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Der "HOCH-OBEN-Geburtstag": 400 Jahre Franziskaner auf dem Frauenberg
02.04.23 - Am 31. März 1623, dem Freitag vor dem Palmsonntag, zog eine denkwürdige Prozession aus der Innenstadt von Fulda auf den Frauenberg: Der Fürstabt und das Stiftskapitel der Abtei, der Klerus der Stadtpfarrkirche, die Zünfte der Bürgerschaft und die Schuljugend, so berichtet ein Augenzeuge, begleiteten sechs Minderbrüder zu ihrer neuen Niederlassung auf der Erhebung über der Stadt.
Bereits drei Jahre zuvor waren sie wieder nach Fulda gekommen und hatten zunächst eine vorübergehende Bleibe in der Nähe der Severikirche gefunden. Das Häuschen erwies sich bald als zu klein. Die Benediktinerprostei oben auf dem Frauenberg, ein kleines Nebenkloster der großen Abtei, stand seit den Verwüstungen der Bauernkriege leer. Fürstabt Johann Bernhard Schenk von Schweinsberg erklärte sich bereit, sie den Franziskanern zur Nutzung zu überlassen. Allerdings nennt die erst 1626 ausgestellte Überlassungsurkunde eine klare Einschränkung: Sollte der Abt einmal wieder Benediktiner dort oben ansiedeln oder die Gebäude anderweitig verwenden wollen, so hätten die Franziskaner den Berg sofort und ohne Widerrede zu verlassen. Man würde ihnen dann eine Niederlassung in der Stadt zur Verfügung stellen.
Klosterbetrieb mit zwei Unterbrechungen
Beides ist nicht geschehen. Und so sind die Franziskaner nun genau 400 Jahre auf dem Frauenberg – allerdings mit zwei Unterbrechungen. 1875, im Kulturkampf, wurde das Kloster aufgehoben, zahlreiche Brüder gingen damals in die USA. Aus den von ihnen gegründeten Niederlassungen ging die Holy Name Province von New York hervor. Erneut wurde das Kloster 1940 von den Nationalsozialisten geschlossen, der vorletzte Guardian (Hausobere) Thaddäus Brunke kam in das KZ Dachau und starb dort an Hunger und Erschöpfung. Die Nazis errichteten im Kloster zunächst eine Schule für den Sicherheitsdienst (SD) der SS, später ein Lazarett. Unmittelbar nach Kriegsende, am Weißen Sonntag 1945, konnten die Brüder zurückkehren.400 Jahre Franziskaner auf dem Frauenberg, das ist eine spannende und wechselvolle Geschichte. 1757 vernichtete ein Brand Kirche und Kloster. Der barocke Neubau entstand nach den Plänen des Franziskanerbruders Kornelius Schmitt. Ebenfalls ein Minderbruder, Wenzeslaus Marx aus dem Fuldaer Konvent, schuf die Figuren des Kreuzwegs von der Klosterkirche zum Kalvarienberg. Bis zur Vereinigung der vier deutschen Franziskanerprovinzen im Jahr 2010 war der Frauenberg das Zentrum der sog. Thüringischen Provinz mit Provinzverwaltung, Archiv, Missionsprokur, Provinzbibliothek und Pflegestation. Von hier aus brachen Brüder 1906 auf in die Mission nach Japan und 1937 nach Mato Grosso/Brasilien. Mit den dort lebenden japanischen bzw. brasilianischen Brüden unterhält die Deutsche Franziskanerprovinz bis heute gute Kontakte.
Bis 1968 bestand auf dem Frauenberg auch eine eigene Ordenshochschule. Mitte der 1960er Jahre lebten dort gut 70 Brüder, darunter 23 Studenten. Fast ein Drittel waren "Laienbrüder", überwiegend qualifizierte Handwerker, die in den ordenseigenen Werkstätten als Schreiner, Drucker, Schuster oder Schneider bzw. im Garten, in der Landwirtschaft und in der Küche arbeiteten. Zeitweise war das Kloster auch Noviziatshaus.
