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Innerhalb weniger Tage wurde in Alsfeld ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge errichtet. - Archivfotos: O|N / Luisa Diegel

REGION VB Forderungen an Bund und Länder

Hitzige Flüchtlingsdebatte im Kreistag: "Das System droht, zusammenzustürzen"

13.12.22 - Über 100 zusätzliche Flüchtlinge sind im vergangenen Monat im Alsfelder Ankunftszentrum angekommen. Schon jetzt kommt der Vogelsbergkreis damit an seine Grenzen - finanziell und personell. Deshalb stellte die Koalition von CDU und SPD am Montag einen Antrag im Kreistag, betreffend einer Resolution zur aktuellen Flüchtlingssituation im Vogelsberg

"Wie Sie wissen, mussten wir kürzlich eine Notlösung durch ein Containerdorf in Alsfeld schaffen. Die dort entstandene Kapazität dürfte in wenigen Wochen erschöpft sein. Die Finanzierung dieser bundes- und landesgesetzlich geregelten Pflichtaufgabe ist indes bis dato nicht annähernd hinreichend geregelt. Auch die angekündigten Entlastungen, die in den verschiedenen Bund/Länder-Konferenzen vereinbart wurden, werden die Mehraufwendungen nicht decken", hatte Vize-Landrat Dr. Jens Mischak bereits zuvor bei der Haushaltsrede den Kreis informiert

"System droht, zusammenzustürzen"

Die Koalition von CDU und SPD forderten nachträglich mit einem Antrag, dass Bund und Länder in Sachen Flüchtlinge den Druck von den Kommunen nehmen müssen. Dass Menschen, die die Voraussetzung zur Anerkennung als Flüchtling erfüllen, einen Anspruch auf Aufnahme und Schutz haben, sei richtig und wichtig und solle mit dem Antrag auch nicht infrage gestellt werden. "Aber zu einer verantwortungsvollen Politik gehört zu sagen, was los ist", so Patrick Krug von der SPD. "Und wir stehen an dem Punkt, wo das System droht, zusammenzustürzen." Deshalb seien Bund und Länder gefordert, zu handeln. 

Allein der Vogelsbergkreis hat in diesem Jahr über 1.500 Geflüchtete aufgenommen und kommt damit an die Grenzen des Machbaren und seiner Aufnahmekapazität. "Das gilt sowohl hinsichtlich Unterbringungsmöglichkeiten, die kaum noch zu finden sind, als auch des für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung geflüchteter Menschen notwendigen Personals und der hohen erforderlichen finanziellen Mittel."

Forderungen an Bund und Länder 

Die Koalition forderte in dem Antrag, ein Kollabieren des Systems zu verhindern, indem der Druck eines weiteren massiven Zustroms von den Kommunen genommen wird: "Wir fordern Bund und Länder auf, deutlich lenkend und begrenzend in die derzeitige Situation einzugreifen und für eine europaweite Verteilung Geflüchteter Sorge zu tragen. Zudem sind Bund und Land gefordert, kurzfristig eigene Aufnahmekapazitäten zu schaffen und für deren Betrieb die Verantwortung zu übernehmen", heißt es im Antrag der Koalition.

Außerdem müsse die Regierung die großen Anstrengungen der kommunalen Ebene anerkennen. "Hierzu gehört, die enormen Kosten, welche dem Vogelsbergkreis durch die sicherzustellende Unterbringung, Versorgung und Betreuung geflüchteter Menschen entstehen, vollständig auszugleichen."

Neben der Großen Koalition sahen das auch die Fraktionen von Linke und Grünen so - diese störten sich allerdings an der Formulierung des Antrags. "Worte wie "Kollabieren des Systems" oder "massiver Zustrom" sind Formulierungen, die Ängste wecken. Man sollte anstatt von Kollabieren von Überlastung sprechen und dass deutlich lenkend eingegriffen werden soll", erklärten Grünen. Dem stimmten auch die Linken zu, sprachen von "sprachlichen Entgleisungen".

AfD fordert Aufnahmestopp

Darüber hinaus hatte die AfD-Fraktion in einem weiteren Antrag einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge gefordert, zudem die Rückführung von ausreisepflichtigen Personen. "Wir wissen nicht, wer zu uns kommt. Die Kommunen sind überfordert", so Gerhard Bärsch. Für ihn sei es mehr als naiv zu glauben, dass es dem Bund gelinge, Flüchtlinge fair europaweit zu verteilen. "Wenn Sie das glauben, glauben Sie wohl noch an den Weihnachtsmann." In diesem Zusammenhang zählte Bärsch Taten in den vergangenen Monaten auf, die von Geflüchteten begannen wurden. "Und morgen könnte es Alsfeld, Lauterbach oder Schotten sein." Für Michael Riese von den Linken sei dies üble Hetze, "die will ich entschieden zurückweisen".

Die Stimmung im Kreistag schaukelte sich mehr und mehr hoch. Landrat Manfred Görig war sogar "erschüttert" über die Redebeiträge "von links und rechts". Er machte noch einmal klar, dass das System so nicht weiter funktioniere. "Weil wir nicht in der Lage sind, noch mehr Menschen unterzubringen und zu versorgen. An dieser Stelle muss man das auch sagen dürfen und sich vom Rechts-Links-Denken verabschieden", verdeutlicht er. "Wir müssen in der Lage sein, ein Problem zu diskutieren. Wo sind wir denn gelandet, wenn wir nicht mehr offen darüber sprechen können, was richtig und was falsch ist?"

"Müssen Kante zeigen"

Dem schloss sich auch Lars Wicke von den Freien Wählern an. "Die Grenze ist erreicht, für viele gar überschritten. Die Menschen haben Angst - und diese Stimmung müssen wir hier auch in den Kreistag bringen." Eigentlich habe die Fraktion dem Antrag der AfD folgen wollen, "die Begründung war uns aber zu scharf". Dennoch: "Die Überlegungen der Koalition sind zu weich gewaschen. Wir sind an einem Punkt, wo wir Kante zeigen müssen. Wo will der Landrat denn hin, wenn die Grenze überschritten ist?", so Wicke abschließend. 

Am Ende der Debatte wurde nur der Antrag der Koalition zugestimmt. Die Änderungsanträge von AfD, Linken und Grünen wurden abgelehnt. (ld) +++


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