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So könnte das Wohnquartier an der Petersberger Straße nach der Sanierung aussehen. - Grafiken (2): Architekturbüro Reith, Wehner, Storch

FULDA "Schöner Wohnen" an der Petersberger Straße

Historisches Wohnquartier wird generalsaniert - Alle Mieter müssen raus

01.04.23 - Wer die Petersberger Straße in Fulda stadteinwärts fährt, dem sticht rechterhand ein mächtiger Torbogen ins Auge, der den Abbiegeverkehr dort durch ein ganzes Haus leitet - direkt in eine Siedlungsanlage hinein, die 1927/28 rund um Petersberger, Baugulf- und Ratgarstraße sowie Am Rötacker erbaut wurde und nun von Grund auf saniert werden soll. Gut fürs Stadtbild, blöd für die Mieter. Denn die müssen erstmal alle ausziehen.

Die sieben Gebäude des Wohnquartieres aus der Luft Foto: Stadt Fulda/HVBG

Das Wohnquartier besteht aus sieben Häusern mit 48 Wohnungen und ist Teil eines Gesamtpakets von insgesamt 480 Wohnungen in Fulda, das das Gemeinnützige Siedlungswerk Frankfurt (GSW) im Januar 2022 der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Fulda (GWG) abgekauft hat, weil die eine großangelegte Sanierung selber nicht hätte stemmen können. "Ausschlaggebend für den Kauf war die strategische Entscheidung der GSW, den Wohnungsbestand in Fulda zu erweitern, zumal Fulda der Sitz eines der Gesellschafter ist - nämlich des Bistums Fulda", erklärt GSW-Pressesprecherin Katja Förster auf Nachfrage von OSTHESSEN|NEWS.

Mitentscheidend sei auch die grundsätzlich übereinstimmende Philosophie von GWG und GSW gewesen. Denn Luxus halte die sozialorientierte Wohnungsbaugesellschaft bei der Sanierung für entbehrlich, sie wolle stattdessen "modernes Wohnen in charmanten Altbauten" ermöglichen. Der Fokus liege auf der "Schaffung von bezahlbarem, CO2-gerechtem Wohnraum, in dem auch kommende Generationen gerne wohnen".

GSW im Gespräch mit der Mieterschaft: "Rückkehr ins Quartier nicht ausgeschlossen"

Auf einer Mieterversammlung im Herbst, auf der diese von der GSW über die Kündigungen informiert wurden, hielt sich die Begeisterung erst einmal in Grenzen. Allerdings seien sich die Mieter "des renovierungsbedürftigen Zustandes der Gebäude bewusst", so Katja Förster. "Schließlich wurde das Baudenkmal aus den 1920er Jahren noch nie grundlegend saniert. Entsprechend ist die Bausubstanz."

Ganz schön in die Jahre gekommen ... Fotos (9): René Kunze

Nicht wenige Mieter begrüßten die Aussicht, nach der Sanierung - so wird es auf Wunsch in den Aufhebungsverträgen festgehalten - wieder in eine renovierte Wohnung einziehen zu können. Die Miete pro Quadratmeter werde dann voraussichtlich im niedrigen zweistelligen Euro-Bereich liegen. Zudem biete die GSW den Mietern freie Wohnungen aus dem gesamten Bestand in Fulda an - zum Beispiel in den Quartieren Kleegarten und Waldschlösschen und auch in der Seniorenanlage Gambettagasse. "Auch haben wir die übrigen Fuldaer Wohnungsgesellschaften über die Entwicklung informiert und sie bei der Vergabe von Wohnungen um Berücksichtigung gebeten", sagt die GSW-Sprecherin.

Dort rechnet man bis zum Mai mit einem 50-prozentigen Leerstand des gesamten Quartiers. Bei den drei Häusern in der Petersberger Straße 73-87 soll die Sanierung im Herbst beginnen, an den rückwärtigen Gebäuden in der Baugulfstraße, Ratgarstraße und Am Rötacker beginnen die Arbeiten später. Verteilt auf verschiedene Bauabschnitte soll sich die Bauzeit über etwa drei Jahre erstrecken. In die Sanierung investiert die GSW einen zweistelligen Millionenbetrag.

Der Reiz der Planung: Architektenbüro will an "die Idee der Gartenstadt" anknüpfen

Die Siedlung war vor fast hundert Jahren gebaut worden, "um unbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen zu billigen Preisen zu verschaffen", wie es im Denkmal-Buch der Stadt Fulda heißt, das die Wohnanlage in der Petersberger Straße "aus siedlungs- und sozialgeschichtlichen wie auch aus städtebaulichen Gründen" als erhaltenswert einstuft.

Den Reiz bei der Planung beschreibt Stephan Storch vom Fuldaer Architekturbüro "Reith, Wehner, Storch" so: "Die Mitte bis Ende der 1920er Jahre entstandenen Wohnanlage orientiert sich an der Idee der Gartenstadt, die in dieser Zeit von den Baugenossenschaften als Reaktion auf die Wohnungs- und Versorgungsnot nach dem Ersten Weltkrieg aufgegriffen wurde. Das Idealbild war eine planmäßige Stadtentwicklung im sogenannten Heimatstil am Rande der Städte mit großen Gärten zur Selbstversorgung. Daran wollen wir anknüpfen." Neben der Gebäudesanierung sollen die Balkone zu den rückwärtigen Gärten erhalten bleiben und die Grünflächen durch Mietergärten, Hochbeete für "Urban Gardening" und Aufenthalts- und Gemeinschaftsflächen aufgewertet werden.

Die größte Herausforderung stelle die energetische Sanierung dar, um den gestiegenen Energiepreisen entgegenzuwirken. "Dabei kommt uns die ursprüngliche materialsparende Bauweise mit zweischaligem Mauerwerk und Luftzwischenraum entgegen. Dieser kann mit Dämmung ausgeblasen werden, so dass sich die Dämmwirkung der Wand wesentlich verbessert, ohne vorgesetzte Dämmsysteme einsetzen zu müssen, die mit den denkmalgeschützten Fassaden kollidieren würden", so Stephan Storch.

Sicherlich werde die Denkmalpflege neben dem Erhalt der originalen Bausubstanz und Details auch die bauzeitliche Gliederung der Fenster sowie die Wiederherstellung der Fensterläden fordern, die im Besonderen das Gesicht der denkmalgeschützten Wohnanlage prägen. - Noch ist der Bauantrag an die Stadt nicht raus. (Matthias Witzel) +++


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