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Der Frauenberg - ein Ort voller Vielfalt. - Archivfoto: O|N/Carina Jirsch

FULDA Inklusion, Natur und Spiritualität

Ein Ort voller persönlicher Geschichten - Erstes Frauenberger Klostergespräch

07.03.23 - Wie lässt sich der Frauenberg in Fulda als spiritueller Ort erhalten und gestalten? Dieser Frage widmete sich Guardian Pater Cornelius Bohl beim ersten Frauenberger Klostergespräch, zu dem die "Freunde des Frauenbergs" eingeladen hatten. Am Ende entspann sich unter den knapp 40 Teilnehmenden eine lebhafte und kontroverse Diskussion, in der es einerseits um das richtige Verhältnis von Geistlichkeit und Gastlichkeit ging und andererseits um die Frage, wie es weitergeht, sollte der Franziskanerkonvent eines Tages das Kloster doch aufgeben müssen.

Ein historischer Ort. Archivfotos: O|N/Maria Franco

Archivfoto: O|N/Carina Jirsch

Blick aus einem Fenster auf die Domstadt.

Lieblingsort, Kraftort, Andersort: Der Frauenberg lässt keinen Fuldaer unberührt. Die markante Erhebung im Stadtbild mit der Kirche und dem Kloster hebt die Besucher nicht nur optisch über die Stadt hinaus, sondern auch persönlich: Der Alltag ist ein Stück weit weg, die Weite verdrängt die Enge der Stadt, der Blick von oben tut der Seele gut, schafft Klarheit und schärft den Blick auf die Dinge. Pater Cornelius spricht von der Faszination, die der heilige Berg ausstrahle.

Ein besonderer Naturort

Der Klostergarten lädt vor allem im Sommer zum Verweilen ein. Foto: Marzena Seidel

Die spirituelle Erfahrung stelle sich schon auf dem kurzen Fußmarsch von der Stadt hinauf zur Kirche ein. "Wer sich bewegt, in dem bewegt sich was", sagt Pater Cornelius. Die Natur sei auf dem Berg unmittelbarer erfahrbar, das erste Grün des Jahres, die Schatten der Bäume, die Kastanien-Allee, die im Herbst in Rottönen "brennt", Schnee und Sturm, die den Dachreiter umtosen. "Die Natur hier oben lässt mich erfahren, dass ich eingebunden bin in den Kreislauf des Lebens, dass ich Teil von etwas Größerem bin", sagt Pater Cornelius. Die Ruhe, die Lust am Bleiben und Verweilen, werde im Klostergarten erlebbar. "Irgendwie ein Paradies", sagt der Pater, "einfach schön".

Persönliche Geschichten

Fotos: antonius

Das erste Frauenberger Klostergespräch.

Pater Cornelius Bohl (l.). und Domkaputlar Prof. Dr. Cornelius Roth.

Rainer Sippel (l.) und Ex-OB Gerhard Möller.

Viele Menschen verbinden ganz persönliche Geschichten mit diesem Ort. Das spürt der Geistliche, wenn er mit den "stillen Betern" spricht, die er in der Klosterkirche antrifft oder mit Brautpaaren redet, für die es ganz wichtig ist, hier getraut zu werden, weil ihre Familien seit jeher so viel mit diesem Berg verbindet. Der Kreuzweg am Karfreitag morgens um halb sechs. Für viele Fuldaer Teil ihrer Lebensgeschichte. "Der Frauenberg hilft, sich der eigenen Biographie zu vergewissern", sagt der Pater und spricht vom "spiritus sanctus", vom Geist Gottes, der hier weht und etwas vom Reich Gottes erfahrbar mache. Dass es hier ein Kloster gebe, das will der Pater nicht verklären, "aber diese Lebensform verweist auf Gott. Der Frauenberg ist seit 1300 Jahren ein durchbeteter Ort".

Inklusion findet hier Platz

Hoch oben-Gottesdienst im Klostergarten. Archivfotos: O|N/Maria Franco

Auch in der Klosterkirche sorgte der Hoch-oben Gottesdienst für reichlich Besucher. ...Archivfoto: O|N/Marius Auth

Inklusion ist ein wichtiges Anliegen.

