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Die Schülergruppe während der Videokonferenz. - Fotos: Traudi Schlitt

LAUTERBACH Fragen zum Lernen in der Zukunft

Spezialisiertes Wissen schon in der Schule forcieren?

25.07.22 - Als eine von wenigen Schulen nimmt die Alexander-von-Humboldt-Schule in Lauterbach (Vogelsbergkreis) an dem Projekt "enorM" des DIPF-Leibnitz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation teil. Eine Auftaktveranstaltung zum Thema "Schule der Zukunft - #lernen von morgen" fand im März dieses Jahres statt. Damals ging es unter anderem darum, was junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, sich von ihrer Schule wünschen. Was sie vermissen, was für sie lernfreundlicher und ergebnisorientierter wäre.

Melanie Verhovnik-Heinze moderierte die Veranstaltung.

Ein Modul zur Auseinandersetzung mit den Schülerinnen und Schülern ist die Einheit "Book a question". Aus allen möglichen Fragestellungen, die an den teilnehmenden Schulen gesammelt wurden, werden vom Institut relevante Fragen ermittelt und mit Hilfe eines Experten beantwortet. Vergangene Woche traf sich ein Englisch-LK der Q2 der Alexander-von-Humboldt-Schule online mit Melanie Verhovnik-Heinze und Elisabeth Cassebaum vom DIPF sowie Marko Neumann, der als Bildungsforscher am DIPF die Fragestellung des Tages beantwortete. Diese lautete:

Erziehungswissenschaftler Marco Neumann stand Rede und Antwort.

"Könnte sich in der nahen Zukunft das Schulsystem so verändern, dass man sich, sobald man das Grundwissen in allen Fächern schon erlangt hat, auf Gebiete spezialisieren kann, die etwas mit dem späteren Berufswunsch zu tun haben."

Die Idee dahinter ist leicht zu erkennen: Nicht selten haben Schülerinnen und Schüler den Eindruck, vieles, mit dem sie sich im Unterricht herumschlagen, nicht für ihr späteres Leben brauchen zu können – für das, was ihrer Meinung nach nötig wäre, fehlt dann aber die Zeit.

"Haben Sie sich gefragt, ob das Schulsystem, wie wir es kennen, für Sie förderlich ist?", richtete Neumann, der innerhalb des DIPF stellvertretender Leiter im Bereich Bildungsstrukturen und Reformen ist, das Wort an die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler. "Fragen Sie sich, warum Sie das eine oder das andere lernen müssen?" Damit traf er durchaus einen Nerv bei den jungen Menschen, die thematische Angebote in ihrer Schule vermissen: Psychologie beispielsweise oder Finanzen. Die Frage, wozu man sich in der Oberstufe noch mit Chemie beschäftigen müsse, wenn man bereits wisse, dass man Psychologie studieren wolle, führte zu einer übergeordneten Frage: "Wie genau kann ich meinen Berufswunsch antizipieren?" Daraus folgte die Annahme, dass man sich mit einer frühen Spezialisierung auch Chancen verwehrt, also auf Wissen verzichtet, das man bräuchte, wenn man im Verlauf beruflich noch einmal umsatteln möchte.

Insbesondere im gymnasialen Bereich verwies der Experte auf die "Allgemeine Hochschulreife", die an der AvH angestrebt werde. Sie berechtige zu jedem möglichen Studiengang und lege daher ein breites allgemeines Wissen zugrunde. Das deutsche Schulsystem sei damit eine Ausnahme, so Neumann, in vielen anderen Ländern spezialisierten sich Schülerinnen und Schüler bereits deutlich früher. Allerdings habe man in Deutschland auch die Möglichkeit, eine fachbezogene Hochschulreife zur erreichen, die bereits berufsvorbereitend bildet.

Eine weitere Fragestellung innerhalb dieses Komplexes war die Frage nach festen Belegungsvorgaben bis zum Abitur. Dass Englisch, Mathematik und ein naturwissenschaftliches Fach Pflicht seien, um den Rest frei wählen zu können, finden viele Schülerinnen und Schüler nicht vorteilhaft. Darüber hinaus seien viele Angebote auch abhängig von Schulstandort und Größe.

Viele Schülerinnen und Schüler gaben außerdem an, dass sie nicht immer neigungsgemäß wählten, auch wenn es möglich wäre. Sie schauten eher auf die Möglichkeiten, mit ihren Fächerkombis die bestmögliche Punktzahl zu erreichen. Gleichzeitig verwiesen sie darauf, dass das System der Abwahlmöglichkeiten sehr komplex sei und man mitunter die Konsequenzen aus der eigenen Wahl nicht bis zum Ende erfassen könne. Gerade das Thema der Fächerzusammenstellung nach Neigung oder nach Ergebnisorientierung fand der Bildungsexperte spannend.

Zusammenfassend sieht er die Aufgabe der Schule als Vorbereitung auf ein Zurechtfinden in der Gesellschaft. Sie solle Orientierung geben, nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch in der "Wechselwirkung zwischen Werten und Welt". Neumann sieht hier die Persönlichkeitsbildung junger Menschen im Wettstreit mit der Spezialisierung.

Mit zu der Fragestellung gehörte auch, ob diese Ziele unter G8 oder G9 besser zu erreichen seien, was mehr oder weniger Stress für die Schülerinnen und Schüler bedeutet und wie relevant eigentlich noch das starre Notensystem an deutschen Schulen sei. Eine Möglichkeit, um eine Antwort auf die Ausgangsfrage zu geben, sei eine Spezialisierung nach einem mittleren Bildungsabschluss, so ein Vorschlag des Bildungsexperten.

Am Ende von "Book a question" hatten die Schülerinnen und Schüler viel diskutiert, Fragen gestellt und Antworten erhalten. Spannend bleibt, wie viel davon in der "Schule der Zukunft" Einzug hält. (pm) +++

 

 



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