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Workshop des Projektes FDmobil, mit dem die Region Fulda GmbH die heimische Automobilwirtschaft in ihrem Transformationsprozess begleitet. - Fotos: Werner Schmid GmbH

FULDA Projekt "FDmobil"

Heimische Wirtschaft bereitet sich auf den Wegfall des Verbrennungsmotors vor

08.03.23 - Die Europäische Union hat beschlossen, dass ab 2035 keine Neufahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotor zugelassen werden. Auch wenn der Beschluss noch der Bestätigung der EU-Mitgliedsstaaten bedarf, ist der Trend klar erkennbar. Welche Auswirkungen das auf die heimische Wirtschaft hat, diskutierten jetzt Unternehmensvertreter im Rahmen eines Workshops des Projektes FDmobil, mit dem die Region Fulda GmbH die heimische Automobilwirtschaft in ihrem Transformationsprozess begleitet.

Fest steht: der Transformationsprozess hat bei den Unternehmen der Zuliefer- und Engineering-Industrie bereits begonnen. Er ist aber in jedem Unternehmen individuell. So hat die Fuldaer Werner Schmid GmbH nach den Worten von Geschäftsführer Matthias Hauß in den vergangenen drei Jahren schrittweise den Produktionsanteil der Automobilindustrie reduziert und in gleichem Maße den Anteil für die Lüftungsindustrie erhöht: "Das waren echte Umsatzverschiebungen aufgrund von Lieferkettenschwierigkeiten im Automobilsektor und gleichzeitig verstärkter Nachfrage im Lüftungsbereich". Der Kaufmann geht davon aus, dass sich im Zuge der Transformation dieser Trend weiter verstärken wird.

Das Fuldaer Unternehmen Wagner Fahrzeugteile ist aktuell für viele 4-, 6- und 8-Zylinder-Motoren der großen europäischen Hersteller Alleinlieferant im Bereich Kolbenkühlung. Katrin Steuer, die sich bei Wagner mit den Themen Nachhaltigkeit und Transformation beschäftigt, betont, dass bereits jetzt weniger neue Projekte für Düsen im Bereich Kolbenkühlung angefragt werden. "Wir werden von den Herstellern bereits während der bis zu fünfjährigen Entwicklungsphase eingebunden". Und die entsprechenden Lieferverträge würden dann auf sechs bis sieben Jahre abgeschlossen. Mit anderen Worten: es wird noch an neuen Verbrennungsmotoren gearbeitet, aber spürbar weniger. Wagner Fahrzeugteile hat für sich beschlossen, auch weiterhin für die Automobilwirtschaft als Zulieferer zu arbeiten. "Aufgrund unserer hohen Fertigungstiefe mit eigener Entwicklung im Haus sind wir flexibel in der Lage auch andere metallische Bauteile zu fertigen." Allerdings sind die Maschinen von Wagner für hohe Stückzahlen ausgelegt, die so nur von der Automobilindustrie nachgefragt werden. "Deshalb bleiben wir dem Fahrzeugsektor treu und setzen auf neue Teile wie etwa Wasserstoffventile oder Komponenten für Fahrwerksanwendungen."

Veränderungen für die gesamte Wirtschaft

Herbert Tire Tooling, Nachfolgeunternehmen von Herbert Maschinenbau in Hünfeld, beliefert weltweit Reifenhersteller mit Reifenformen zur Produktion von Reifen. In den vergangenen Jahren, so der Leiter der Unternehmensentwicklung von Herbert, Michael Engels, sei ein Großteil des Reifenformengeschäfts an China verloren gegangen. Herbert Tire Tooling befinde sich deshalb schon aktuell in einer Phase der Transformation. "Wir setzen hier gleichermaßen auf Branchendiversifikation wie auch eine stärkere regionale Vernetzung. Tatsächlich, so Engels, mache das Thema Sicherheit von Lieferketten den hochpreisigen Standort Deutschland wieder interessant. Apropos Diversifikation – Herbert Tire Tooling fertigt aktuell Reifenaufbau-Werkzeuge und -Maschinen für die Herstellung von E-Bike-Fahrradreifen, einer ausgesprochenen Boombranche. Darüber hinaus spielten auch die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz eine große Rolle. So könne durch innovative Konzepte der Verbrauch von Dampf beim Vulkanisieren deutlich reduziert oder gar durch eine effiziente elektrische Heizung ersetzt werden.

