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Auch der Fuldaer Christoph Südfeld wollte Platz finden in dieser einzigartigen Welt. Doch ein starker Infekt und Corona machten ihm einen Strich durch die Rechnung. - Fotos: Privat

FULDA Tri Force-Athlet aus Fulda

Christoph Südfeld auf Hawaii im Bad der Emotionen. Auch er ist ein Sieger

07.11.22 - Magisch. Anziehend. Galaktisch. Beeindruckend von der Werbeindustrie in Szene gesetzt und gepusht. Keine andere Sportart lockt die Athleten so, wie es der Ironman auf Hawaii mit den Triathleten tut. Keiner, aber auch kein Sportler, kann sich davon lösen. Es ist wie eine Sucht. Seit einer gefühlten Ewigkeit ist das so. In jedem Jahr. Auch der Fuldaer Christoph Südfeld wollte Platz finden in dieser einzigartigen Welt. Doch ein starker Infekt und Corona machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Nur das Schwimmen brachte er hinter sich. Dennoch war er ein Sieger. OSTHESSEN|NEWS ließ er an seinen Gefühlen teilhaben.

Zehn Tage vor Beginn des Wettkampfs flog Südfeld nach Hawaii. Auch, um fleißig zu trainieren vor Ort. Um sich zu akklimatisieren. Da ist die brutale Hitze, bei der einem beim Laufen die Socken qualmen, die so außergewöhnlich ist, dass sie die Athleten durch ihr Flimmern ständig begleitet. Südfeld trainierte täglich: Er schwamm vor dem Frühstück, lief jeden Morgen um 7 Uhr und fuhr 90 Kilometer Rad. Plötzlich holte ihn ein Infekt ein. Drei Tage vor dem Start des Wettkampfes im berühmtesten Ausdauersport der Welt.

"Da schossen mir die Tränen in die Augen"

Südfeld hatte Fieber und musste sich am Abend ins Bett legen. "So 'ne Scheiße", dachte er sich. "Hoffentlich ist das nur ein kleiner Infekt, der morgen wieder weg ist." Doch die Realität war stärker als die Hoffnung. "Ich hatte das noch nie." Die Nacht über versuchte er, das Virus rauszuschwitzen. Schließlich wusste er: "Am Tag danach musste ich mich entscheiden." Dann die Schocknachricht. Es war Corona. Drei Tage zuvor wurde er noch negativ getestet. Und jetzt das. Unmittelbar vor dem Ironman, dessen Bedeutung viele Triathleten kaum in Worte fassen können.

"Ich wusste nicht, dass es Corona war. Ich wusste nur, dass ich Fieber hatte." Gedanken und Gefühle, die ihm von da an im Kopf rumschwirrten - sie waren ständig präsent und schienen seine Pläne zu durchkreuzen. Waren zweieinhalb, fast drei Jahre harten Trainings für die Katz? Südfelds Gefühlswelt schwamm. Von nun an badete er nicht nur im Meer, sondern auch in seinen Emotionen. "Den Wettkampf von etwa elf Stunden, den darf ich nicht machen. Und da schossen mir die Tränen in die Augen."

Südfelds Freundin: Dann schwimm halt. Gehe an den Start. Schwimme wenigstens

Der Wettkampf fängt ja vorher an, wusste er. Besser gesagt: die Vorbereitung des Wettkampfes. Zwei Tage hatte er nichts gegessen. Nichts getrunken, wegen der Erkrankung. Nahm nur Kohlenhydrate zu sich. Gedanken surrten um ihn herum. Wie ein Moskito in tropischer Hitze. Sportler, die in seiner Verfassung einen Marathon liefen, bezahlten das böse mit ihrer Gesundheit. Gut, dass seine Lebenspartnerin an seiner Seite war. Die sagte: "Dann schwimm halt. Geh an den Start. Schwimme wenigstens."

Und Südfeld schraubte am Procedere. Corona in den Gliedern, Ehrgeiz im Herzen, und der Verstand irgendwo vornweg. "Am Freitag, dem Tag vor dem Wettkampf, hab ich mein Rad abgegeben. Hab' den Chip für den Start gekriegt". Was jetzt folgte, war für den Fuldaer ein arg verkürzter Ironman auf Hawaii. Aber es war einer. 

