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Synchron-Akrobatik - Fotos: Manfred Möll

Mitgezogen
17.08.09 - SCHOTTEN
20.000 Zuschauer bei Schottenring Classic Grand Prix - Tolle Show, viel Lob
Über 20.000 Zuschauer säumten den nur 1.400 Meter langen Stadtkurs beim 21. Int. VFV/ADAC Schottenring Classic Grand Prix am vergangenen Wochenende und sorgten so für Superstimmung an und auch auf der Strecke. Sie erlebten bei sommerlich-heißen Temperaturen packenden Motorsport bei der Punktejagd zur Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft (DHM) sowie hoch interessante Sonderläufe mit den technisch hochwertigsten Rennmotorrädern und –gespannen von 1900 bis 1990. Auch oder gerade weil das Städtchen aus allen Nähten zu platzen schien, so ist es diese Atmosphäre, die Schotten alljährlich zum Höhepunkt für die aktiven Rennfahrer der DHM, aber auch für die WM-verwöhnten Ex-Weltmeister und Grand-Prix-Sieger von einst macht. „Speed, Sound und Stars“ lautete auch für die 21. Ausgabe des Schottenring Classic Grand Prix die Erfolgsformel des MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC. Mit dabei waren beispielsweise die früheren Weltmeister Dieter Braun (D), Rod Gould (GB) und Steve Baker (USA). Die schnellen Herren von einst zeigten, dass sie von ihrem großen Können nichts verlernt haben.
Die Rennen zur Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft sind Gleichmäßigkeitsfahrten, wobei es gilt, möglichst geringe Zeitabweichungen von einer Runde zu erzielen. Dieser Modus ist bewusst gewählt, um das hochwertige historische Material zu schonen. Die Technik-Schätzchen sind fest in den Händen von Sammlern, die bei Auktionen manchmal mehrere zehntausend oder gar hunderttausend Euro für eine besonders seltene Maschine erzielen.
Insgesamt standen neun Wertungsläufe zur DHM sowie sieben verschiedene Sonderläufe auf dem Programm. Mit insgesamt sind 408 Startern auf Solomaschinen und Gespannen mit einer Hubraumspanne von 50 bis 2.000 Kubikzentimeter ist der Schottenring Classic Grand Prix auch von der Technik her eine Veranstaltung der Superlative.
Lange Tradition
Im Vogelsbergstädtchen Schotten gibt es seit 1925 eine lebendige Motorsport-Tradition. Bis Mitte der 1950er-Jahre wurde auf den heutigen Landstraßen mit den Ortsdurchfahrten Götzen und Rudingshain nördlich von Schotten gefahren; eine Streckenführung, die ab 1968 in Teilstücken für Bergrennen genutzt wird. Vor genau 20 Jahren wechselte man auf einen Straßenkurs inmitten der Innenstadt, bestehend aus einem Teilstück der Bundesstraße und der schmalen Seestraße. Dadurch entsteht eine reizvolle und auch fahrerisch anspruchsvolle Kombination aus Vollgaspassagen, die Windschattenduelle garantieren und packende Ausbremsmanöver. Es ist aber im wahrsten Sinne des Wortes „die Nähe“ der Fans zu den Stars, den Maschinen und der Strecke, die Reiz des „neuen“ Schottenrings ausmachen. Die Fahrer mit ihren Solo- und Gespannmaschinen düsen an manchen Stellen nur zwei Meter vor den Füßen vorbei, kommentieren Fahrstil oder Sound und können nur drei Minuten später im offenen Fahrerlager zu einem „Benzingespräch“ mit den Weltmeistern der 1970er Jahre gehen. Eine weitere Besonderheit in Schotten sind die „Taxifahrten“. Gegen eine Gebühr, die vom Veranstalterclub MSC Rund um Schotten an gemeinnützige Einrichtungen gespendet werden, können die Fans Beifahrer in einer Gespannmaschine „Schmiermaxe“ spielen und sich im Eiltempo den Wind um die Nase wehen lassen.
