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Die Erinnerung lebendig halten: Rhöner Hörkalender mit Mundart-Anekdoten
24.11.22 - Was ist ein Rhönbomber? Was heißt es, in die Würscht zu fahren? Der Rhöner Hörkalender, der ab dem 1. Dezember genau wie ein klassischer Adventskalender jeden Tag ein Mundart-Türchen online öffnet, lässt Einheimische selbst die dollsten Anekdoten erzählen.
Anfang 2018 wurde das "Regionale Innovationszentrum Gesundheit und Lebensqualität Fulda" der Hochschule Fulda gegründet. Im Rahmen der Bund-Länder-Initiative "Innovative Hochschule" wird es als eines von bundesweit 29 Vorhaben gefördert. Das Ziel: Forschungsergebnisse zu Gesundheit, Ernährung, Lebensqualität und sozialer Nachhaltigkeit liefern, indem die Menschen selbst einbezogen werden. Podcasts, früher hätte man gesagt: Hörspiele, sind für Senioren ein guter Weg, Teilhabe im Internet zu lernen. Hier kommt der Rhöner Hörkalender ins Spiel.
"Der Rhönbomber ist das multifunktionalste Stück Wäsche, was je erfunden wurde. Nachdem es jahrelang getragen wurde, konnte damit auch noch geputzt werden." Der frühere Bürgermeister von Hofbieber, Eberhardt Lauer, gibt gleich mehrere Anekdoten und Gedichte bei der Präsentation des Hörkalenders zum Besten. Neben der Unterwäsche für Frauen, dem "Rhönbomber", wird die Gangolfskapelle auf der Milseburg gewürdigt, Heiteres wechselt sich ab mit Tristem: Die harte Realität des Lebens in der Rhön vor gar nicht allzu langer Zeit wird deutlich, wenn beschrieben wird, wie Kinder zum Weihnachtsfest um eine Apfelsine buhlen mussten.
"Gesundheit ist schön, aber Mundart ist schöner!"
"Wir haben uns seit März dieses Jahres zweiwöchentlich getroffen, um die schönsten Anekdoten zusammenzutragen. Wir, das sind zum einen der Verein 'Miteinander Füreinander Oberes Fuldatal', zudem die Mundartgruppen Gersfeld und Weyhers des Rhönklubs als auch die Hochschul-Projektkoordinatoren. Es geht darum, soziale Gesundheit zu fördern: Historisches, Kultur aus der und für die Rhön, gesammelt von den Menschen selbst, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, deswegen meistens auf Platt", erklärt Ute Weber, Projektkoordinatorin von RinkA (Regionale inklusive Bewegungs-, Sport-, Gesundheits- und Freizeitangebote) an der Hochschule Fulda. Zusammen mit Susanne Behr von "Miteinander Füreinander Oberes Fuldatal" steht sie für den Hörkalender ein, pragmatisch umgesetzt unter dem Motto "Gesundheit ist schön, aber Mundart ist schöner!"Edgar Röder aus Wüstensachsen lebt auf, als er erzählt, wie es früher war, in die "Würscht zu fahren": Wenn geschlachtet wurde im Dorf, das war wie ein Feiertag, alle konnten sich es gut gehen lassen, wenigstens für einen Tag. "Es ist ein Adventskalender, deswegen steht natürlich Vorweihnachtliches im Fokus, auch Handwerksbräuche aus der Region kommen unter. Die Idee dahinter ist, dass das Vertrautwerden mit dem Format Podcast dazu führt, dass die Senioren im Internet aktiver sind, etwa das Angebot der Tagesschau oder anderer in dem Bereich nutzen", so Weber.
"So viele Mundarten wie Ortschaften"
Auch Mundartpromi Michael Bleuel alias Franz Habersack ist beeindruckt vom Projekt: ""Grundsätzlich gibt es in der Rhön so viele Mundarten wie Ortschaften. Ich komme aus Hofbieber, für mich ist das Platt dort normal. Drei Dörfer weiter wird schon wieder anders geschwätzt. 'Wo willste das Hö hi ho?', das verstehen noch viele. Und damit nicht nur das Platt nicht ausstirbt, sondern auch die Sprecher jung bleiben, wird sich hier ausgetauscht. Am Ende kann man alles im Kalender anhören. Besser geht's nicht!"
Ab dem 1. Dezember gibt es die Episoden auf Spotify zu hören, weitere Informationen unter https://hs-fulda.de/hoerkalender (Marius Auth) +++