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Bürgermeister Thomas Fehling blickt positiv auf seiner zwölfjährigen Amtszeit zurück, gesteht allerdings auch Fehler ein. - Fotos: Gerhard Manns

BAD HERSFELD "Falscher Person Vertrauen geschenkt"

Nach zwölf Jahren ist Schluss: Bürgermeister Thomas Fehling zieht Bilanz

18.10.22 - Zwölf Jahre lenkte Bürgermeister Thomas Fehling die Geschicke der Festspielstadt Bad Hersfeld. Nun endet zum Ende des Jahres seine zweite Amtszeit. Wie er auf seine Zeit als Rathauschef zurückblickt, auf welche Erfolge er besonders stolz ist, was er für Fehler begangen hat - darüber sprach er im großen OSTHESSEN|NEWS-Interview über den Dächern der Stadt im "Movie-Star"- Riesenrad auf dem Lullusfest.

OSTHESSEN|NEWS: Sie waren zwölf Jahre lang Bürgermeister Ihrer Heimatstadt - es ist deshalb Zeit, um Bilanz zu ziehen. Wie fällt Ihr persönliches Fazit über die zwei Amtsperioden aus?

Am Ende des Jahres räumt er seinen Schreibtisch im Bad Hersfelder Rathaus. ...

Thomas Fehling: "Ich ziehe ein sehr positives Fazit - natürlich gab es Höhen und Tiefen, insgesamt bin ich mit den zwölf Jahren sehr zufrieden. Es gab sehr viele Dinge, die zum Wohle der Stadt verbessert worden sind und das freut mich. Deshalb kann ich mir auch absolut im Reinen sein. Dies zeigt auch das Stimmungsbild, welches mir am Lollsmontag entgegengebracht wurde, dort habe ich viel tolles Feedback bekommen, das war sehr wohltuend und hat viel Spaß gemacht."

O|N: Auf welche umgesetzten Projekte sind Sie besonders stolz und welche Projekte hätten Sie gerne noch für die Stadt zu Ende geführt?

Fehling wird vom damaligen Landrat Dr. Michael Koch zu seiner Wiederwahl im Jahr 2016 ...Archivfoto: O|N/Hans-Hubertus Braune

Fehling: "Es gibt zwar eine lange Liste an umgesetzten Projekten - drei davon liegen mir allerdings besonders am Herzen, dass sie bereits Teil meines Wahlprogrammes waren. Zunächst die Weiterentwicklung des Schilde-Areals, wo der Grundgedanke, ein modernes Epizentrum zu kreieren, voll aufgegangen ist, und unter anderem mit dem THM-Ausbau, den Ansiedlungen von GLS und Summacom sowie der Standortsicherung von Verifone eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden konnte. Somit wurde dann der 'Schilde-Campus', auch wenn er so nicht heißen durfte. Dann natürlich die Weiterentwicklung der Bad Hersfelder Festspiele - trotz aller Irrungen und Wirrungen konnte gerade Dieter Wedel unseren Festspielen seinen Stempel aufdrücken. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung, die uns gerade in Zeiten von Homeoffice extrem genutzt hat. Und natürlich zu guter Letzt der Hessentag im Jahr 2019 inmitten unserer Innenstadt, der einen absoluten Höhepunkt in den vergangenen zwölf Jahren darstellte. Den Prozess des ICE-Haltes im Rahmen der neuen Strecke und damit verbunden die Wandlung des Bahnhofes und die Implementierung neuer Mobilitätsprozesse wird eine spannende Zukunftsaufgabe sein - die Umsetzung dieser Jahrhundertchance hätte ich gerne noch mitgestaltet."

Fehling im Gespräch mit O|N-Redakteur Kevin Kunze

O|N: Welche Fehler haben Sie in Ihrer Amtszeit gemacht oder welche Dinge würden Sie generell anders angehen?

Fehling: "In einem Amt als Bürgermeister gibt es täglich viele Entscheidungen zu treffen, da der Bürgermeister auch nur ein Mensch ist, passieren Fehler und das ist normal und menschlich. Der größte Fehler, den ich allerdings begangen habe, war es, einer Person zu vertrauen, die dieses Vertrauen missbrauchte und mich nach meinem Gefühl sogar aus dem Amt drängen wollte. Und das nur, um eigene Interessen zu wahren - das investierte Vertrauen in diese Person hat sich im Nachgang als mein größter Fehler herausgestellt."

O|N: Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit im Parlament? War die Arbeit mit den Stadtpolitikern konstruktiv oder hätten Sie sich mehr Sacharbeit untereinander gewünscht?