Helikopter-Rundflüge zeigten: Schotten war fast ausgebucht
Dass die Motorradfans Schotten bei der 21. Auflage seines Schottenring Classic Grand Prix vollständig unter ihrer Kontrolle hat, sieht (natürlich) am besten aus der Luft. Davon überzeugten sich der MSC-Vorsitzende Wolfgang Wagner und Pressechef Manfred Möll persönlich: Im Helikopter von Udo Ziegler kreisten sie – wie zuvor schon viele Zuschauer – über Schotten und inspizierten die Rennstrecke, das Fahrerlager, die Parkplätze sowie die Campingplätze. Mit leuchtenden Augen und vielen beeindruckenden Fotos auf dem Kamera-Chip landeten sie wieder unterhalb des Fahrerlagers.
Motorradrennen im TV: GP-Stars beobachten GP-Stars
Die Grand-Prix-Stars von einst beobachteten die GP-Stars von heute: Ein illustre Runde an Weltmeistern und Grand-Prix-Siegern versammelte sich am Sonntagnachmittag im Clubheim des MSC Rund um Schotten, dem Engler-Haus, und schaute die Fernsehübertragung des Großen Preises von Tschechien aus Brünn. Die Emotionen gingen hoch, als in der Königsklasse, in der MotoGP, Valentino Rossi und Jorge Lorenzo im Zentimeterabstand um den Sieg kämpften. Dann ein Aufschrei, Lorenzo ist gestürzt, war das die WM-Vorentscheidung?! Steve Baker ganz sachlich: „Lorenzo war etwas zu weit außen beim Anbremsen der Linkskurve. Er muss gesehen haben, dass er Rossi da ein Loch aufgemacht hat und der ist natürlich da gleich reingestochen. Da hat Lorenzo automatisch noch mal Gas gegeben und ist gestürzt.“
Top-Informationen der Streckensprecher
Günter „Boppi“ Bopp ist schon jetzt eine Legende am „neuen“ Schottenring. „Meine Stimme kennt jeder, wie ich aussehe, weiß kaum jemand“, meint der Schottener, der damit das Leid vieler Rundfunkmoderatoren teilt und beim Classic Grand Prix von morgens um acht bis abends nach sechs die interessierten Fans mit vielen Fakten und Anekdoten über Mikrofon und Lautsprecher versorgt. Wahre Schätze sind in den Sätzen des Moderators versteckt, denn „Boppi“ hat zu jeder Maschine und zu jedem Fahrer etwas zu sagen. Bei den Sonderläufen der WM-Piloten übernahm MSC-Schatzmeister Timo Neumann – wie schon 2008 – das Mikro und begeisterte die Fans mit Fachwissen. Doch Bopp und Neumann hatten keine Chance, wenn die Fahrer ihre Motorräder starteten. Gegen den grellen Sound einer hoch drehenden Zweitaktmaschine ist auch die stärkste Lautsprecheranlage machtlos.
„Turnen war gefährlicher"
Stets einer der sympathischsten und erfolgreichsten Privatfahrer war Bruno Kneubühler aus der Schweiz. Geradezu legendär waren die zahlreichen Schweizer Fans, die mit ihren überdimensionalen Kuhglocken (!) für eine Mordsstimmung sorgten, wann immer einer der ihren die Tribünen passierte. Die Zeiten sind vorbei, denn die Kuhglocken sind mittlerweile als Lärmbelästigung bei öffentlichen Veranstaltungen in der Schweiz verboten!, schüttelt „Kneubi“ den Kopf. Kurios, dass aus der Schweiz immer exzellente Rennfahrer kamen, obwohl die Eidgenossenschaft seit 1955 ein Verbot von Rundstreckenrennen hat! „Das lag vielleicht daran, dass wir nur Bergrennen zum Üben hatten. Du musstest also schnell auf engen Straßen sein und Ortsdurchfahrten gabs da auch.“ Das war offenbar ein gutes Training, zumal in seiner Zeit auch auf Naturstrecken wie Brünn, Sachsenring und Imatra gefahren wurde.
