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Peter Robergs derzeitige Wirkungsstätte ist im Kloster Frauenberg. Dort verbringt der 18-Jährige ein Klosterjahr. - Fotos: Christopher Göbel

FULDA Ein Teenager im Kloster

Zeit für Glaube und Gebet, aber auch für das ganz normale Leben

28.01.23 - "Hinter hohen Klostermauern hat der Glaube sich verschanzt" heißt es im Fuldaer Musical "Die Päpstin". Abt Rabanus hadert in dem Lied mit dem Klerus des Mittelalters. Dass das Leben im Kloster heute ein ganz anderes ist, lernt der 18 Jahre alte Peter Roberg derzeit bei den Franziskanern am Fuldaer Frauenberg kennen. Er verbringt dort ein Klosterjahr mit den Brüdern und ist Teil der Konvents-Gemeinschaft.

"Hallo", empfängt er mich an der Klosterpforte. Wir gehen durch die Gänge des Klosters in den Lesesaal, in dem auch ein Fernseher steht. "Meine Familie ist gläubig", sagt der 18-Jährige. Er kommt aus Kempen am Niederrhein. "Nicht zu verwechseln mit Kempten im Allgäu", schmunzelt er.

Doch schon früh zieht es ihn von zu Hause weg: "Ab der 7. Klasse war ich in einem Internat in Meißen." Dort macht ihn sein Religionslehrer, ein angehender Priester, auf das Klosterjahr aufmerksam. "Das könnte etwas für dich sein." Der Gedanke, eine gewisse Zeit in einem Kloster zu verbringen, verfestigt sich. "Ich habe mich im Internet informiert, welche Klöster das anbieten", erzählt der junge Mann. Fulda habe ihm auf Anhieb gefallen. 

Der Meditationsraum ist einer seiner Lieblingsplätze im Kloster.

Der Weg zum Kloster auf dem Frauenberg. "In der Stadt unten ist man schnell. Aber der ...

Er ist auch für den Service für die Tagungsgäste zuständig.

Das Jahr im Kloster am Frauenberg ist nicht seine erste diesbezügliche Erfahrung. "Ich habe auch während der Schulzeit schon an Exerzitien in einem Kloster teilgenommen." Und zur Abiturvorbereitung verbringt er zwei Wochen im Fuldaer Konvent. "Die Ruhe hier war ideal dafür." So lernt er auch die acht Franziskanermönche kennen, die inzwischen wie seine Familie geworden sind. "Wegen des Internats ist das Gemeinschaftsleben nicht neu für mich", sagt der 18-Jährige, der als Gast auch den kürzlichen Jahreswechsel auf dem Frauenberg verbracht hat.

Klosterjahr und Antoniusjahr

Peter verbindet das Klosterjahr mit dem Antoniusjahr, wie der Bundesfreiwilligendienst bei "Antonius - gemeinsam Mensch" in Fulda heißt. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Betreuung der Besucher und der Zimmerservice im Gästehaus, Hilfe beim Dienst an der Klosterpforte, Essensausgabe und die Vorbereitung von Tagungen. Die Seminare des Bundesfreiwilligendienstes finden meist bei Antonius statt, wo er auch regelmäßig auf die anderen "Antoniusjährler" trifft.

Auf der Rückseite gibt es wirklich hohe Klostermauern.

"Der Glaube ist ein elementarer Teil meines Lebens", sagt Peter. "Er gibt mir Kraft, Sicherheit und Hoffnung." Im Kloster findet er Zeit für Gott. Der Meditationsraum, den er mir zeigt, bietet ihm die Möglichkeit, ganz für sich mit Gott zu sprechen. Dort ist noch eine Krippenszene aufgebaut, die Beleuchtung lässt sich individuell steuern, sodass er die Lichtstimmung an seine Bedürfnisse anpassen kann. Er zieht die Schuhe aus, ehe er diesen Raum betritt. Mit den Brüdern nimmt er an den Gebetszeiten teil. Mit ihnen kann er auch über Gott sprechen. "Ich bin hier zu nichts verpflichtet, nehme aber an vielen Aktivitäten im Kloster teil. Wir essen abends zusammen und unterhalten uns", erzählt er.