Gedeihliche Kooperation mit antonius
2016 begannen die Brüder eine Kooperation mit antonius: gemeinsam Mensch. Die beiden Partner hatten bereits vorher eine lange gemeinsame Geschichte, da seit den Anfängen des ehemaligen "Antoniusheims" bis heute ein Bruder dort als Seelsorger arbeitet. Seitdem versuchen die Franziskaner und antonius gemeinsam, den Frauenberg als einen besonderen geistlichen Ort zu erhalten und zu gestalten. Unterstützt werden sie u. a. von den "Freunden des Frauenbergs", der Verein zählt augenblicklich etwa 200 Mitglieder. Antonius betreibt das Gästehaus, das Klostercafé Flora und die Küche, die auch Schulen und Firmen beliefert, kümmert sich um den Garten und hat eine Schneiderei eingerichtet. Alle diese Arbeitsbereiche werden inklusiv geführt, inzwischen haben rund 100 Menschen mit und ohne Behinderung einen Arbeitsplatz auf dem Frauenberg gefunden.
1623 kamen sechs Brüder auf den Frauenberg, heute leben dort neun Franziskaner. Sie arbeiten zum Teil als Seelsorger auf dem Berg über der Stadt, auf den sich schon Bonifatius zum Gebet zurückgezogen haben soll. So feiern sie die Gottesdienste in der Klosterkirche und im nahen Herz-Jesu-Krankenhaus. Nach wie vor kommen jeden Tag Menschen, die das Sakrament der Versöhnung empfangen wollen oder um ein seelsorgerliches Gespräch bitten. Brautpaare geben sich gerne hoch über der Stadt das Ja-Wort. Für einzelne besteht die Möglichkeit, sich zu stillen Tagen oder begleiteten Einzelexerzitien ins Kloster zurückzuziehen.
Zwei Gruppen franziskanisch orientierter Frauen und Männer haben auf dem Frauenberg ihre geistliche Heimat. Ein Bruder ist als Sakristan für die Kirche verantwortlich, ein anderer führt eine Klosterschneiderei. Eine wichtige Aufgabe der Brüder oben ist auch die Sorge für die 17 älteren und z. T. pflegebedürftigen Brüder unten in der Seniorenkommunität im Theresienheim, das von den Barmherzigen Schwestern von Fulda getragen wird. Schöner Ausdruck dieser gelungenen Kooperation zwischen den Franziskanern und antonius ist der HOCH-OBEN-Gottesdienst jeweils am 2. Dienstag im Monat in einer immer bestens gefüllten Kirche.
Wie geht's am Frauenberg weiter?
Wie sieht die Zukunft für den Frauenberg und die Franziskaner in Fulda aus? Wahrscheinlich so offen und spannend wie ihre Geschichte. Vor 400 Jahren hatten die Brüder zunächst gezögert, auf den Berg zu ziehen, denn sie wollten lieber bei den Menschen mitten in der Stadt leben. Dort waren sie ja ganz am Anfang schon einmal gewesen. Bereits 1237, gut 10 Jahre nach dem Tod des hl. Franziskus, waren sie erstmals nach Fulda gekommen und hatten sich nahe der heutigen Stadtpfarrkirche angesiedelt, wo sie über 300 Jahre blieben. Mitte des 16. Jahrhunderts, in den Wirren der Reformationszeit, stand das Kloster leer. Ob es aus Nachwuchsmangel aufgegeben wurde oder ob die Brüder vielleicht den neuen Glauben angenommen hatten, ist unbekannt. Von diesem ersten Klosterbau ist nichts mehr erhalten. Das jetzige Kloster auf dem Frauenberg ist im Eigentum der Diözese. Der Ort ist einzigartig, seine Erhaltung jedoch für die Franziskaner und antonius eine große finanzielle Herausforderung. Und die Zahl der Brüder in Deutschland nimmt stetig ab.Mit drei ausgewählten Veranstaltungen wollen die Brüder an ihre 400-jährige Präsenz auf dem Frauenberg erinnern. Statt zu einer Festmesse laden sie und antonius am 11. April, dem Dienstag in der Osterwoche, ein zum HOCH-OBEN-Gottesdienst mit Bruder Markus Fuhrmann, dem Provinzialminister der Deutschen Franziskanerprovinz aus München. Für den 21. September ist in Zusammenarbeit mit dem Fuldaer Geschichtsverein ein Vortragsabend im großen Refektor des Klosters geplant: Unter dem Titel "Die Bettelbrüder vom Frauenberg" wird Bruder Damian Bieger aus Dortmund, promovierter Kirchengeschichtler, ausgehend von der früher üblichen organisierten Betteltätigkeit der Franziskaner ihrer Wirksamkeit im Fuldaer Land nachspüren. Und schließlich feiert Bischof Dr. Michael Gerber den traditionellen Wortgottesdienst am Abend des 3. Oktober, in dem sich die Brüder und alle Freunde und Freundinnen von Franz von Assisi jährlich an sein Sterben erinnern. (pm) +++