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Superstimmung mit Poesie und Musik in der Stiftsruine
06.08.22 - Zwei Jahre ist es her, dass die Poetry-Slammerin, Sängerin, Dichterin und Schauspielerin Julia Engelmann auf der Bühne der Stiftsruine stand. Am Donnerstag war sie wieder da und zog mit ihrem neuen Programm "Glücksverkatert" mehr als 1.000 Zuschauer:innen in den Bann.
Gemeinsam mit ihrer Band (Lisa Müller, Martin Ziaja und Lukas Berg) war die 30-Jährige angereist und heizte trotz Außentemperaturen von über 30 Grad kräftig ein - sehr zum Gefallen des Publikums. Engelmanns Gedichte waren alle sehr persönlich, sehr lyrisch, aber dennoch sehr gegenständlich. "Brief an die Eltern" oder "Für meinen Bruder", "Für meine Mutter" und "Für meinen Vater" waren offene Liebeserklärungen. Das Programm bestand aus älteren und neuen Liedern und Gedichten, die alle eines gemeinsam hatten: Sie erreichten das Publikum direkt und ohne Umweg in Herz und Hirn.
Hobby: Wörter alphabetisch sortieren
Die Liebe war auch immer wieder Thema in Engelmanns Liedern und Gedichten. Hoffnung und Glück waren die bestimmenden Elemente des Programms, das rund zwei Stunden dauerte. Mit einer zungenbrecher-schnellen Aufzählung ihres neu-deutschen beziehungsweise englischen (und denglischen) Alphabets machte die 30-Jährige einen Ausflug in den Rap. "Wörter zu sortieren, ist ein Nischen-Hobby von mir", erwähnte die Künstlerin mit einem Schmunzeln nebenbei, und warf dabei eine Handvoll Konfetti in die Luft.Auch liebevolle Geschichten wie "Das Märchen vom Eichhörnchen" und einige Gedichte zauberten lächelnde Gesichter beim zum großen Teil jungen Publikum. Ein bisschen Ironie war auch dabei, als Engelmann "Darf ich bitten..." sang, das vom letzten Treffen eines Liebespaares vor der Trennung handelte. "Ich möchte manche Dinge auch aus anderer Perspektive betrachten", sagte Engelmann. Das tat sie unter anderem auch mit ihrer "Ansprache an das jüngere Ich".
Engelmanns Lieder gingen ebenfalls ans Herz, die Rhythmen in die Knochen. "Sprachlos", "Vielleicht wird's ja wieder gut" oder die neue Single "Bauchgefühl" und die "Bestandsaufnahme in drei Teilen" füllten die Ruine mit eingängigen Klängen und tiefgründigen Texten. Bei "Kein Modelmädchen" animierte sie das Publikum zum Mitsingen und bei anderen Werken auch zum Mittanzen - sofern das auf der Tribüne der Festspiele möglich war.
Bei den Bad Hersfelder Festspielen gehörte Engelmanns Auftritt zum diesjährigen Rahmenprogramm. Es war auch Glück, dass Julia Engelmann, die nach einer schweren Corona-Erkrankung zu Beginn des Jahres einen Großteil ihrer "Glücksverkatert"-Auftritte absagen musste, für Bad Hersfeld wieder fit war.
"Eines Tages, Baby, werden wir alt sein" oder "Am liebsten von dir" trug Engelmann sehr innig und sympathisch vor, immer im Blick, dass ihre Texte sich nicht einfach nur reimen oder ein Versmaß haben, sondern dass sie tiefer gehen, im Zuhörer Emotionen und Erinnerungen wecken und nachdenklich machen (wollen). Die zahlreichen (überwiegend weiblichen) Teenager und jungen Erwachsenen dürften sich am meisten mit Engelmanns Inhalten identifiziert haben.