Thomas Fehling bei einer Rede im Stadtparlament. Archivfoto: O|N/Kevin Kunze

Fehling: "Im Großen und Ganzen hat die Arbeit sehr gut funktioniert. Im Laufe der Zeit war die Arbeit der Stadtverordnetenversammlung sehr sachorientiert und viele Projekte konnten ohne große Diskussion verwirklicht werden. Ein gutes Indiz dafür: 80 bis 85 Prozent der städtischen Beschlussvorlagen aus dem Rathaus sind einstimmig und oft ohne Aussprache beschlossen worden. Das wird allerdings kaum wahrgenommen - in der Öffentlichkeit wurden eher die wenigen kontroversen Themen herausgestellt. Generell war die Arbeit konstruktiv und zum Wohle der Stadt."

Thomas Fehling gratuliert am Wahlsonntag Anke Hofmann zur künftigen Bürgermeisterin ...Archivfoto: O|N/Gerhard Manns

O|N: Welche Dinge geben Sie Ihrer Nachfolgerin Anke Hofmann mit auf den Weg?

Fehling: "Ich habe gleich nach der Bürgermeisterwahl ein Gespräch mit Anke Hofmann geführt und mit ihr die Übergabe besprochen. Sie erhält selbstverständlich alle Einblicke in Unterlagen und kann sich natürlich bei Fragen jederzeit an mich wenden kann. Allerdings hüte ich mich, Ratschläge zu geben, auch bei Problemen und Entscheidungen, die zukünftig anstehen, wahre ich Neutralität. Eine Sache gebe ich ihr lediglich auf den Weg, und zwar - dass sie genau prüfen möge, wem sie wie stark vertraut."

O|N: In Ihrer Lollsrede holten Sie zum Rundumschlag gegen die Medien aus. Warum wählten Sie dafür dieses große Plenum, das viele schon während der Rede lautstark kritisierten?

Thomas Fehling bei seiner Feuerrede am vergangenen Montag. Archivfoto: O|N/Carina Jirsch

Fehling: "Meine Kritik an den Medien bei meiner Lollsrede haben nicht die Medien im Allgemeinen gemeint. Sondern ganz bestimmte Situationen und Verhaltensweisen, die sich in den vergangenen Jahren manifestiert haben. Dass ich es nochmal auf den Punkt gebracht habe, liegt auch daran, dass sich dies in vergangenen Wochen nicht geändert hat und es immer wieder zu Sticheleien gekommen ist. Ich bin halt ein Typ, der das dann gerade heraus anspricht und zu seiner Meinung steht. Es wird sicherlich in nächster Zeit daher noch zu Retourkutschen kommen. Meine Oma sagte, dass 'getroffene Hunde bellen.' Schauen wir mal, wer jetzt bellt."

O|N: Aus dem engsten Zirkel drangen immer wieder Interna nach außen. Wie sehr ärgert Sie das als Bürgermeister im Nachgang?

Fehling: "Ein gewisses Maß ist ganz normal, das ist in der Wirtschaft auch nicht anders, dass ab und zu etwas durchsickert. Trotzdem ist es nicht sehr professionell. Immer wieder wurden dabei Gerüchte, z.B. über meinen vermeintlichen Rücktritt, gestreut, die einfach nicht der Wahrheit entsprochen haben. Da sie allerdings aus dem engsten Kreis gekommen sind, wurden diesen Gerüchten Glauben geschenkt. Es wirkte wie eine persönliche Strategie, mich zu diskreditieren. Und das hat natürlich auch mich enorme Kraft gekostet und war eine herbe Enttäuschung."

O|N: Immer wieder wurden Sie hart angegangen in Ihrer Amtszeit. Wie sehr belastet das eine öffentliche Person wie Sie auch im Privatleben?

Fehling: "Ich habe überhaupt kein Problem, wenn die Kritik mich persönlich oder meine Arbeit betrifft. Wenn allerdings meine Familie und mein nächstes Umfeld attackiert werden, dann reagiere ich auch dünnhäutiger, weil sich so etwas einfach nicht gehört. Als Bürgermeister steht man im Mittelpunkt und da muss man damit umgehen. Wenn man allerdings dem Umfeld bewusst schaden möchte, um eine Person damit über Bande zu treffen, empfinde ich das als ungehörig."

O|N: Was planen Sie für die Zukunft? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Das Gespräch fand während des Lullusfestes im Riesenrad "Movie-Star" statt. ...

Fehling: "Ich weiß ehrlich gesagt noch überhaupt nicht, was auf mich zukommt. Fest steht auf jeden Fall eines, dass ich in diesem Jahr meinen Resturlaub nicht verfallen lassen werde. Für meine kommende Tätigkeiten gibt es schon erste Anfragen. Damit beschäftige ich mich allerdings erst, wenn die Übergabe ordentlich organisiert ist. Und es auch mal ein schönes Gefühl, nicht zu wissen, was auf mich zukommt und keinen vollen Terminkalender zu haben. Nach 30 Jahren auf der Überholspur kann ich jetzt auch mal kurz auf einen Parkplatz fahren - meiner Heimatstadt Bad Hersfeld werde ich allerdings treu bleiben." (Kevin Kunze)+++


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