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Nachgedacht zu Ostern (Teil 2) - War das Grab Jesu leer?
10.04.23 - "Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab. Da sahen sie, dass der Stein vom Grab weggewälzt war, sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht." Heute blicken wir auf das leere Grab - War es wirklich leer?
Wenn namhafte Zeitungen immer wieder Texte darüber verfassen, wie man den Tod Jesu und seine Auferstehung mit Fakten und Biologie erklären kann, muss ich immer wieder schmunzelnd denken, wie wenig es sich doch lohnt, mit dieser Brille auf diese Ereignisse zu blicken. Es sollte doch längst klar sein, dass die Bibel kein Geschichtsbuch ist. Das verkennt ihre wahre Größe, denn die Bibel ist ein Glaubenszeugnis und sie wollte auch nie etwas anderes sein. Sie beantwortet daher nicht, wie etwas konkret und historisch korrekt war, sondern wie Menschen in den unterschiedlichsten Grenzsituationen ihren Gott, ihren Glauben erfahren haben.
Um das Ostereignis und seine Schilderungen einordnen zu können, lohnt sich der Blick ins Alte Testament. Auf die Wahrhaftigkeit der Entstehung der Welt in sieben Tagen würde heute niemand mehr bestehen. Die Welt kann so "einfach" nicht entstanden sein. Und die Textabsicht war es auch nicht, zu erklären, wie die Welt entstanden ist. In aller Kürze: Die jüdischen Schreiber der Schöpfungsgeschichte befanden sich im Babylonischen Exil. Sie waren zutiefst traurig, weil die Babylonier sie zur Aneignung ihrer fremden Kultur und ihres fremden Glaubens zwangen. Deswegen verfassten sie die Schöpfungsgeschichte: Um in dieser fremden Welt nicht zu verzweifeln. Fernab von ihrer Heimat brauchten sie Trost, einen Text, der ihnen als Schutzschild diente, der ihnen zeigte, wie ihr Gott zu ihnen stand. Die Schöpfung ist ein Glaubenstext, der sagt: Wir sind mit Gott von Beginn an untrennbar verbunden, er ist immer bei uns, weil er seit Anbeginn der Welt da war und unser Leben gewollt hat.
Übertragen auf das Osterereignis bedeutet dies: Die Ostergeschichte ist auch ein Glaubenszeugnis. Denn die Auferstehung Jesu ist nicht "im Sinne eines historischen Ereignisses empirisch fassbar" (Sabine Pemsel-Meier). Wie sollte man also darüber schreiben, wie sollte man den Menschen begreiflich machen, wovon man überzeugt war? Und das waren die Menschen damals: Sie waren sich sicher, dass die Sache Jesu nicht vorbei war, denn seine Liebe zum Nächsten war so groß und sein Arbeit so gewaltig, dass nur er derjenige sein konnte, der es als erster Mensch geschafft haben musste, den Tod zu überwinden. Die Menschen damals glaubten fest daran, dass der Messias dazu in der Lage war.
Wenn die Auferstehung also historisch nicht greifbar ist und unsere Vorstellung übersteigt, so mussten die Evangelisten dennoch einen Weg finden, diesen großen Glauben weiterzuerzählen. Das schafften sie mit der Erwähnung des leeren Grabes. Ob dies leer oder voll war, ist eigentlich vollkommen unerheblich, denn die Evangelisten erzählen uns von ihrer Glaubensüberzeugung und nutzen die Erwähnung des leeren Grabes als Bild, um der Glaubensbotschaft Nachdruck zu verleihen. Es ist ein sehr wirkmächtiges Bild, das als erstes Zeichen - als das Zeichen schlechthin - dass Jesus scheinbar den Tod überwunden hat und auferstanden ist, allen Gläubigen bis heute bekannt wurde.
Letztgültig ist wie in jedem biblischen Text die Glaubensbotschaft das Wichtige: Jesus ist der Messias. Er ist derjenige, der den Tod überwinden konnte. Wie genau das passiert ist, das weiß aber niemand. Wir stellen es uns aber so vor, dass er endgültig bei Gott ist. Im Frieden, in der Liebe. Und nichts Weniger wünschen wir uns zutiefst für alle verstorbenen Menschen, die wir lieben: Dass sie im Frieden und in der Liebe Gottes ewige Heimat finden. (Christina Lander) +++