Kneubühler hat zwischen 1972 und 1989 in allen Klassen von 50 bis 500 Kubik gepunktet! Dreimal wurde er Vizeweltmeister: 1973 hinter Jan de Vries bei den 50ern sowie 1974 hinter Kent Andersson und 1983 hinter Angel Nieto bei den 125ern. Vor dem 50er-Erfolg 1973 hatte er 1972 die 500er-Kategorie bestritten und WM-Bronze errungen: Nur Giacomo Agostini und Nello Pagani auf den übermächtigen MV Agusta erzielten mehr Punkte als er… . Kneubühler ist das erste Mal in Schotten und war „sehr überrascht“ vm großen Zuschauerandrang und der „gut gemachten Organisation“. Nun fährt er im Yamaha Racing Team von Ferry Brouwer gewissermaßen die Konkurrenz, die Werksmaschinen.
Kurios auch, wie Kneubühler zum Rennfahrer geworden ist: Nämlich, weil er als Leistungsturner verletzt war! Aus der Traum von Gold für die Schweiz bei der Olympiade 1968 in Mexiko. Das war gar kein verwegener Gedanke, denn „mein alter Trainer behauptet heute noch, ich hätte als Turner erfolgreicher sein können als als Rennfahrer“, sagt der dreifache Vizeweltmeister…
„Wir haben sechs Tage die Woche mindestens fünf Stunden trainiert, da war der Rücken kaputt.“ Aber das Turnen hat ihm wohl auch für das Rennen fahren viel gebracht: Körperbeherrschung, Kondition, Konzentration, ein Bewusstsein für gesunde Ernährung und eine richtige Abrolltechnik, wenn denn mal ein Sturz passierte. So gesehen war Turnen gefährlicher…
Kneubühler schätzt am Yamaha Racing Team die perfekte Vorbereitung der Maschinen. Dafür sind auch ehemalige Fahrer verantwortlich. Da ist vor allem Svend Andersson, der zwischen 1976 und 1983 fünf Mal Dänischer Champion in der 250er und 350er-Klasse werden konnte, zu nennen. Andersson ist bei Brouwer für den originalgetreuen Aufbau von Maschinen zuständig, deren Originale nur noch als Museumsexemplare existieren.
Logenplatz
Gisela und Josef Migl haben sich vor vier Jahren ein Haus an der Schottener Seestraße gekauft. Sie haben gewissermaßen einen „Logenplatz“ mit Blick auf die Rennstrecke. Der Verkäufer hat sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einmal im Jahr der Schottenring Classic Grand Prix ein gewisses Personen- und Geräuschaufkommen mit sich bringen würde. „Das ist ja nur ein Wochenende, einmal im Jahr“, war die Einstellung des Paares, das an sich überhaupt nichts mit Rennsport zu tun hat. „Es zieht einen raus, das ist so eine tolle Atmosphäre!“ Die Migls haben auch auf der Garageneinfahrt Ex-DDR-Spitzenfahrer Siegfried Merkel einquartiert und sehr schnell Freundschaft geschlossen! Und das, was andere als „Lärm“ bezeichnen würden? „Im Haus hört man nichts, dann können sie bequem telefonieren."
Wenn Motorradfahrer heiraten: Schotten statt Las Vegas
Eine Hochzeit will geplant sein und der Ort fürs Ja-Wort sorgfältig erwählt. Tilmann Runck und Renate Häpe aus Remseck bei Stuttgart standen jüngst vor diesem eigentlich angenehmen „Problem“. Die Schwaben entschieden sich aber weder heimische Gefilde, noch für Las Vegas, den Schmied von Gretna Green oder einen Fesselballon über den Alpen, sondern für Schotten! Am Freitag, den 14. August schlossen sie den Bund fürs Leben im Vogelsberg, „weil es keinen schöneren Ort“ für die begeisterten Teilnehmer des Schottenring Classic Grand Prix gibt.
