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27.08.09 - Region
"Auf Biegen und Brechen" - OVAG untersucht ihre Laternenmasten
Wehe, wenn Hunde zu oft das Bein anheben…Wenn sich in diesen Tagen einigen der 55.000 Laternenmasten der OVAG in Oberhessen die kräftigen Greifarme eines mobilen Prüflabors auf Raupen bedrohlich nähern, bedeutet dies – worauf der Beobachter durchaus schließen könnte – keineswegs das Ende des Pfahls. Vielmehr blicken sensible Gerätschaften dem Mast direkt in die Seele, prüfen auf Herz und auf Nieren, wie es um die Gesundheit der Lichtpfeiler bestellt ist, ob sie weitere Jahre die Straßen Oberhessens beleuchten dürfen oder ob sich der Ruhestand, sprich: die Verschrottung, empfiehlt.
„Derzeit lassen wir 1.500 Masten überprüfen“, berichtet Dietmar Kipper, Leiter der Abteilung Elektrotechnik bei dem kommunalen Energieversorger. „Da man bei solchen Masten von einer Lebensdauer zwischen 30 und 35 Jahren ausgeht, nehmen wir die Prüfung jetzt bei allen vor, die älter als 20 Jahre sind.“ Außerdem ist eine Kontrolle bei solchen Masten vorgesehen, die besonderen Bodenverhältnisse oder Beanspruchungen ausgesetzt sind.
Zwei Wochen in Oberhessen auf Achse sind deshalb Michael Hirth und Jürgen Heineberg von der Spezialfirma Roch aus Lübeck. Vor 15 Jahren hat dieses Unternehmen ein europaweit eingesetztes Prüfverfahren entwickelt, bei welchem sensibles Hightech-Gerät zum Einsatz kommt.
So steuert Michael Hirth das Raupenfahrzeug, während Jürgen Heineberg vorne am Mast Hand anlegt. „Im Prinzip simuliert unser Gerät eine Windbelastung, die sich langsam steigert. Zunächst in die eine, dann in die andere Richtung“, erläutert Hirth das Procedere, welche das Biegeverhalten des Stahls unter die Lupe nimmt, pro Mast bis zu 15 Minuten dauern kann. Der Computer erstellt ein Kraft-Weg-Diagramm, ein sogenanntes Mast-EKG, welches die Schwachstellen aufspürt und detailliert dokumentiert. Deutschlandweit weisen rund 3,3 Prozent aller Masten Schäden auf, verweist Hirth auf die Statistik.
„Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt“, sagt Dietmar Kipper, „beobachten wir einen Mast, setzen nach einem bestimmten Zweitraum eine weitere Prüfung an oder tauschen ihn bei akuter Gefahr schnellstmöglich, wenn es sein muss auch sofort aus.“ Nach seinen Worten steht diese Art von Prüfung für kostenbewusstes Wirtschaften, bedeutet sie doch ein erhebliches Einsparpotenzial bei den laufenden Wartungs- und Unterhaltungskosten. „In der Vergangenheit wurde meist routinemäßig aufgrund von Erfahrungswerten ein turnusgemäßer, kostenintensiver Austausch von Masten vorgenommen.“ Außerdem klapperte seinerzeit ein Mitarbeiter alle Punkte ab und prüfte die Masten durch Besichtigung und per Hammerschlag.
Ganz abgesehen davon, wie antiquiert diese Methode angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten ist, sind mit diesem manuellen Verfahren natürlich keine Erkenntnisse über die Verhältnisse im Untergrund zu gewinnen. Denn neben den Einflüssen durch Witterung und Bodenverhältnissen lauern gerade hier besondere Gefahrenmomente, bedeutet Michael Hirth: Wenn an einem Mast sehr viel Hunde das Bein gehoben haben, geht das auf die Dauer nicht gut. Das setzt irgendwann auch dem stärksten Mast zu.+++
