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Dabei zeigte sich, dass sowohl Acker-, als auch Grünland-, Wald- und Weinbaustandorte mit dem Desinfektionsmittel belastet waren. - Symbolfoto: O|N/Carina Jirsch

REGION Die Corona-Pandemie und ihre Folgen

Schockierende Entdeckung: Desinfektionsmittel in hessischen Böden

04.12.22 - In Pandemiezeiten waren und sind sie unentbehrlich und allgegenwärtig: Desinfektionsmittel. Doch wie wirkt sich der massenhafte Gebrauch auf unsere Umwelt aus? Dieser Frage ist nun ein gemeinsames Forscherteam der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen und des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) auf den Grund gegangen.

In einer breit angelegten Studie untersuchten sie das Vorkommen wichtiger Wirkstoffe von Desinfektionsmitteln und Tensiden in hessischen Böden. Das Ergebnis: In 97 Prozent der 65 untersuchten Bodenproben konnte Desinfektionsmitteln nachgewiesen werden. Dabei zeigte sich, dass sowohl Acker-, als auch Grünland-, Wald- und Weinbaustandorte mit dem Fremdstoff belastet waren. Die Gehalte der Desinfektionsmittel überschritten teilweise Werte von 1 mg kg-1 – und liegen damit zwei bis drei Größenordnungen oberhalb von Gehalten, wie sie für Arzneimittel und Antibiotika in Böden nachgewiesen wurden.

Gefährlich und kritisch

Problematisch an dem Vorkommen in der Umwelt ist, dass sie Antibiotikaresistenzen verursachen können. Eine Verbreitung dieser Desinfektionsmittelgruppe in Böden ist deshalb kritisch zu sehen und könnte – wie der missbräuchliche Einsatz von Antibiotika – das Problem der Antibiotikaresistenzen zusätzlich verschärfen. Aktuelle Vorhersagen gehen davon aus, dass bereits im Jahr 2050 jährlich zehn Millionen Menschen weltweit durch antibiotikaresistente Keime sterben werden.

Da die Stoffgruppe analytisch nur schwer zugänglich ist, steht die Forschung zu deren Verbreitung und Effekten in Böden noch ganz am Anfang. In einer an der JLU betreuten Doktorarbeit konnte gezeigt werden, dass vor allem Böden, die regelmäßig durch Hochwasser der Flüsse Rhein und Main überschwemmt werden, stark mit den Stoffen kontaminiert sind. Überraschend war hierbei, dass es selbst in Waldböden nachgewiesen werden konnten, obwohl ein unmittelbarer Eintrag durch Überschwemmungen oder beispielsweise über Gülle-, Klärschlamm- oder Pestizidausbringung wie auf landwirtschaftlichen Flächen in Wäldern allgemein nicht gegeben ist.

Auch im Vogelsberg

Die Untersuchungsstandorte liegen unter anderem in den Landkreisen Marburg-Biedenkopf, Gießen, der Wetterau, dem Vogelsberg, Kassel und dem Raum Frankfurt. Die Mehrheit der Bodenproben wurde durch das HLNUG zur Verfügung gestellt und ist Teil des umfangreichen Probenarchivs der hessischen Bodendauerbeobachtung. Finanziert wurde das Projekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Ob und in welcher Weise die teils sehr hohen Gehalte in hessischen Böden zu Resistenzen in Mikroorganismen und Pathogenen beitragen, ist noch nicht bekannt. Alle Ergebnisse sind im Fachmagazin "Science of the Total Environment" publiziert und können unter https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.159228 eingesehen werden (dort auch eine Karte von Hessen mit allen beprobten Standorten und gemessenen Gehalten). (nb/pm) +++


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