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Ein Vierteljahrhundert kompetente und empathische Beratung: Moni Bracht - Fotos: Carina Jirsch

FULDA Seele der Verbraucher-Zentrale

"Ich wollte immer Menschen stark machen!" - Abschied von Monika Bracht

24.10.22 - Am 27. Oktober verlässt Monika Bracht nach einem Vierteljahrhundert die Verbraucherzentrale Hessen e.V. Länger als sie war in der Fuldaer Beratungsstelle niemand tätig. Für Monika Bracht wichtiger als die Dauer der Zeit war aber, dass es eine schöne Zeit war, in der sie viel bewirken konnte. Jutta Hamberger sprach für OSTHESSEN|NEWS mit ihr.

O|N: Liebe Frau Bracht, was war in den letzten 25 Jahren die größte Veränderung in der Verbraucherzentrale?

Bracht: Wahrscheinlich ist die größte Veränderung, dass jede/r von uns früher einen ganzen Bauchladen an Beratungsthemen hatte. Heute sind wir alle spezialisiert, es geht gar nicht mehr anders.

Die Verbraucherzentrale berät in der Fuldaer Karlstarße

O|N: Wer kommt in die Verbraucherzentrale?

Bracht: Zu uns kommen alle - alle Schichten und Altersgruppen - es ist stark vom Thema abhängig. Wir bieten eine große Palette an, von Rechtsberatung, Telekommunikation, Reiserecht, Altersvorsorge, Geldanlage und Versicherungen (z.B. Berufsunfähigkeit) bis zur Gesundheits- und Patientenberatung. Das trifft jeden!

O|N: Woran erinnern Sie sich besonders gern?

Bracht: Ich habe mich immer gefreut, wenn Frauen mit Geldangelegenheiten kamen, es war nicht so, dass immer die Männer der Haushaltsvorstand waren. Da kamen manchmal selbstbewusste, ältere Damen, die waren so klar, die haben mir sehr imponiert. Natürlich gab es auch die Ängstlichen, da war ich dann eher in der Helferrolle. Ich habe immer allen gesagt: Trauen Sie sich, ich bin da, wir stärken uns gegenseitig – ich war immer solidarisch mit den Frauen, ich habe ihnen vermittelt, wir wuppen das gemeinsam.

Ein wichtiges Beratungsthema: Abzocke bei der Partnervermittlung

O|N: Sie haben auch im Bereich Partnervermittlung beraten.

Bracht: Da habe ich einige Frauen und Männer begleitet. Eine Geschichte ist mir besonders präsent, das war eine Frau, die hatte schon Widerspruch auf den Mahnbescheid eingelegt. Wenn dann aber jemand kommt und den Mahnbescheid zurücknehmen will und mit diesem Schreiben vor deiner Wohnungstür steht und klingelt, dann bittest du den erst mal rein. Die Frau sollte eingeschüchtert werden und die Rücknahme unterschreiben. Aber sie hat den Vertreter wieder hinausbefördert und nicht unterschrieben. Das fand ich klasse.

O|N: Tough! Ich könnte mir vorstellen, dass nicht alle so reagiert haben.

Bracht: Nein, viele Frauen trauen sich nicht, in ihrem familiären Umfeld zu sagen, dass sie in einer Partnervermittlung sind. Gerade bei älteren Frauen ist es nicht so gut angesehen, dass sie sich nach einem Partner sehnen. Da war ich dann die neutrale, aber ihnen zugetane Person. Wissen Sie, da wird derartig viel Druck aufgebaut – mit so Sprüchen wie "das muss Ihnen das doch wert sein" und so. Die versuchen wirklich, die Leute in die Enge zu treiben.

O|N: Wie wichtig ist die Präventionsberatung?

Bracht: Die Leute machen immer erst etwas, wenn es weh tut. Das ist auch in der Verbraucherzentrale so. Ich war viel draußen, um grundlegende Begriffe zum Verbraucherrecht und Rechtsfragen zu vermitteln. Es ist einfach wenig Wissen da. Und viele treten nicht bestimmt genug auf. Anrufen z.B. bringt gar nichts, da kommst du kleiner aus dem Gespräch raus, als du reingegangen bist.

O|N: Wie wird sich die Arbeit in der Verbraucherzentrale zukünftig verändern?

Bracht: Es wird ganz sicher nicht mehr so persönlich bleiben. Jetzt arbeiten wir übergreifend hessenweit, es gibt viel Video- und Telefonberatung, es gibt eine kostenlose Hotline zu einfachen Rechtsfragen und eine weitere Hotline zu den steigenden Energiepreisen. Der Zugang zu uns ist niederschwelliger geworden, das ist gut und funktioniert auch. Vieles ist in die digitale Welt gerutscht, und das hat Vorteile – aber bestimmte Gruppen werden dann nicht mehr so angesprochen. Da muss man einen Mittelweg finden.

O|N:  Sie sprachen davon, dass Sie sich nun endlich den Dingen widmen können, die Sie bislang zurückstellen mussten. Was wird das denn sein?

Bracht: Ich habe eine kleine Werkstatt und arbeite gern mit Holz. Ganz generell will ich mehr Zeit fürs Lesen und Wandern, für meinen Chor und für Tai-Chi haben. Und ich bin weiter ehrenamtlich für Fair Trade aktiv. Das EU-Lieferketten-Gesetz ist mir ein großes Anliegen.

Ich habe dazu aber einen klaren Standpunkt: Ja, ich kann als Endverbraucherin auf vieles achten, aber die Politik hat den Auftrag! Das kann man nicht alles auf die Eigenverantwortung der Menschen abwälzen. Und ich möchte, dass die Stadt Fulda sich das in ihren Beschaffungen auf die Fahne schreibt. Das mit dem Kaffee haben wir schon hingekriegt!

O|N: Liebe Frau Bracht, wir danken Ihnen für das Gespräch. (Jutta Hamberger)+++


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