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Die Witterungsbedingungen sorgen immer wieder für Spielausfälle - Symbolbild: pixabay

OSTHESSEN Ein Kommentar von Walter Kell

Spielabsagen, Winterpause und die Geschichte mit dem Bart

14.03.23 - Liebe Fußball-Funktionäre - und damit meine ich ausdrücklich nicht die in Osthessen -, bitte, bitte, bitte: Passt die Fußball-Saison dem Kalenderjahr an. Eigentlich könnte dieser Hilferuf auch beginnen mit dem Seufzer "In Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat ..." Aber wir sind ja nicht im Märchen. Oder doch?

Alle, die sich für Fußball interessieren, wissen, wie viele Spiele am hinter uns liegenden Wochenende stattgefunden haben. Fast an einer Hand konnte man sie zählen. Absagen gab es wegen der niederschlagsträchtigen Zeit, in der wir Anfang März stecken, zuhauf. Dieser Fakt ist nicht neu - und er beschäftigt die Fußball-Gemeinde landauf, landab schon seit Jahren. Seit Jahrzehnten fast. Die Geschichte ist wie ein Bart, der lang ist, ungepflegt, verfilzt - und nicht leicht zu reinigen. So dass man sich wohlfühlt in seiner Haut. 

Chancengleichheit, Wettbewerbsverzerrung, unzumutbares Programm

Vereine, die über einen Kunstrasenplatz verfügen, sind fein raus. Meint man. Sie sind in der Lage, Spiele durchzuziehen - wenn andere passen müssen. Das geht einmal gut, vielleicht auch ein zweites Mal, wenn man auf die Tabellen guckt. Doch die Frage der Chancengleichheit oder Wettbewerbsverzerrung ist nicht weit. Fast programmiert. Das Nachholprogramm häuft sich, Ostern ist längst mit Fußball besetzt, doppelt, bisweilen sogar dreifach.

Spiele unter der Woche kommen auf die Amateurkicker zu. Gut, einmal. Aber bald ist die Grenze erreicht, an der es denen, sowohl physisch als auch beruflich - und bei Letzterem hört der Spaß auf -, nicht mehr zugemutet werden darf. Die Klassenleiter stecken in einer Klemme. Was bleibt ihnen anderes übrig, als den Vereinen Nachholspiele aufzubrummen, um "mit ihrem Programm durchzukommen"? Dabei wollen sie doch für die Vereine da sein.

Veränderungen tun weh und erfordern Mut

Also: Passt die Fußball-Spielzeit dem Kalenderjahr an - und spielt von April bis Oktober. Veränderungen tun stets weh und erfordern Mut. Und warum sollte man jahrzehntelange Gewohnheiten über den Haufen werfen? Doch ich glaube, alle Beteiligten in den Vereinen würden positive Seiten entdecken. Keine zwei Vorbereitungen mehr - ein Aufwand, der wenig mit Amateurfußball zu tun hat -, mehr oder weniger Chancengleichheit, Trainieren und Spielen bei angenehmen Temperaturen, und nicht zuletzt klatschen die Zuschauer in die Hände. Sie werden animiert zum Sportplatzbesuch, freuen sich auf das Bierchen und die Bratwurst.

Natürlich kommt man um eine Winter-Vorbereitung, die per se Saisonvorbereitung wäre, nicht umhin. Auch hier macht sich eine Art Wettbewerbsverzerrung breit: Vereine aus der Rhön oder solche, die keinen Kunstrasen besitzen ... Doch selbst darauf kann man nicht immer spielen, bei Schneefall oder Temperaturen um den Gefrierpunkt ist das schlecht möglich. Auch der SV Neuhof konnte selbst in der Hessenliga ein Lied davon singen und bangte, ob der Schiedsrichter vor Ort überhaupt anpfeift. Die Gäste kamen nicht eben um die Ecke. Und: Wer kommt für die Kosten auf? Wer stellt den Aufwand in Rechnung? Wer denkt an Organisation und Emotionen? Das geht alles nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut. Im Amateurfußball wohlgemerkt. 

Bleibt ein beliebtes und oft gesungenes Argument. Wann sollen die Spieler in Urlaub fahren? Die fahren heutzutage eh in Urlaub, wann sie wollen - im Gegensatz zu früheren Zeeiten. Sicherlich würde sich das Freizeitverhalten ändern. Familien müssten sich neu und umorientieren. Aber das klingt eher spannend und sollte lösbar sein.

Mangelnde Beweglichkeit. Mangelnde Bewegung. Mangelnde Mobilität

Bleibt die Frage: Warum gibt es in Osthessen eigentlich so wenig Kunstrasenplätze? Die Lage hat sich sicher verbessert, und niemand möchte Öffentlichkeit oder Kommunalpolitikern in die Suppe spucken. Doch haben Verantwortliche hier etwas verschlafen? Natürlich ist das ein Thema, mit dem man sensibel umgehen muss. Solche Plätze dienen, sofern man eine Anbindung findet und herstellen kann, auch dem Schulsport. Damit sind wir bei einer anderen Geschichte. Eines eint aber alles: mangelnde Beweglichkeit, mangelnde Bewegung, mangelnde Mobilität. Auch im Kopf. 

Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Zu stark. Zu extrem. So, dass es ihr nicht unbedingt guttat. Doch mit dieser Veränderung sollten auch Prozesse, die es wert sind, initiiert und angeschoben werden. Leben wir etwa noch in Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat? (wk)+++


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