Der historische Rennsport ist das gemeinsame Hobby des Paares. Renate bewegt eine 250er-Honda von 1964 und wurde letztes Jahr Zweite in ihrer Klasse der DHM. Tilmann fährt eine in Deutschland seltene 500er-Seeley von 1967. Die Maschine trieb er denn auch in Schottland auf, kontaktierte den Verkäufer „und drei Wochen später bin ich mit Auto, Hänger und einem Bündel Geld hingefahren…“ Die bulligen Einzylinder haben es ihm angetan, obwohl ein Blick ins WM-Klassement zeigt, warum man seinerzeit bestenfalls Dritter werden konnte. Das Championat machten Giacomo Agostini (MV Agusta) mit vier und Mike Hailwood (Honda) mit sechs Zylindern unter sich aus…
Es gibt noch einen guten Grund, warum die Beiden so gerne in Schotten fahren: Bei den anderen DHM-Rennen erhalten nur die ersten drei einen Pokal, der MSC und um Schotten ist da großzügiger und spendiert je nach Größe der Klasse mindestens fünf Fahrern eine solche Belohnung.
Der 14. August ist aber auch der Hochzeitstag von Willi und Klara Bertsch aus Groß-Gerau. Die feierten mit Runck/Häpe ihre Goldene Hochzeit! „Ohne Schotten geht’s nicht“, drum sagten die Beiden auch eine Einladung nach Kanada ab. Klara Bertsch: „Nirgendwo sonst findet man so freundliche und hilfsbereite Leute.“ Willi Bertsch hat von den 21 Schottenring Classic Grand Prix nur einen einzigen bislang auslassen müssen! 1971 holte er sogar auf dem Hockenheimring als Achter WM-Punkte in der 500er-Klasse.
Dieter Braun: Data-Recording und Po-Gefühl
Dieter Braun begründete mit seiner Popularität Ende der 1960er einen Boom im deutschen Motorradsport. 1977 musste er nach einem Unfall abtreten, als die Überlegenheit der amerikanischen Rennfahrer wie Kenny Roberts und (etwas später) Eddie Lawson, Wayne Rainey und Kevin Schwantz einsetzte. Einen solchen Amerikaner, nämlich Steve Baker hat Braun als Teamgefährten im Yamaha Classic Racing Team zur Seite in Schotten.
Warum konnten die Schräglagen und Kurventempi fahren, bei denen die Europäer nicht mehr mithalten konnten? Braun analysiert: „Die waren eigentlich nicht bessere Fahrer als wir, sondern sie kamen mit Goodyear in die WM. Die hatten Reifen mit verschiedenen Mischungen.“ Vergleicht man Maschinen von damals und heute so fällt schon die Breite der Pneus sofort ins Auge. Doch ein moderner Reifen würde Braun in seiner 350er-Maschine, mit der er 1972 WM-Vierter wurde, nichts genützt haben. „Damals ging ein richtiger Reifenkrieg los, wozu dann aber auch das Fahrwerk geändert werden musste. Reifen und Fahrwerk, anpassbar an jede Rennstrecke und jedes Wetter, die Vielzahl der Möglichkeiten musste erfasst werden. Das Zeitalter des Data-Recording war da. Braun lachend: „Heute brauchst Du schon als Anfänger Data-Recording … aber immer noch Po-Gefühl."
Steve Baker widerspricht Dieter Braun
“It’s very much fun. Beautiful area. Nice people“. Der Amerikaner Steve Baker, Weltmeister (750 Kubik) und Vize (500) 1977, war sichtlich begeistert vom 21. Int. VFV Schottenring Classic Grand Prix. Zusammen mit den Landsleute Kenny Roberts und Pat Hennen war er damals die erste US-Fahrergeneration, der in der durchweg auf europäischen Strecken ausgetragenen Weltmeisterschaft antrat. Überzeugt wurde er durch die legendären Easter Match Races, einem Länderkampf Großbritannien-USA, der in den 1970ern am Osterwochenende auf verschiedenen britischen Strecken ausgetragen wurde. Baker war sofort begeistert von dem Niveau der Rennen, Kurse und der Atmosphäre durch die Fans, die es so nicht in den USA und Kanada gab.
