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Christina Lander ist Autorin bei OSTHESSEN|NEWS für die Serie "Nachgedacht" - Foto: O|N-Archiv / Hendrik Urbin

REGION Von Christina Lander

Nachgedacht im Januar: Von einem seltsamen Neujahrswunsch

01.01.23 - "Frohes neues Jahr!", rufen wir uns um Punkt zwölf an Silvester zu! Wann haben Sie denn vor wenigen Tagen noch "Frohe Weihnachten" gewünscht? Bereits morgens am 24., im Verlauf des 25. oder sogar erst am 26.? Am Heiligabend stellte ein Familienmitglied von mir fest, sie sei davon irritiert, schon morgens "Frohe Weihnachten" zurückwünschen zu müssen. Das sage man doch erst am Heiligabend und nicht am Morgen. Und komischerweise wolle das am 26. niemand mehr hören. Tatsächlich liegt hierin doch der interessante Punkt: Halten wir Weihnachten nicht mehr nach dem 24. "aus"? Warum sind an Silvester schon so viele Bäume verschwunden und spätestens bis zu dem Ankommen der Könige schon die letzten Reste entfernt?

Ganz ohne Wertung: Das Weihnachtsfest wird durch viele neue Trends und Einflüsse bereits so sehr in die Adventszeit verlagert, dass viele dann tatsächlich nach dem 26. nur noch wenig Lust darauf haben. Die Adventszeit, eine klassische Zeit der Vorfreude, wird in ihrem Charakter unterwandert, viele Weihnachtsbräuche werden schon ausgeübt, wie den Tannenbaum sehr zeitig aufzustellen. Dass das Weihnachtsfest beziehungsweise sein Festkreis bis zum 2.2., Mariä Lichtmess, andauert, wissen nur noch wenige. Die Nadeln der meisten Bäume wären wohl auch schon lange abgefallen. Für viele beginnt nach Silvester bereits die Fastnacht. Andere sind einfach froh, dass das neue Jahr begonnen hat. Also klassisch fast den ganzen Dezember Advent, den kompletten Januar dann noch Weihnachten feiern? Für viele undenkbar.

So sind die Zeiten eben, man kann das einfach so akzeptieren oder Schlüsse daraus ziehen. Und für mich leitet sich daraus ein wohl seltsamer Neujahrswunsch ab: Ich möchte einmal Langeweile haben. Da sich alles um mich herum so schnell bewegt, so rastlos ist, so im Überholmodus, möchte ich einmal dasitzen und Stille aushalten. Dass einem Menschen langweilig ist, wird in unserer Gesellschaft ja fast ausnahmslos als kritisch bewertet. Reaktionen könnten lauten: "Hast du nichts zu tun? Meine Liste ist so lang, das könnte ich mir nicht leisten." Ja, Langeweile kann auch nerven, wenn man keine Ideen hat, etwas mit sich anzufangen. Mir geht es dabei eher darum, eine "lange Weile des Nichtstuns" auszuhalten und sie zu nutzen. Denn was bringen all die Arbeit, all der Fleiß, all das Streben, wenn wir es nicht zu würdigen wissen? Es ist einfach nicht empfehlenswert, Zeiten der Pause, der Vorfreude und Ruhe zu überspringen. Auch wenn um uns herum alles schreit, noch schneller und noch effektiver zu sein.

In den Bergen stehen Hütten für Wanderer bereit, die eine Pause brauchen. Auf dem Weg zu den spektakulärsten Orten unserer Welt, die uns ganz nah zum Himmel bringen, muss man Pausen machen. Hektik wäre gerade hier fatal. Unser Leben gleicht ja immer wieder einer großen Bergbesteigung, wir wollen auf etwas hinstreben, zu einem größeren Ziel als uns selbst kommen. Das geht aber nur, wenn wir es aushalten, dass es auch Weilen gibt, in denen wir uns sortieren und pausieren. Dann geht's mit frischem Geist und Körper doch gleich viel besser zum Ziel. Ein Leben ohne Pausen ist eben wie ein langer Weg ohne Rasthäuser. (Christina Lander) +++


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