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Die Zuschauer waren von den musikalischen Darbietungen begeistert. - Alle Fotos: Martin Engel

FULDA Ein weites musikalisches Feld

22. Benefizkonzert des Fuldaer Symphonischen Orchesters in der Orangerie

13.03.23 - Das Besondere am Symphonischen Orchester Fulda sind seine Zusammensetzung und die Probenarbeit. Zwar stammen fast alle Mitglieder aus Fulda, leben aber nicht alle hier. Das bedingt einen hohen Organisationsaufwand in der Vorbereitung der jährlichen Konzerte. Und die Proben werden auf nur zwei Wochenenden kondensiert.

Dass dieses Orchester das anspruchsvolle Programm des gestrigen Abends trotz der kurzen Probenzeit auf diesem Niveau bewältigt, ist der Kunstfertigkeit seiner Mitglieder und dem klugen Dirigat von Simon Schindler zu verdanken. Fast niemand hier ist Profi, aber weit weg vom Profi-Niveau sind sie nicht, und davor kann man nur den Hut ziehen. Natürlich sind viele Rotarier im Publikum – das Grußwort sprach diesmal Karsten Aßmann für den erkrankten Präsidenten Andreas Hohmann.

Das Bild bestimmen aber nicht sie, sondern die Angehörigen und Freunde der Orchestermitglieder, darunter viele Kinder. Die Atmosphäre ist familiär und entspannt, gefühlt kennen sich alle. Und ganz nebenbei demonstriert das Orchester so, dass musikalische Erziehung zuhause beginnt und nur durch Vorbild und Mitspielen gelingt. Um den Nachwuchs dieses Orchesters muss einem nicht bange sein!

Das Programm des Abends war weitgespannt, vielleicht zu weit. In diesem Konzert stand aber nicht ein organisches Programm im Fokus, sondern der für dieses Orchester typische Dreiklang aus Ouvertüre, Solo-Stück und Sinfonie. Das war eine musikalische Herausforderung, wurde man doch von einer Musikwelt in die andere geworfen. Und für den langen Weg von Mozart zu Bruckner war auch die lange Pause zu kurz.

Gelungener Auftakt mit der "Träumerei am Kamin"

Dieses Orchester-Zwischenspiel stammt aus Richard Strauss‘ Oper "Intermezzo" von 1923 – die wegen ihres allzu banalen Charakters und diverser dramaturgischer Schwächen nie erfolgreich wurde. Einzig die "Träumerei" steht hoch in der Publikumsgunst. Es ist eine versonnene Idylle von zeitloser Schönheit. Am besten schließt man die Augen und lässt sich von der Musik davontragen. Das Orchester entfaltete eine Klangwolke, in der das charakteristische Hin- und Herschwingen der einzelnen Motive und Themen fein herausgearbeitet wurde.

Mozarts vielleicht schönstes Klavierkonzert

Mozart ist der Schöpfer des modernen Klavierkonzerts. Er hat die gesamte Entwicklung nachhaltig beeinflusst, ohne ihn wäre der enorme Bedeutungszuwachs der Gattung Klavierkonzert im 19. Jahrhundert nicht möglich gewesen. Georgi W. Tschitscherin, der homosexuelle Adlige, der zum Revolutionär und führenden Bolschewik wurde und ein ebenso leidenschaftlicher Pianist wie Mozartkenner war, schrieb über Mozarts Klavierkonzerte, ein jedes sei "eine sich selbst entfaltende Hymne, in ihnen arbeiten Energien der Welt und des Lebens, herrscht das Spiel der Elemente, finsterer, lichter, geheimnisumwitterter, anmutiger Kräfte, (…) und das alles in der unendlichen Vielfalt der Mozart'schen Schattierungskunst."

KV 488, das Mozart 1786 parallel zur Arbeit an "Le nozze di Figaro" schrieb, ist so etwas wie die Inkarnation des Mozart‘schen Klavierkonzerts. Der erste Satz beginnt mit einer langen Einleitung durch das Orchester, bis das Solo-Instrument dran ist, dauert es mehr als 2 Minuten. Die Musik ist von großer Leichtigkeit und Natürlichkeit, sie atmet und perlt in den für Mozart so typischen Legato-Bögen.

Nur 99 Takte ist er lang, und doch ist der mittlere Satz das Gravitationszentrum von KV 488. Anders als im ersten Satz beginnt hier das Klavier mit einem ausgedehnten solistischen Part. Die Töne schweben und verharren in der Luft. Mozart hat traumschöne Adagios geschrieben. Dieses in der von ihm selten verwendeten Tonart fis-moll ist von ungeheurer emotionaler Kraft und Tiefe. Es leuchtet von innen heraus, man kann sich seinem Bann nicht entziehen. Das abschließende Rondo ist tänzerisch und von überschäumender Lebensfreude, Klavier und Orchester sind hier wie in einem Wettstreit.

Solist David Andruss interpretierte das Werk sehr ansprechend, nur im Adagio war er nicht ganz auf der Höhe von Mozarts Legato – was da schweben sollte, war bei ihm arg zerhackt. Das Publikum ließ ihn nicht ohne Zugabe von der Bühne, Andruss wählte dafür das Intermezzo op. 118 in A-Dur von Brahms, bewusst als Brücke zwischen Mozart und Bruckner, und wurde mit viel Beifall verabschiedet.

Bereit für Bruckner

Bruckner begann seine 6. Sinfonie in A-Dur 1879 und vollendete sie 1881, er selbst hat sein Werk nie auf der Konzertbühne erlebt, erst 1935 erklang es in seiner Originalgestalt. Gut eine Stunde ist das Werk lang und verlangt von Mitwirkenden wie Publikum einiges an Ausdauer. Vielleicht mit ein Grund, warum das Publikum sich durch Applaus nach jedem Satz etwas Luft verschaffte!

Mächtig gewachsen im Vergleich zur Wiener Klassik ist der Orchesterapparat, die Bläser sind an diesem Abend teils sogar gedoppelt, was die Wuchtigkeit der Musik noch verstärkt. Das eröffnende Majestoso ist von treibender Unruhe und nervöser Angespanntheit, das kraftvolle Hauptthema geht sofort ins Ohr. Das Majestätische wird fast dialektisch immer wieder gebrochen. Ähnlich ist es in den beiden mittleren Sätzen. Im Finalsatz schließlich tauchen die Themen der vorigen Sätze abgewandelt wieder auf, am Ende stehen Pathos und Ergriffenheit.

Man sei nach 25 Jahren nun bereit für Bruckner, hatte Dirigent Simon Schindler im Programmheft vermerkt – und in der Tat, das Symphonische Orchester war diesem Mammutwerk gewachsen. Wer Bruckner schätzt, kam hier voll auf seine Kosten. Mit donnerndem Beifall bedankte sich das Publikum für einen gelungenen Konzertabend, dessen Erlös an das Projekt "Moru Clinic" in Uganda (Wasser für Menschen e.V.) geht. (Jutta Hamberger)+++


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