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Als Deutschland noch getrennt war: Blick von Philippsthal nach Vacha Mitte der 1960er-Jahre. - Foto: O|N - Archiv

REGION Damit die Erinnerung bleibt

Erzählen Sie Ihre Geschichte: Point Alpha-Akademie sucht Zeitzeugen

16.01.23 - "Man müsste doch mal die Alten fragen"! Diesen Satz vernimmt man des Öfteren in so mancher Diskussion. Oft verstreicht die Zeit, ohne dass jemand fragt. In der Gedenkstätte Point Alpha läuft derzeit ein Projekt, das die Erinnerungen der Menschen dies- und jenseits des früheren "Eisernen Vorhangs" bewahren will. OSTHESSEN|NEWS hat nachgefragt, was es mit dem Ganzen auf sich hat.

Auskunft gibt Marion Stopfinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin des Projektes. Die Federführung und Koordination liegt in den Händen der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ).

Zur Person

Stopfinger wurde  1987 in München geboren und ging nach dem Abitur nach Graz zum Studieren. "Ich habe einen MA in Soziologie und habe dann ab 2017 bis 2022 als Dozentin/wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz gelehrt". Ihre Forschungsschwerpunkte sind Krieg, Gewalt und qualitative Sozialforschung. Seit  15. September 2022 ist sie bei Point Alpha für das Zeitzeugen-Projekt angestellt

Projektleiterin Marion Stopfinger. Foto: Point Alpha-Stiftung

Kurz nach Grenzöffnung: Menschen aus dem benachbarten Thüringen am Fuldaer Stadtschloss, ...

Mit dem "Zeitzeugenmemorial" will die Point Alpha Stiftung ihre Arbeit für die Erinnerungskultur intensivieren. Kern der Unternehmung ist eine Serie von gefilmten Gesprächen und Interviews, in welchen Bürgerinnen und Bürger aus der hessischen oder thüringischen Region Episoden aus ihrem Leben im Kontext der deutsch-deutschen Grenzgeschichte preisgeben. Auf die Frage, was die Verantwortlichen bewogen hat, das Projekt zu starten, sagt Stopfinger: "Der Handlungsbedarf ergibt sich schlicht und ergreifend aufgrund der Tatsache, dass die Zeitzeugengeneration, die authentisch und wirkungsvoll über die Zeit der SED-Diktatur berichten kann, ausstirbt".

Welche Erwartungen verknüpft sie mit dem Vorhaben? "Wir haben weniger Erwartungen, als vielmehr den Wunsch, dass sich viele Personen melden, die wir noch nicht erreichen konnten. Es gab bereits zahlreiche Meldungen über die Weihnachtsfeiertage und im Neuen Jahr, auch konnten schon erste vertiefende Vorgespräche geführt werden".

Bundesgrenzschützer im Dienst.

Für so manchen Zeitzeugen dürfte es vielleicht nicht einfach sein, sich und seine Erinnerungen öffentlich darzulegen. Vielleicht spielen auch "Schwellenängste" eine Rolle. Dazu die Projektverantwortliche zu O|N:  "Ich würde weniger von Ängsten sprechen als vielmehr von einer gewissen Überwindungsarbeit, die man leisten muss, um mit jemand Fremden über teilweise sehr persönliche, schambesetzte und auch traurige Erinnerungen zu sprechen. Manchmal liegt aber auch genau in dieser Distanz zum Interviewer die Chance für die Zeitzeugen, frei von der Leber weg, ohne Beschönigung von ihren Erlebnissen zu berichten. Auch stellt es sich oftmals so dar, dass die Zeitzeugen sich nicht für ein Interview melden, weil sie das Gefühl haben, ihr Leben sei nicht erzählenswert oder gar spannend genug".

Dabei gibt es übrigens keinen Zeitrahmen, "denn es ist ein langfristig angelegtes Projekt, dass es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Zeitzeugeninterviews wissenschaftlich aufzubereiten und der Öffentlichkeit, insbesondere der jüngeren Generation, dauerhaft zugänglich zu machen".

Und so wird's gemacht

Die Video-Sequenzen werden zumeist in einem Studio im US-Camp der Gedenkstätte aufgezeichnet. Die Zeitzeugen werden auf ihrer erzählerischen Reise von den geschulten Mitarbeitern der Point Alpha Stiftung begleitet. Die Atmosphäre bei den Frage-Antwort-Situationen ist locker und entspannt.

Hessische Zeitzeugen sollen Bezug zum ehemaligen hessisch-thüringischen Zonenrandgebiet haben.  Hierbei sollen Erinnerungen von Hessen über den Alltag in den ehemaligen Zonenrandgebieten zum Tragen kommen oder solche von ehemaligen US-Soldaten oder BGS-Beamten.
Wie waren die Auswirkungen der Sperranlagen auf das Leben, wie hat man den Kontakt zu Verwandten oder Freunden in der DDR aufrechterhalten?   Welche Vor- oder Nachteile hatte man als Unternehmer oder Arbeitnehmer? Es stehen zudem die Bedeutung der "Zonenrandgebiete" – auch als touristisches Ziel -, die Grenzöffnung 1989 und die folgenden Veränderungen im Fokus.

Personen aus Thüringen können beispielsweise darüber sprechen, wie das Dasein im Sperrgebiet ablief.
Wie es ihren Familien erging, wie Schulfreunde mit ihnen umgingen, wie die Gesellschaft funktionierte oder welche Form von Repressalien sie erlebten. Die Berichte der Zeitzeugen und ihr individuelles Erleben sollen inhaltlich ein möglichst breites Spektrum der Wirklichkeit abdecken. 

Am Ende sollen die gesammelten Unterlagen dabei helfen, das Unvorstellbare vorstellbar zu machen. Es soll ein virtuelles Memorial entstehen, das Erinnerungen festhält, aufbereitet und publik macht. Es soll zum integralen Bestandteil der digitalen Strategie der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung werden. Wichtige Zielgruppe des Projekts sind insbesondere Schüler, Jugendliche und junge Erwachsene. Es zielt jedoch auch auf Multiplikatoren, wie zum Beispiel Lehrer, sowie ein allgemeines Publikum ab.

Infos und Kontakt

Stopfingers Appell: "Melden Sie sich und erzählen Point Alpha ihre Geschichte".
Zeitzeugenmemorial Marion Stopfinger, Telefon 036967/5964272, E-Mail: [email protected], Point Alpha Stiftung, Schlossplatz 4, 36419 Geisa. (Bertram Lenz) +++


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