritisiert das häufig schlecht gezeichnete Bild: "Die positiven Seiten unseres Jobs werden viel zu wenig in die Öffentlichkeit gerückt, oft sind es nur Gewalt und Negativ-Schlagzeilen. Dabei leisten wir einen so wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft: Wir sorgen für die Grundrechte unserer Verfassung und dazu gehört die Freiheit, die ohne Sicherheit nicht möglich ist."
Auf die Entwicklung des im Jahr 2001 neu gegründeten Polizeipräsidiums Osthessen, das für die Sicherheit von rund 450.000 Menschen sorgt, ist Voß stolz. "Mein Team leistet eine sehr gute Arbeit, die sich sehen lassen kann und hessenweit akzeptiert ist." Der Charme der Behörde sei das Persönliche. "Man kennt sich und wer hier angekommen ist, der bleibt auch bis zur Pensionierung hier. Unsere Beamten haben eine sehr hohe Identifikation mit ihrer Dienststelle und ihrer Region. Das hilft im Alltag sehr." Wenn der scheidende Polizeipräsident sein Büro in Gebäude A verlässt, dann übergibt er ein gut funktionierendes Haus: "Alle Bereiche der Kriminalitätsbekämfung sind top aufgestellt. Alle Projekte, die ich angefangen habe, sind abgeschlossen. Ich hinterlasse einen sauberen Schreibtisch", erklärt Voß und macht deutlich, dass er auch zum Abschied nichts dem Zufall überlässt: "Laufende Themen habe ich so vorbereitet, dass meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger direkt weitermachen kann."
Am meisten wird der 65-Jährige seine Kollegen vermissen: "Sie machen Osthessen aus. Ich bin mit Leib und Seele Polizist, aber jetzt ist auch der richtige Zeitpunkt zu gehen. Man sollte dann aufhören, wenn es am besten läuft." Mehr Zeit für seine Ehefrau Christine und die Familie - darauf freut sich der angehende Pensionär. "Zu Hause hinsetzen, ausruhen und Rentner sein - das ist auch nichts für mich, dafür bin ich nicht geboren. Irgendwas werde ich schon noch machen: was, steht jetzt aber noch nicht fest." Klar ist aber: Osthessen ist und bleibt die Heimat von Günther Voß. (Christian P. Stadtfeld) +++