Natürlich muss Baker auch Dieter Brauns These von der Überlegenheit der Amerikaner widersprechen. Nur Kenny Roberts habe die überlegenen Goodyear-Reifen gehabt, er sei aber vor allem „psychologisch besser drauf“ gewesen, lachte Baker.
Steve Baker bedankte sich herzlich bei Timo Neumann, seines Zeichens Schatzmeister des MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC, für ein unvergessliches Erlebnis. Neumann fuhr Baker über den alten Schottenring, die Landstraßen mit den Ortsdurchfahrten Rudingshain und Götzen nördlich der Stadt Schotten. Da Baker seinerzeit in der WM auch auf Straßenkursen wie Spa (Belgien), Imatra (Finnland) und Brünn (Tschechoslowakei) fahren musste, konnte er einen sehr guten Vergleich ziehen. Der alte Schottenring sei wohl enger, aber nicht gefährlicher als die damaligen Grand-Prix-Strecken.
Knödel für den Weltmeister
Der österreichische Motorsportjournalist Wolfgang Gruber ist seit gut fünf Jahrzehnten auf allen Rennstrecken der Welt unterwegs. Sein WM-Kalender war bis in die 1990er ein Klassiker unter den Weihnachtsgeschenken für Motorradfans. Und Gruber steckt voller Geschichten und kann Vergleiche ziehen, wenn er die Cracks von einst heute in Schotten wiedertrifft. Steve Baker, 1977 Weltmeister bei den 750ern und Vize in der Halbliterklasse, mag zwar in Ehren ergraut sein, aber sein Gewicht scheint unverändert: „Der Steve Baker könnt scho no a paar Knödln aufipackn". Gruber sieht auch für einen möglichen neuen Schottenring Potenzial, „weil Schotten als Begriff etabliert ist.“
Gustl Hobl: „Schotten braucht die neue Strecke“
Der MSC Rund um Schotten plant eine neue Rennstrecke dem Vogelparkgelände bei Rudingshain gegenüber. Eine Multifunktionsanlage (www.schottenring.de) nicht nur für Motorsportler soll hier neben dem ehemaligen Schottenring entstehen. August „Gustl“ Hobl ist noch auf dem alten Kurs gefahren und Stammgast auf dem neuen Kurs in der Innenstadt von Schotten. Hobl: „Der alte Schottenring entstand doch 1925 in Notzeiten genau wie der Nürburgring oder der Sachsenring.“ Neue Strecken dort haben problemlos die Motorsporttradition fortsetzen können. Das gleiche erwartet Hobl auch von einem neuen, dann dritten Schottenring. „Schotten braucht die neue Strecke“, zumal dort dann auch die schnelleren Maschinen um DHM-Punkte fahren könnten.
Race Cam mit Split Screen
Dieter Wandelt, BMW-Seitenwagenfahrer aus Schalksmühle im Sauerland, ist seit diesem Jahr „Leiter Historischer Motorsport“ beim Veteranen Fahrzeug Verband (VFV), der die Deutsche Historische Meisterschaft (DHM) mit seinen Gleichmäßigkeitsläufen veranstaltet. Da ist er beispielsweise für die Auswahl der Rennstrecken zuständig. Wandelt: Ungeachtet der prominenten Konkurrenz von Hockenheim, Nürburgring und Oschersleben sei Schotten gesetzt. Mehr noch: Kommt die neue Strecke bei Rudingshain kann der MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC damit rechnen, gleich zwei Meisterschaftsläufe ausrichten zu dürfen.
Ein cleverer Coup von Wandelt ist die erstmalige Ausrichtung von DHM-Rennen auf dem Flugplatz von Hildesheim. Diese finden im Rahmen der berühmten Auto- und Motorrad-Oldtimer-Messe „Technorama“ statt.