Veränderungen nicht nur für die Automobilindustrie, sondern in der gesamten Wirtschaft, die Mobilität nutzt, sieht Franz Lorey von Engineering-Dienstleister EDAG Group. Der Wechsel der Antriebstechnologie wirke sich am deutlichsten bei den Servicewerkstätten aus. Schon heute müssten die neuen verfügbaren Technologien eingeführt und erlernt werden – Hochvolt und demnächst auch Wasserstoff. "Elektrifizierung und Wasserstoff bieten multiple Chancen und Perspektiven für die Region Fulda sowohl auf dem Logistik-als auch auf dem Energiesektor". Die EDAG Group selbst sei als Dienstleister bereits in den Transformationsprozess der Automobilhersteller eingebunden. Lorey sieht aber auch begleitende Entwicklungen wie etwa die wachsende Relevanz von CO2-Footprint-Kosten, die im Rahmen der Transformation bewältigt werden müssen.

Politische Rahmenbedingungen und Fachkräfte

Daniela Rothkegel, ab 1. April 2023 Projektleiterin für FDmobil bei der Region Fulda GmbH freute sich über den ersten Austausch mit heimische Unternehmen, "die den Transformationsprozess aktiv in Angriff nehmen". Sie sprach sich für eine positive Kommunikation aus. "Wir sollten nicht von ‚betroffenen‘, sondern von aktiven Unternehmen reden". Die Diplom-Industrie-Designerin möchte im Rahmen des Projektes eine Art Zukunftsbündnis im Bereich der Automobilbranche schmieden. Die vier am Startworkshop beteiligten Firmen gaben auch gleich ihren Wunschzettel zur Weitergabe an die politisch Verantwortlichen mit.

Die Wirtschaft sei mit der Bewältigung ihrer Herausforderungen schneller als die Politik mit der Verabschiedung ihrer Rahmenbedingungen. Matthias Hauß: "Den technischen Wandel haben die Unternehmen im Griff, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen." Statt Bürokratieabbau gebe es zusätzliche Belastungen durch immer neue Vorgaben oder Verschärfungen bestehender Regularien. Auch die Energiekosten und die Nebenkosten der Arbeit wirkten zusätzlich als Transformationsbremse. Einig waren sich die Unternehmen zudem, dass das Thema Fachkräfte ein Schlüssel zum Erfolg sei. "Wir müssen hier weiter an der Attraktivität der Ausbildung und der Arbeitsplätze arbeiten." Dabei spiele auch eine zeitgemäße Didaktik und der interaktive Umgang mit Maschinen schon in der Berufsschule eine wichtige Rolle.

Mit geeigneten Rahmenbedingungen und qualifizierten Fachkräften könne die Transformation der Automobilwirtschaft in vielen Unternehmen als "ganz normale Modernisierung, als ganz normaler technischer Wandel von statten gehen". Klar sei aber auch, dass Firmen, die sehr stark vom Verbrennungsmotor abhängig seien, frühzeitig entsprechende Weichen stellen müssen.

Die Region Fulda GmbH wird nach den Worten von Prokurist Christian Vey und Geschäftsführer Christoph Burkard in den kommenden Wochen weitere Workshops mit Unternehmen durchführen und noch vor dem Sommer mit einer Online-Befragung den aktuellen Transformationsstand erfassen. Interessierte Unternehmen können sich jederzeit melden bei: Region Fulda GmbH, Esperantostraße 3, 36037 Fulda, [email protected]; [email protected]. Das Projekt "Transformationsnetzwerk FDmobil" wird gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. (pm) +++


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