Südfeld: Bin die 3,8 Kilometer durchgeschwommen

"Am Samstag um vier Uhr bin ich raus und zum Start des Schwimmens. Ich habe mich eingruppiert. Die Profis gesehen. Der Freundin hatte ich versprochen, die Rad-Schuhe nicht mitzunehmen." Südfeld schwamm in der Bucht von Kailua Kona. "Was ich nicht geschafft habe, das war, nach 300 Metern aufzuhören. Ich bin die 3,8 Kilometer durchgeschwommen. Die Zeit war scheißegal." Durfte er sich jetzt nicht als Sieger fühlen?

Doch Christoph Südfeld konnte nicht Radfahren. "Vom Gefühl her konnte ich. Und ich wollte auch." Doch er durfte nicht. Seine Gesundheit verbot es ihm. In diesem Moment zeigt er auf sein T-Shirt. Das trägt er an diesem Tag zum ersten Mal. "IRONMAN WORLD CHAMPIONSHIP. Kona. Hawaii" steht darauf. Der 58-Jährige ist stolz. Das spricht aus seinem Herzen. Auch wenn er es sich nicht anmerken lassen will.

2019 qualifizierte sich Südfeld. "Seitdem habe ich von Hawaii geträumt"

Wieder holt ihn ein bitterer Moment ein. Der bitterste vielleicht. Mit symbolischem Gipfel. Heute, mit etwas Abstand, kann er gut darüber sprechen. "Ich hab den Wettkampfrichtern meinen Chip geben müssen." Damit musste er offiziell sagen: Ich scheide aus. Es hieß: DNF. Do not finished. Es sind Augenblicke, die ihm so schnell nicht aus dem Kopf gehen. "Ich stand da hinten am Geländer. Ich habe die anderen starten sehen, auf ihren Rädern. Und das tat weh." Drei Jahre auf dieses Ereignis hin trainiert zu haben - und dann das. Im September 2019 hatte er sich qualifiziert in Maryland in den USA. Unter 144 Startern gab es in diesem Wettkampf nur zwei Plätze für Hawaii. Südfeld sicherte sich einen. "Seitdem habe ich vom Ironman geträumt."

Waren drei entbehrungsreiche Jahre plötzlich umsonst? Südfeld hatte kein Finisher-T-Shirt. Keine Finisher-Medaille. Er war Hessenmeister, Sprint-Weltmeister, startete in seinem "bombastischen Jahr 2019" bei drei 70.3-Triathlon-Wettbewerben, qualifizierte sich im türkischen Antalya, für die WM in Nizza, führte den Teamwettbewerb ein bei Tri-Force, bei dem er sieben Jahre Erster Vorsitzender war, und führte den Verein von der dritten bis in die erste Hessenliga. Um Jahre später auf Hawaii mit leeren Händen dazustehen.

Das Spezielle am Ironman - "The Best of the Best"

Das Besondere am Hawaii-Ironman, seine spezielle Aura - das ist schwer in Worte zu fassen. "Dort sind the Best of the Best", strahlen Südfelds Augen, als wären sie öfter auf der US-Insel. "Es gibt allein 39 Rennen, bei den man sich qualifizieren kann. Wenn ich trainiert hab' auf der Rolle, hab ich YouTube-Videos gesehen. Er sah, wie die Athleten, besonders die auf dem Podest, aussahen, sah deren Gesicht, fragte sich, welchen Charakter die wohl haben. Der Fuldaer sagte zu sich, wie bekloppt man sein müsse, wie ehrgeizig.

"Die trainieren 25 Stunden pro Woche. Stehen morgens regelmäßig um vier Uhr auf, laufen eine Stunde, gehen dann zur Arbeit - damit sie später Rad fahren können." Das ist nicht so ganz Südfelds Welt. "Als ich das gehört habe, wie professionell die sind - wenn ich das sehe, dann haben die 'ne ganz bestimmte Meise." So ein bisschen hat er die auch. Bedenkt man, dass allein sein Rad 6.500 Euro gekostet hat. "Und auf Hawaii stand es da. Ganz allein in der Wechselzone. Und als der letzte Schwimmer durch war, durfte ich mein Rad rausschieben." Es schmerzt noch immer.

Südfeld will in sich rein horchen: Will ich das wieder?

Ob er den Ironman auf Hawaii noch einmal in Angriff nehmen und ihn dann beenden möchte? "Das ist noch zu früh, um das zu sagen. Wenn ich sehe, was die Starter für Opfer bringen. Was sie hineinstecken und investieren. Im Moment kann ich es mir nicht vorstellen." Er müsse jetzt in sich rein horchen und sich prüfen: Will ich das wieder?" (wk) +++


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