Offenbar hat aber die neue Aufgabe ihn etwas nicht ganz unwesentliches vergessen lassen. Lachend gesteht er: „Ich habe das Nenngeld von 25 Euro für die DHM-Saison nicht fristgerecht überwiesen!“ So fährt er das Championat nur außer Wertung mit. Umso blöder: „Ich habe mir extra für diese Saison ein Busch/Binding-Fahrwerk nachgebaut und wäre eigentlich Dritter."
Umso präsenter ist Wandelt zusammen mit seiner Tochter Henrike - mit 22 die jüngste Teilnehmerin in Schotten im Übrigen - aber auf jeden Fall im kommenden Jahr: Wandelt/Wandelt zieren in einer spektakulären Kurvenszene aus Schotten das Titelbild des 2010er „Schottenring Grand-Prix“-Kalenders – für zehn Euro beziehbar bei der Tourist-Information Schotten und bei der Motorrad Touristik Vogelsberg. Nicht nur die renndynamische Optik fällt auf, sondern auch das strahlende Lächeln von Henrike! „Die lacht auf allen Bildern! Sie hat ein absolut sicheres Feeling dafür, was der Alte wann tut.“ Dass Henrike Wandelt eine superbe „Turnerin im Boot“ abgibt, haben auch schon die Kollegen Konkurrenz bekundet. Doch der Herr Papa gibt seine Tochter nicht her. Allerdings ist er noch auf der Suche nach einem der Tochter wegen passenderen Maskottchen: Aber nirgends sei für die „Zicke“ eine Stofftier-Ziege aufzutreiben...
Wandelt hat für die Läufe in Schotten noch eine weitere Neuerung in die DHM mitgebracht. Er hat an seinem Gespann zwei schwenkbare Kameras angebracht. Mit der Aufnahmetechnik dieser Race Cams lassen sich sogar Split Screen fertigen: Zwei Perspektiven können gleichzeitig gezeigt werden. Premiere vermutlich am 24. Oktober bei der Meisterehrung des VFV, die traditionell in Schotten stattfindet.
Touristenfahrt durch die Hölle
Nobby Clark weilte auf Einladung des Braunschweiger Zahnarztes Dr. Stefan Elisat aus dem VFV-Zirkel in Schotten. Er ist ebenso eine Mechanikerlegende wie Ferry Brouwer, den die Schottener ja schon mit seinem Yamaha Racing Team kennen. Clark ist aus dem damaligen Rhodesien (Simbabwe) 1960 mit Landsmann Gary Hocking nach Europa gekommen. Die Beiden haben zuvor die ostdeutschen MZ eingesetzt, ehe MV Agusta sie abwarb. Wie bitte, Rhodesier auf MZ? Hocking und Clark sind Bürger einer Kolonie des imperialistischen Klassenfeindes Großbritannien und dürfen ein sozialistisches Motorrad fahren…
Auf Clark verlassen sich anderthalb Jahrzehnte lang die Weltmeister gleich dreier Marken: Hocking mit MV Agusta, Jim Redmann und Mike Hailwood auf Honda sowie Kel Carruthers, Rodney Gould und Kent Andersson auf Yamaha. Heute führt Clark im US-Bundesstaat New York eine Autowerkstatt, die auf Ferrari-Oldtimer spezialisiert ist.
So ein Mann könnte Bücher mit Anekdoten füllen, aber die schönste Geschichte ist immer noch folgende: 1972 betreute er den japanischen WM-Neuling Hideo Kanaya und nun stand der deutsche Grand Prix in der „Grünen Hölle“, auf der Nordschleife des Nürburgrings, an. Clark beorderte seinen Fahrer Tage früher als üblich an die Rennstrecke, befahl dem Japaner sich ans Steuer des Transporters zu setzen, während er sich in den Laderaum begab, um die Maschinen rennfertig zu machen.