Und seit sechs Jahren auch ein Ort für gelingende Inklusion. So lange besteht die Kooperation des Franziskanerkonvents mit dem Netzwerk antonius. Mit doppeltem Ziel: Menschen mit Behinderungen eine Lebensperspektive geben und die Zukunft des Klosters als einen historischen und spirituellen Ort Fuldas sichern. Mittlerweile arbeiten über 100 Menschen mit und ohne Behinderungen hier oben: im Tagungskloster und im Flora Klostercafé nebst Bäckerei und Küche sowie in den Arbeitsbereichen Schneiderei und Klostergarten. "Hier ist Solidarität und Gemeinschaft spürbar, gelingendes und erfüllendes Leben. Hier bekommt das Evangelium Hand und Fuß", sagt Pater Cornelius.

Für ihn ist der Berg "ein Andersort, der zur Stille einlädt. Das Sakrale darf nicht verwischt werden", betont er. Eine Eventlocation auf dem Klostergelände, eine übermäßige Kommerzialisierung, wäre ihm ein Graus. "Es geht nicht alles", sagt der Guardian und spricht von Beschränkung und Verzicht. Unterstützung erfährt Bohl durch die zwei früheren Oberbürgermeister Gerhard Möller und Dr. Alois Rhiel. Möller betont, es gehe nicht darum, auf dem Berg "möglichst viel Aktivität anzuhäufen". Die Gleichung "je mehr los ist, desto besser", sei falsch. Dr. Rhiel erinnert in diesem Zusammenhang an ein vergangenes Fest, das in seiner Größenordnung dem spirituellen Ort nicht angemessen gewesen sei. Das dürfe sich nicht wiederholen.

Die ehemaligen OB: Dr. Alois Rhiel (2.v.l.) und Gerhard Möller (4.v.l.). ...

Ulrich Klesper (3.v.r.)

Einen anderen Akzent setzt Ulrich Klesper, Vorstandsmitglied der "Freunde des Frauenbergs". Für ihn hat der Frauenberg nur eine Zukunft, wenn möglichst viele Menschen den Weg hierher finden. "Der Ort braucht Nachfrage." Klesper ist überzeugt, dass die meisten Menschen in der Stadtregion nicht einmal im Jahr auf den Berg steigen – und dann oft nur die etwas Älteren. Es gehe aber auch darum, den jungen Leuten die Schönheit des Ortes näher zu bringen und sie in einem zweiten Schritt die Spiritualität entdecken zu lassen. Was spreche dagegen, pro Jahr fünf bis sechs gut konzipierte und dimensionierte Veranstaltungen, beispielsweise Konzerte, auf dem Frauenberg auszurichten, fragt er. Den Garten nur als stillen Ort zu sehen, das wäre eine Verschwendung, findet er. Walter Krah, früherer Stadtverordneter und Bauausschussvorsitzender in Fulda, ist überzeugt, dass der Frauenberg auch junge Leute ansprechen muss, aber Events vermieden werden sollten, die nicht hierher passten. Grundsätzlich findet auch er es gut, wenn mehr Menschen den Weg auf den Berg finden. Für Möller wie für Rhiel sind Veranstaltungen wie die Hoch-oben-Gottesdienste ein gutes Beispiel, wie sich der Frauenberg weiter öffnen könne. Die Messen seien gut besucht und würden immer wieder andere Gruppen auf den Frauenberg führen.

Dr. Alois Rhiel spricht an diesem Abend aber auch die Frage an, die alle Anwesenden im Refektorium umtreibt: Was ist mit den Franziskanern? Für Rhiel ist "die Präsenz der geistlichen Begleitung" essentiell. "Wenn die Franziskaner nicht mehr da sind, bricht ein wesentlicher Teil ab", der den Frauenberg ausmache, ist er überzeugt. Domkapitular Msgr. Prof. Dr. Cornelius Roth ist da nicht so skeptisch. Der Frauenberg sei seit 1300 Jahren ein Ort des Gebets. Die Franziskaner seien 400 Jahre hier. Sollten sie den Berg eines Tages verlassen, so bleibe dieser ein Ort des Gebets, eventuell – und das wäre dann sein Wunsch - mit einer anderen christlichen Gemeinschaft. Roth wünscht sich, dass der Frauenberg weiter ein Ort sein kann, an dem das Zwischenmenschliche gepflegt wird, aber auch die Möglichkeit, "mit Gott allein zu sein. Beides gilt es zu erhalten".

Für den früheren OB Gerhard Möller ist mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit klar, dass viel Überzeugungsarbeit bei den Entscheidungsträgern von Land, Landkreis, Stadt und Bistum notwendig ist, um den Frauenberg zukunftsfähig aufzustellen. (pm) +++


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