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Das Rathaus von Kassel. - Foto: Pixabay

KASSEL Kommentar von Bertram Lenz

Das Nein des Noch-OB zur Stichwahl: Ein kommunalpolitischer Hammer

13.03.23 - Es gibt diese Momente, da glaubt man zunächst, sich verhört zu haben. Gemäß des Mottos: "Das kann doch gar nicht sein!". Dann verfestigt sich das Gehörte und wird plötzlich zur Tatsache. So jedenfalls erging es sicherlich vielen Zuschauern, die am Sonntagabend die Berichterstattung der "hessenschau" zur OB-Wahl in Kassel verfolgten. Kurz vor Ende der Sendung stellte sich der noch amtierende Verwaltungschef Christian Geselle live den Fragen des Redakteurs zum Wahlausgang, um plötzlich zu verkünden, zur Stichwahl am 26. März nicht antreten zu wollen.  - Ein "Blitz aus heiterem Himmel", ein kommunalpolitischer Hammer in der nordhessischen Metropole. 

Nüchtern betrachtet, bedeutet dieser Schritt zunächst einmal, dass der Zweitplatzierte, Dr. Sven Schoeller von den Grünen, die Stichwahl in zwei Wochen alleine wird bestreiten und über 50 Prozent erreichen müssen. Schafft er dies nicht, werden Neuwahlen notwendig. Zur Erinnerung: Geselle war am Sonntag auf 31,47 Prozent der Stimmen gekommen, Schoeller auf 27,84 Prozent. Dem Urnengang war eine längere kommunalpolitische Schlammschlacht vorausgegangen, denn SPD-Mann Geselle hatte sich mit seiner Partei überworfen und war als unabhängiger Kandidat ins Rennen gegangen. 

Oberbürgermeister Christian Geselle im hessenschau-Interview. Screenshot: Hessenschau ...

Für mich stellt sich die Frage, ob sich Geselle des Sieges zu gewiss gewesen ist und daher - aus der ersten tiefen Enttäuschung über das Ergebnis - diesen höchst bemerkenswerten Schritt des Nicht-Antretenwollens vollzogen hat. Immerhin bekam er diesmal fast 12.000 Stimmen weniger als 2017 – und das, obwohl die Wahlbeteiligung mit 40,9 Prozent um 4,3 Prozentpunkte höher lag als damals. Dass er und seine Familie diffamierenden Angriffen ausgesetzt waren, hatte der Noch-OB in den vergangenen Wochen bereits des Öfteren kundgetan. Wäre es daher eigentlich nicht folgerichtig gewesen, gar nicht erst zur Wahl am Sonntag anzutreten? So gibt es nicht wenige seiner Wählerinnen und Wähler, die sich jetzt zutiefst enttäuscht und ihrer Stimme beraubt fühlen dürften.

O|N-Redakteur Bertram Lenz bewertet die Vorgänge der OB-Wahl in Kassel. ...

Gute demokratische Gepflogenheit ist es, ein Wahlergebnis zu akzeptieren und für sich zu versuchen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Bei allem Verständnis für diesen Schritt, mit dem der noch amtierende OB laut eigener Aussage sich und seine Familie aus der Schusslinie hat nehmen wollen - ich glaube, dass er sowohl sich als auch Kassels Stadtpolitik keinen guten Dienst erwiesen hat. 

Und der großen Fraktion der Nichtwähler wird dieser Schritt Bestätigung dafür sein, dass es sich eh' nicht lohnt, sein Kreuzchen zu machen - wenn diejenige Person, die man vielleicht gewählt hat, dann doch zurückzieht.  (Bertram Lenz)


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