Bekanntlich ist die Nordschleife gut 20 Kilometer lang und die schwierigste Rennstrecke der Welt. Aber man kann auch so genannte Touristenfahrten darauf unternehmen, für einen gewissen Obulus dort Runden drehen. Clark wusste sehr gut, dass in der Eifel nichts wertvoller ist als Streckenkenntnisse. Kanaya drehte also nun Runde für Runde, um sich die Strecke einzuprägen... Zwei Dinge daran sind sogar sensationell zu nennen: Kanaya gewann am Sonntag den deutschen Grand Prix und Nobby Clark wurde nicht schlecht auf dem offiziell „Gebirgsprüfstrecke Nürburgring“ betitelten Kurs.
Gute Geschäfte
Auch die Händler strahlten mit dem glänzenden Wetter um die Wette. Ulrich Knauber und Bernd Hofmann aus Nidda haben an ihrem Stand alljährlich eine ganz besondere Spezialität und Erinnerung, die sie auch dem MSC Rund um Schotten zur Verfügung stellen: Sie fertigen eine Anstecknadel in Wappenform an. Neben den Logos von MSC, ADAC und VFV, Inschriften zum Anlass (21. Schottenring Grand Prix und Deutsche Historische Meisterschaft) ziert die Nadel immer eine Prägung eines Fahrers. Diesmal ist das Seitenwagenteam Thomas Gimbel/Hans Hilß (Hasselroth/Kefenrod) abgebildet. Im nächsten Jahr werden es Siegfried Arabin/Betina Pfaff (Butzbach/Wetzlar) sein. Das Motiv ist schon auf dem Schottenring Grand-Prix-Kalender 2010 vorab zu sehen.
Traditionsmarke Nummer 1: MZ
Für große Schlagzeilen haben seit Jahresanfang die ehemaligen (westdeutschen) Rennfahrer Ralf Waldmann und Martin Wimmer gesorgt, die den ehemals (ostdeutschen) Motorradhersteller MZ sanieren wollen. MZ stand in der Vergangenheit einerseits für die innovative Zweitakttechnik du andererseits für robuste preiswerte Motorräder, die nicht nur im sozialistischen Weltkreis ein Verkaufserfolg waren. In der Bundesrepublik konnten die DDR-Maschinen über den Neckermann-Katalog bestellt werden. Nach der Wende schlugen Neuanfänge fehlt, Waldmann und Wimmer haben aber zukunftsträchtige Geschäftskonzepte. Heinz Rosner, Schotten-Publikumsliebling und ehemaliger MZ-Werksfahrer, hat mit Waldmann dieser Tage über die Fortsetzung der Marke MZ gesprochen. Eine finanzielle Hilfe der Bundesregierung ist vonnöten.
Traditionsmarke Nummer 2: Jawa
Anders als MZ ist eine andere im Ostblock bekannt gewordene Marke verschwunden: Jawa aus der Tschechoslowakei. Das Land ist mittlerweile in Tschechien und die Slowakei geteilt, aber der ex-WM-Pilot und zehnfache nationale Meister Peter Balaz setzt mit Partnern aus beiden Ländern die verbliebenen Rennmaschinen ein. Anders als MZ setzte Jawa auch auf Spitzenfahrer aus dem klassenfeindlichen Ausland. Der Italiener Silvio Grassetti wurde 1969 Vizeweltmeister hinter Landsmann Agostini. Der Brite Bill Ivy galt als künftiger Titelanwärter, verunglückte aber auf dem alten Sachsenring. Sein Andenken hält Balaz besonders hoch. Balaz ist zweifacher Europameister in der nach dem DHM-Reglement ausgetragenen Gleichmäßigkeit und organisiert selbst Rennen für historische Motorräder, Vergleiche sind also keine rhetorische Floskel: „Schotten ist sehr sehr gut, die Organisation perfekt“, antwortet er auf Deutsch. Neben Strecke und Fahrerlager erhält auch die Schottener Gastronomie für seine Gemütlichkeit ein großes Lob... . (MANFRED MÖLL) +++



Günter "Boppi" Bopp

Camping...

Die Vier vom Orga-Team

High Noon um 16.15 Uhr...

Timo Neumann am Mikro...

Albert Daniel....

Antik, aber läuft...

Rennlegende Dieter Braun...

Hochzeitspaare ...

Zielflagge im Blick...




- Fotos: Sibylle Spielmann

Steve Baker...















