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Dem traditionsreichen Lullusfest stehen gravierende Änderungen bevor
01.04.23 - Unserer Redaktion wurde ein Schreiben zugespielt, laut dem die Stadt Bad Hersfeld maßgebliche Veränderungen für das Lullusfest plant. Aus dem internen Papier geht hervor, dass die Änderungen bereits in diesem Jahr greifen sollen. OSTHESSEN|NEWS hat nachgehakt.
"Ich bestätige heute nicht, dass es solche Pläne gibt", sagt Bürgermeisterin Anke Hofmann auf Nachfrage. Dementieren wollte sie es allerdings auch nicht. "Ich frage mich eher, wie so etwas aus einem streng geheimen Gremium heraus zu Ihnen gelangen konnte", so Hofmann. Sie fühle sich an frühere Zeiten erinnert. Feuermeister Klaus Otto war zunächst zu einer Stellungnahme nicht bereit: "Ich möchte meinen Job ungern verlieren", sagte er auf Nachfrage zu O|N. Doch ein Informant, der aus verständlichen Gründen anonym bleiben möchte, weiß mehr. Er erklärte sich bereit, mit unserer Redaktion zu sprechen.
Was geplant ist, dürfte wie eine Bombe einschlagen. Zuerst die gute Nachricht: Die Dauer des Lollsfestes soll auf zwei Wochen verlängert werden. "Was Fulda mit dem Schützenfest kann, das kann Bad Hersfeld auch", heißt es in dem Schreiben. Auf Nachfrage unserer Redaktion sagte der Schausteller-Sprecher Heiner Distel: "Zwei Wochen lohnen sich für die Karussell- und Budenbetreiber auf jeden Fall." Er freue sich über diese Entscheidung.
Verlegung des Festplatzes
Doch es ist im Geheimen noch mehr geplant: Der Standort des Lullusfestes soll vom Marktplatz an den Festplatz am Aquafit verlegt werden. "Das hat sich in Rotenburg mit dem Strandfest bewährt", so unser Informant. Auch dort würden die Feierwilligen einen Marsch von mehreren Kilometern über die Fulda in Kauf nehmen. Die Parkplatz-Situation sei außerhalb der Innenstadt einfacher und auswärtige Lollsbesucher müssten nicht die teuren Parkhäuser anfahren. Auch der Bus-Shuttle-Service erübrige sich, da die Menschen direkt am Festplatz ausreichende Parkmöglichkeiten vorfinden würden.Ein weiterer Grund sei die Entlastung der Anwohner in der Innenstadt. In den vergangenen Jahren sind laut unserem Informanten zu Lolls zahlreiche Beschwerden über Lärm, Wildpinkler und das hohe Müllaufkommen bei der Stadt eingegangen. Auch Schlägereien und Schnapsleichen würden die Anwohner stören. In den Corona-Jahren ohne Lullusfest seien die Anwohner ohne die jährliche Chaoswoche "sehr zufrieden" gewesen. "Dem trägt man mit der Verlegung nun Rechnung", heißt es in dem Schreiben.
O|N hat Anwohner getroffen und Bestätigung erhalten: "Dann muss ich im Oktober ja keinen Urlaub buchen, um dem Rummel zu entkommen", so eine überglückliche Anwohnerin am Marktplatz. "Endlich kann ich dann meine Fenster öffnen, ohne einen Tinnitus von dem Jahrmarktslärm zu bekommen", sagt ein anderer.
Mehreinnahmen für Stadt und Schausteller
Als drittes Argument für die Verlegung wird genannt, dass man durch das vergrößerte Platzangebot mindestens doppelt so viele Schausteller unterbringen könnte. "Durch die höheren Pachteinnahmen steigt natürlich auch der Gewinn für die Stadtfinanzen", heißt es im Schreiben. Die Schausteller könnten durch die Verlängerung ebenfalls mit höheren Umsätzen rechnen.Das kostenintensive Ausheben der Lolls-Feuergrube falle laut dem internen Papier ebenfalls weg. Das Fierche könne dann auf dem asphaltierten Teil der Fläche entzündet werden. "Und die Kastanien, die jedes Jahr zahlreich neben dem Fierche landen, könnten im Laufe der Jahre die Fuldawiesen zu einem wunderschönen Wald machen. Die Stadt denke schließlich auch an den Naturschutz.
Der Dippenmarkt soll allerdings am alten Ort am Markt- und Linggplatz verbleiben. "Wir können den Einzelhändlern nicht alles wegnehmen. Da schon der Weihnachtsmarkt außerhalb der Innenstadt gelegt wurde, sollen die Bad Hersfelder Geschäftsleute nicht noch mehr verprellt werden", steht in dem Papier.
Lolls-Umzug über die Hochbrücke
Und schlussendlich: Man möchte auch das defizitäre Schwimmbad "Aquafit" unterstützen. Die Lollsgäste könnten erst Schwimmen und dann Feiern gehen - oder umgekehrt. Man erhoffe sich Synergieeffekte. Und noch etwas soll neu entstehen: Die Arbeiten für einen Fuldastrand haben bereits begonnen. "Hier soll eine Strandbar mit Strandkörben und Liegen entstehen, in der diejenigen, die dem Lollsrummel entkommen möchten, ein bisschen Ruhe finden", sagt unser Informant.Der Lolls-Umzug am Montag soll von der Breitenstraße über die Hochbrücke und die Lomo-Kreuzung zum Festplatz führen. Die Stadt habe beim Hessentag gute Erfahrungen damit gemacht, die Hochbrücke komplett zu sperren.
Wann die Stadt mit der offiziellen Verkündung herausrücken wird, steht noch in den Sternen. "Bald werden die ersten Gespräche mit den Schaustellern beginnen. Dann muss die Stadt mit der Wahrheit herausrücken", so unser Informant. O|N bleibt natürlich an der Sache dran und informiert aktuell, sobald die Lolls-Pläne spruchreif sind. (Christopher Göbel) +++