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05.09.09 - HERINGEN
Forderung nach "Allianz der Vernunft" - IG BCE Gewerkschafter zu Industriepolitik
Dass Umweltschutz und der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Industrie kein Gegensatz sein müssen, darüber diskutierte im Heringer Bürgerhaus Michael Vassiliadis, geschäftsführender Hauptvorstand der Bergbaugewerkschaft IG BCE mit Gästen aus Politik und Industrie. Vassiliadis, der im Herbst zum Nachfolger des langjährigen Gewerkschaftschefs Hubertus Schmoldt gewählt werden soll, kam auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Michael Roth in die Kalimetropole. Im Mittelpunkt der Fachkonferenz stand der Vortrag des Gewerkschafters zum Thema „Nachhaltige Industriepolitik: Arbeitsplätze sichern – Umwelt schonen“. Dabei standen nicht zuletzt die Konflikte um die Entsorgung salzhaltiger Abwässer aus der Kaliproduktion und die Sorge um die Arbeitsplätze im Vordergrund der Diskussion.
Gemeinsam mit dem Philippsthaler Bürgermeister Ralf Orth, dem ehemaligen Bürgermeister der Stadt Bad Sooden-Allendorf Ronald Gundlach und dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden der K + S Kali GmbH Werk Werra Wilfried Franke waren sich Vassiliadis und Roth einig, dass zu einer verantwortungsbewussten Industriepolitik der schonende Umgang mit Ressourcen gehöre. „Wirtschaftlicher Erfolg, sozialer Zusammenhalt und ökologische Nachhaltigkeit müssen zusammen betrachtet werden“, betonte Vassiliadis. Dabei zeigte sich der Gewerkschafter besonders vom Deutschland-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier überzeugt. „Dies ist das einzige Konzept, das sich bislang im Wahlkampf konsequent und nachvollziehbar mit den Themen Arbeit und Umwelt auseinandergesetzt hat“, so Vassiliadis.
Michael Roth wies auf die Bedeutung guter Arbeitsbedingungen für die Sicherung von Arbeitsplätzen hin: „Zukünftiger Wohlstand kann nur erreicht werden, wenn wir unsere Region weiterhin lebenswert erhalten: Das geht nur mit gesunder Umwelt und anständigen Löhnen! Jetzt gilt es, auch die Option einer Pipeline vom Werratal in die Nordsee mit Hochdruck zu prüfen. Die Region braucht Sicherheit.“ Und auch Ralf Orth verwies auf die große Bedeutung des Werratals als Industriestandort. „Etwa 8500 Arbeitsplätze hängen hier direkt oder indirekt von der Kaliindustrie ab“, so der Philippsthaler Bürgermeister. Als Mitglied des Runden Tisches sei er aber sicher, dass den Belangen von Arbeitnehmern und Anwohnern Rechnung getragen werde.
Ronald Gundlach warf einen kritischen Blick auf die Diskussion der vergangenen Jahre zum Thema Werraversalzung. Nach anfänglichen Problemen und einer dilettantischen Informationspolitik des Düngemittelkonzerns K+S konnten aber auch aus seiner Sicht in jüngerer Zeit zielführende Gespräche auf den Weg gebracht werden. Der langjährige K+S-Betriebsratsvorsitzende Erich Wolf kritisierte, dass die bislang erzielten Erfolge zur Reduzierung der Salzfracht in der Werra nicht angemessen gewürdigt würden. Der Gewerkschafter und Heringer Stadtverordnete Dieter Guderjahn wiederum wies darauf hin, dass die Konzepte zur Verringerung der Salzeinleitung für das Unternehmen auch bezahlbar sein müssten. „Die hohen Gewinne des vergangenen Jahres sind eher die Ausnahme als die Regel. Immer wieder mussten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht die Aktionäre, sondern die Bergleute finanzielle Einschnitte ertragen“, so Guderjahn.
Über den konkreten Weg war man sich in der Diskussionsrunde nicht immer einig, wohl aber über das Ziel: „Wir brauchen eine Allianz der Vernunft, bei der nicht der größtmögliche Gewinn von Unternehmern im Mittelpunkt steht, sondern der Erhalt von Arbeitsplätzen in einer lebenswerten Umgebung“, wie Vassiliadis abschließend zusammenfasste. +++