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Das Stadthotel-Team Bad Hersfeld verabschiedet sich erhobenen Hauptes
02.09.22 - Mit viel Einsatz und Herzblut verwandelten Heidrun und Ulrich Vierring 2004 das ehemalige Diät- und Kurheim Brandau am Perfort praktisch über Nacht zu einem Kleinod der Stadt Bad Hersfeld. Das Ehepaar, welches bereits zuvor Erfahrung in der Gastro-Branche sammelte, trumpfte in ihrem Stadthotel jahrelang mit viel Flair, Charme und ihrer nahezu perfekten Lage auf. Komplettiert wurde dieses Aufgebot mit einer traditionellen deutschen Küche. Doch alles Schöne hat irgendwann ein Ende - das Stadthotel Bad Hersfeld schließt am 17. Oktober, und zwar für immer.
Als das Ehepaar vor all den Jahren eher per Zufall auf dieses schöne Fleckchen gestoßen ist, waren sie sich sofort einig. "Das Diat & Kurheimhaus Brandau konnte nicht mehr weitergeführt werden. Da es jedoch so eine schöne Lage hatte und hier hinten alles brach lag, fassten wir den Entschluss einfach hier ein neues Hotel zu eröffnen." Eine Entscheidung, die sie nicht bereuen sollten.
Über Jahre hinweg brillierte Heidrun Vierring mit immenser Hingabe und vollem Einsatz an der Rezeption, während ihr Gatte Ulrich mit Liebe und Kreativität als Koch und Konditor sich so richtig auslassen konnte. "Die Arbeit hat uns beide erfüllt. Wir haben so viele Menschen kennengelernt und Geschichten miterlebt. Es hat einfach Spaß gemacht, auch weil die Resonanz so großartig war - auch in der Küche. Die frische Maischorle oder die im Herbst sehr beliebten Gänse und Enten sind und waren immer ein Dauerbrenner. Auch aus den Corona-Jahren, die viele vor Ungewissheit und Herausforderungen stellten, haben wir das Beste daraus gemacht", so die Beiden.
Schmuckstück der Stadt Bad Hersfeld
"Die Lage hier ist nicht zu überbieten. Es ist wunderschön hier, wir liegen am Meisebach, schön zentral und ruhig hier hinten. Selbst am Lullusfest hört man hier nichts und man ist quasi in einer Minute direkt in der Innenstadt", so Heidrun Vierring. "Daher haben wir hier auch nach wie vor ein volles Haus und zahlreiche Buchungen."
Doch nicht nur die Lage sei ausschlaggebend für die Beliebtheit. "Es ist einfach so, dass hier in Bad Hersfeld eine nationale Küche fehlt. Wir haben hier ein deutsches Restaurant, wo noch von der Pike auf gekocht wird. Es ist alles frisch zubereitet und kommt sehr gut an bei den Gästen, was mich als Koch immer sehr freut und auch stolz macht", so Ulrich Vierringer. "Dieses Haus hat mit uns eine Seele bekommen. Hier ist man Zuhause, hier wird vom Chef selbst gekocht. Für Hochzeiten oder anderweitige Feiern wird unser Hotel daher auch immer sehr gerne gebucht."
"Mit großer Freude in die Freiheit"
Bei all den Lobpreisungen fragt man sich doch, warum dann überhaupt Schluss machen? "Vor zwei bis drei Jahren hatte mein Mann schon gemerkt, dass wir mit dem Hotel aufhören sollten, bevor er die Reißleine ziehen muss. Die Arbeit in der Küche ist einfach mit viel Stress verbunden. Wir sind nicht mehr die Jüngsten und wollen wie gesagt auch einfach nochmal etwas Ruhe. Wir kennen auch viele, die ihre Hotels zu spät abgegeben haben. Diesen Fehler wollten wir nicht begehen. Da wir keinen Nachfolger finden konnten und auch eine Verpachtung letztendlich nicht zustande kam, haben wir uns dazu entschlossen, das Hotel zu verkaufen."
Es gibt also keinen finanziellen oder notgedrungenen Grund. "Wir möchten einfach nochmal etwas anderes erleben, als nur die ganze Zeit zu arbeiten. Wir haben ja keinen Tag frei, es geht ja von Sonntag bis Sonntag - von sechs Uhr morgens bis wir als Letzte hier herausgehen. Von daher gibt es sowas wie ein freies Wochenende für uns bereits seit vielen Jahren nicht."
"Aus diesen Geschichten werde ich ein Buch schreiben"
Pläne für die Zukunft hat das Ehepaar bereits. "In den vielen Jahren haben wir so zahlreiche Geschichten erlebt. Von lustigen bis hin zu spannenden Dingen ist hier wirklich alles passiert. Ich habe mir fest vorgenommen, daraus ein Buch zu schreiben", so Heidrun Vierring. Ihr Gatte hofft derweil auf mehr "Action". "Wir sind leidenschaftliche Tänzer im Club Rot-Weiß Bad Hersfeld. Ich hoffe, dass wir durch die neu gewonnen Freizeit wieder verstärkt unser Hobby aufnehmen können und einfach das Leben in vollen Zügen genießen werden."
"Ein besseres Team hätten wir uns nicht wünschen können"
Etwas Wichtiges lag dem Ehepaar gegen Ende aber doch auf dem Herzen. "Wir sind so dankbar und auch stolz auf unser Personalteam. Seit Jahren sind sie wirklich unsere Stütze, sie sind für uns da ebenso wie wir für sie. Von sich aus wollten alle bis zum bitteren Ende bleiben, was keine Selbstverständlichkeit ist. Alle stehen mit Einsatz hinter uns und haben alles gegeben. Nun halten wir gemeinsam bis zum Schluss durch." In der Hochsaison würden sich über 20 Angestellte um das Stadthotel kümmern. "Dadurch, dass wir so ein angenehmes und auch familiäres Betriebsklima hier haben, fällt es mir auch unglaublich schwer, sie alle loszulassen. Wir sind mit ihnen verwurzelt, man könnte sagen, wir sind wie eine Familie, von der man sich nur schwer trennen möchte."
Eine Metapher, die man problemlos auch auf das Stadthotel in Bad Hersfeld ziehen kann. Seit Jahren ist das Gasthaus ein wichtiger Teil der schönen Festspiel- und Kurstadt. Ein besonderer Teil, von dem man sich nur schwer trennen möchte. (Mathias Schmidt) +++