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Matthias Richter, Geschäftsführer der KGM Kugelfabrik Fulda, Mark Weinmeister, Regierungspräsident Kassel, Manfred Hempe, Sprecher der IG-Wasserkraft Fulda/Rhön, Saskia Spohr-Frey und Sven Ruscher, Obere Wasserbehörde Kassel, Christian Braun, Geschäftsführer der KGM Kugelfabrik, Stefan Weber, KGM Leiter Technik, und Dr. Roland Steinhoff, Arbeitsgemeinschaft Hess. Wasserkraftwerke (AHW). - Fotos: Privat

REGION FD Einladung der IG Wasserkraft

Regierungspräsident Weinmeister auf Mühlentour im Landkreis Fulda

30.03.23 - Der neue hessische Mindestwassererlass belastet die Betreiber von Mühlen und Wasserkraftanlagen. Viele beklagen überzogene Umweltauflagen und verweisen auf das bestehende Gleichgewicht von Ökologie und Ökonomie aus Jahrhunderten der bestehenden Wasserkraftnutzung. Auf Einladung der Interessengemeinschaft Wasserkraft Fulda/Rhön besuchte der Kasseler Regierungspräsident Mark Weinmeister mit Vertretern der Oberen Wasserbehörde am Donnerstag drei Wasserkraftanlagen in Fulda und der Rhön, um sich dazu vor Ort ein Bild zu machen.

Dr. Roland Steinhoff, Arbeitsgemeinschaft Hess. Wasserkraftwerke (AHW), Sven Ruscher, ...

Durch den neuen Mindestwassererlass in Hessen wird das an den Wasserkraftanlagen abzugebende Mindestwasser gegenüber der alten Regelung um das Drei- bis Vierfache pauschal erhöht. Dieses Wasser steht den Anlagen nicht mehr zur Erzeugung absolut CO2-freier, stetig verfügbarer erneuerbarer Energie zur Verfügung. Gerade für die Wasserkraftanlagen (Mühlräder und Turbinen) an den Ober- und Mittelläufen der Gewässer wie in Rhön und Vogelsberg bedeutet die neue Mindestwasserfestsetzung eine 4- bis 6-monatige Stillstandzeit.

Der Sprecher der IG-Wasserkraft, Manfred Hempe machte die Auswirkungen deutlich: "Neben den wirtschaftlichen Einbußen bewirkt der neue Erlass zusätzliche Kosten durch erhöhte Wartungsaufwendungen in Wasserbau und Anlagentechnik. Ein Mühlensterben ist unweigerlich die Folge."

Betriebswirtschaftliche Auswirkungen

Gerade bei der ersten Station in der KGM Kugelfabrik GmbH & Co. KG in Fulda wurden die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Erlasses deutlich. Zurzeit betreibt die Kugelfabrik an der Fulda zwei Francis-Turbinen mit einer Leistung von insgesamt 80 KWh. Die Geschäftsführer Matthias Richter und Christian Braun stellten in ihrer Präsentation die Bedeutung der Wasserkraft für ihre nachhaltige industrielle Produktion dar. "Der neue Erlass bedeutet für uns eine schmerzliche Reduzierung der 'grünen‘ Stromerzeugung", so Richter. Bereits getätigte Investitionen in die Anlage könnten nicht wie geplant zurückgeführt werden.

Statt dem selbst erzeugten Strom müsse künftig Strom vom Anbieter zugekauft werden, wodurch sich die CO2-Bilanz des Unternehmens spürbar verschlechtere. "Für den zusätzlichen Strombezug aus dem Netz fallen Mehrkosten an," ergänzte Braun. "Unsere Lage als weltweiter Automobilzulieferer am Standort Deutschland ist ohnehin nicht einfach, zusätzliche teure Auflagen sind wenig hilfreich."

An der Obermühle in Tann-Wendershausen ging es danach vor allem um den ökologischen Aspekt der Wasserkraft. Die Obermühle kann auf eine mehr als 400 Jahre lange Mahltradition zurückblicken. Oftmals um, an und nach Bränden wieder aufgebaut, mahlte sie das Getreide für die ortsansässigen Bauern, wie viele kleine Wassermühlen in der Rhön. 1990 erhielt sie eine neue Funktion: Sie produziert nun Strom für rechnerisch 10 Haushalte im Jahr. Die Obermühle liegt am Weidbach, der amtlich festgestellt bei Kleinlebewesen und Fischen sich in einem guten ökologischen Zustand befindet.

Wasserkraft und Naturschutz

Der Wasserkraftbesitzer Manfred Hempe erläuterte dem Regierungspräsidenten: "Das ganze Artenspektrum ist vertreten, kein Fisch ist vom Aussterben bedroht oder in seiner Verbreitung gefährdet. Und trotzdem droht der Obermühle das "Aus" durch den Hessischen Mindestwassererlass." Hempe machte deutlich, dass der Mühlgraben selbst einen wertvollen Lebensraum darstellt, der durch eine überzogene Mindestwasserforderung ökologischen Schaden nehmen würde. "Hier zeigt sich", betonte Hempe: "dass Wasserkraft und Naturschutz durchaus verträglich sein können."

Die letzte Station der Mühlentour führte in die Ulstermühle in Tann (Rhön). Es ist die letzte aktive Vollerwerbsgetreidemühle in der Region. Der junge Müllermeister, Ralf Zinn führte die Delegation durch die Mühle und betonte die enge Zusammenarbeit mit Landwirten und Bäckern vor Ort. "All das funktioniert nur Dank Wasserkraft an der Ulster.", führte Zinn aus. "Sie liefert 24 Stunden am Tag regenerative Energie, um den Mahlbetrieb und nebenbei noch 150 Haushalte zu versorgen".

Während der abschließenden Diskussion in Tann verdeutlichte Dr. Ronald Steinhoff von der Arbeitsgemeinschaft Hessischer Wasserkraftwerke, dass die Wasserkraftnutzung ein ökologisch bedeutsamer Teil der Kulturlandschaft ist, die durch Ihre Mühlgräben und die Wasserrückhaltung zusätzliche Lebensräume zur Verfügung stellt und damit gerade in Dürrephasen das Überleben der Fischpopulation sichert. Auch der Wasserkraft ist wie allen anderen Erneuerbaren Energien durch den Gesetzgeber ein überragendes öffentliches Interesse eingeräumt worden, was maßgeblich zum Klimaschutz und zur Energiesicherheit in Deutschland und Europa beiträgt.

Der Regierungspräsident zeigte sich am Ende sehr beeindruckt und stellte in Aussicht, bei der neuen Mindestwasserfestsetzung durch sein Haus, den vorhandenen Ermessenspielraum bei der Abwägung von Artenschutz und Energieerzeugung zugunsten der Wasserkraft stärker zu berücksichtigen. (pm) +++


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