Doch sein Leben spielt sich nicht komplett zwölf Monate hinter den Mauern des Franziskanerklosters ab. "Ich spiele Posaune und bin Mitglied im Musikverein Harmerz", erzählt Peter. Er möchte demnächst Handball oder Fußball spielen. "Oder beides", schmunzelt er. Manchmal bekommt er Besuch von Freunden und Familie. "Meine Freunde waren damals überrascht, dass ich das wirklich mache", sagt Peter. "Aber ich habe nur positives Feedback bekommen." Auch seine Familie unterstützt ihn.

Blick vom Frauenberg über Fulda.

Die Klosterkirche am Frauenberg.

Manchmal fährt er mit seinem Auto zu Freunden, manchmal verbringt er den Abend in Fuldas Innenstadt, auch mal im sogenannten Bermuda-Dreieck. Im Fuldaer Franziskaner-Konvent gehe es "eher liberal" zu. "Hier sind alle total weltoffen." In anderen Klöstern könne es aber auch strenger sein. "Ich gehe vielleicht nicht so oft feiern, wie andere in meinem Alter. Aber ich feiere trotzdem gerne", sagt er mit einem Lächeln. Auf die Fastnacht freut er sich besonders. Denn als gebürtiger Niederrheiner liegt ihm der Karneval im Blut.

"Hier gibt es auch WLAN"

In seiner Freizeit liest er viel oder schaut Filme auf seinem Laptop oder Handy. "Hier gibt es auch WLAN", sagt er. Und er hört gerne klassische Musik, am liebsten Antonin Dvorak. "Ich bin am Überlegen, ob ich in einen Chor hier in Fulda gehe." Aber auch Musik der aktuellen Charts hört er manchmal. "Momentan habe ich keine Freundin. Aber soweit ich weiß, dürfte ich auch hier im Kloster eine haben", sagt er lachend.

Peter verbindet das Klosterjahr mit dem Antoniusjahr.

Zum Fotografieren laufen wir über zahlreiche Treppen und durch viele Flure. "Ich habe mich am Anfang schonmal hier verlaufen", sagt Peter. Inzwischen passiert ihm das nicht mehr. Er zeigt mir die Orgel-Empore der Klosterkirche. "Orgel spielen kann ich nicht, wenn ich auch schonmal darüber nachgedacht habe", sagt Peter. Ich frage ihn, ob er sich vorstellen könne, irgendwann zum Mönch zu werden. "Es ist eine Option", antwortet er. Doch zunächst möchte er klassische Archäologie studieren. "Die Antike, vor allem die römische Antike, fasziniert mich." Dazu will er nach Köln oder Bonn an die Universität. Und ob er sich irgendwann dazu entscheidet, den Rest seines Lebens im Kloster zu verbringen, wird sich zeigen. "Vielleicht möchte ich doch irgendwann eine Familie haben", sagt der 18-Jährige.

Peter in seinem Zimmer unter dem Dach. "Für mich ist das hier purer Luxus", sagt er. ...

Unterwegs zum nächsten Foto öffnet sich eine Tür, und einige Tagungsteilnehmer strömen zum Kaffee-Buffet. "Machen Sie jetzt schon Pause?", fragt Peter. Jetzt muss es schnell gehen, denn der bestellte Kuchen muss aus dem Kühlschrank geholt werden. Peter eilt in die Klosterküche, und kaum ist der Kuchen angerichtet, wird er von der Tagungsgruppe auf die Teller geschaufelt.

Peter bringt mich noch zur Pforte. Wir verabschieden uns voneinander. Er hat mein Wissen über das Leben in einem Kloster, welches ich nur aus Büchern und Filmen kenne, um einige Punkte erweitert. Ich muss feststellen, dass das Klosterleben heute ganz anders sein kann, als ständiges Beten, Aufstehen um 4.30 Uhr oder ein streng geregelter Tagesablauf. Zumindest bei den Franziskanern am Fuldaer Frauenberg. (Christopher Göbel) +++


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