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Vor 70 Jahren "erfand" der frühere Polizei-Chef Gerd Rupperti die Schülerlotsen
30.01.23 - Alle Eltern kennen das: Wenn die Kinder eingeschult werden, ist nicht nur die Freude über den neuen Lebensabschnitt der Sprösslinge groß, es wächst auch die Sorge, ob die ABC-Schützen auch heil in der Grundschule ankommen, denn die Gefahren des Straßenverkehrs gerade für die Jüngsten sind groß. Zum Glück aber gibt es Schülerlosten, die die Erstklässler vor und nach dem Unterricht sicher über die Straßen geleiten – und das bereits seit 70 Jahren.
Es war der frühere osthessische Polizeidirektor Gerd Rupperti (1914-2015), der im Januar 1953 erstmals Schülerlotsen in Deutschland einführte – nämlich in Fulda. Einmal mehr erweist sich das Archiv von OSTHESSEN|NEWS als wahre Fundgrube, denn kurz vor Ruppertis 100. Geburtstag im Jahr 2014 hatten der inzwischen verstorbene O|N-Gründer Martin Angelstein und der heutige Chefredakteur Christian P. Stadtfeld im Wohnstift Mediana Gelegenheit, mit dem "Schülerlotsen-Erfinder" zu sprechen. Das Video von damals ist ein hochinteressantes Zeitdokument, das wir unseren Leserinnen und Lesern an dieser Stelle nicht vorenthalten möchten.
Die Idee für die Schülerlotsen brachte Gerd Rupperti Anfang der 1950er Jahre von einer dreimonatigen Dienstreise in die USA mit, wo er sich – passenderweise beim Sheriff einer kleinen Stadt – das "System traffic boys" abschaute. Den Gedanken, die kleinen Fußgänger durch jugendliche Helfer auf ihrem Schulweg schützen zu lassen, ließ den damaligen "Polizeikommandanten" nicht mehr los, und schon im August 1952 machte er bei Oberbürgermeister Dr. Cuno Raabe eine Eingabe zur "Einführung eines Schülerverkehrsdienstes an den städtischen Volksschulen".
Einer der ersten Schülerlotsen in Fulda war Fastnachts-Urgestein Günther Elm
Im Januar 1953 war es dann soweit, und das Pilotprojekt startete in Fulda an sieben Schulen und nur mit Jungen ab 13 Jahren – einer davon war übrigens Günther Elm, der später zum Urgestein der Fuldaer Foaset werden sollte und im letzten Jahr verstorben ist.Drei Jahre später kamen Kreiskommunen wie Großenlüder, Tann und Petersberg dazu, und ab 1958 durften auch Mädchen die gestreiften Umhänge tragen und die Kelle schwingen. Seinen Höhepunkt erlebte der "Schülerlotsendienst" zur Zeit des Wirtschaftswunders Mitte der sechziger Jahre: Elf Schulen machten damals mit.
Bis heute sind die Schülerlotsen, mancherorts auch Verkehrshelfer genannt, wichtiger Bestandteil im Alltag.
Da immer mehr Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs seien und dadurch das Erkennen von Gefahren im Straßenverkehr für junge Schülerinnen und Schüler mitunter schwieriger wird, genieße der Einsatz von Schülerlotsen nach wie vor einen hohen Stellenwert, so Bug.
Das "Fuldaer Modell" von Gerd Rupperti für mehr Sicherheit auf dem Weg zur Schule fand zahllose Nachahmer in allen Bundesländern. Und zeit seines Lebens war er auf eines ganz besonders stolz: Seit sich seine Idee verbreitete, hat es an den von Schülerlotsen gesicherten Überwegen niemals mehr tödliche Verkehrsunfälle gegeben. (Matthias Witzel) +++