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„LEIDLiebe“ von Johannes Matl - Alle Fotos: Jutta Hamberger und Johannes Haubs

FULDA "Auschwitz kann man nicht verstehen!"

Projektgruppe der Winfriedschule mit einzigartiger Ausstellung im Stadtschloss

25.04.23 - "Wir haben geschrien. Wir haben geweint. Wir waren verzweifelt. Aber wir haben uns gegenseitig unterstützt", fasst Florentine Schlereth ihre Eindrücke von drei Tagen in Auschwitz zusammen. Auf meine Frage, ob sie Angst vor diesem Besuch in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau gehabt habe, kommt ein schnelles "Ja – man weiß ja nicht, ob man da vielleicht total zusammenklappt." Wer einmal in Auschwitz war, wird verstehen, was sie meint. Das Grauen dieses Ortes ist noch immer mit Händen zu greifen, die unnatürliche Stille dort geht durch Mark und Bein.

Am geschichtlichen Ort an das Versagen der Demokratie erinnern

Oberbürgermeister Wingenfeld und Anja Listmann, die Beauftragte für Jüdisches ...

Johannes Matls Skizzenbuch war die Keimzelle der Ausstellungsidee

Die Projektgruppe "Jüdisches Leben in Fulda", gibt es seit 2019 an der Winfriedschule, sie hat inzwischen 17 Mitglieder. Sie besucht historische Orte oder Ausstellungen und spricht mit Zeitzeugen, wie Silas Schauenberg erklärte. Im Januar 2023 fuhr die Projektgruppe nach Polen und Auschwitz – geleitet und begleitet von Anja Listmann und Thorben Emmerich. Es war keine Klassenfahrt wie viele andere, sondern eine Reise, die mitnahm und die man nicht so leicht verarbeiten konnte. Die Schülerinnen und Schüler – überwiegend aus den 10. Klassen der Winfriedschule – taten dies in Bildern, Gedichten, Podcasts und Reportagen.

Überwachung. Im Stammlager von Auschwitz (Johannes Matl)

Thorben Emmerich und Anja Listmann rahmen Johannes Matl ein, der stolz sein Skizzenbuch ...

Kein Weg zurück. Birkenau (Johannes Matl)

Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld eröffnete die Ausstellung vor den Spiegelsälen im Stadtschloss: "Es ist richtig, dass diese Ausstellung hier zu sehen ist, denn das Stadtschloss ist nicht nur ein barockes Juwel, sondern eben auch ein Ort, an dem in der NS-Zeit die Demokratie versagte", so der Oberbürgermeister. Für Demokratie müsse man sich immer wieder neu engagieren, dazu gehöre auch die Auseinandersetzung mit Auschwitz. Der Oberbürgermeister zitierte Navid Kermani, der in diesem Jahr mit dem Winfriedpreis geehrt werden wird und nach seinem ersten Besuch in Auschwitz gesagt hatte: "Ich habe erst in Auschwitz verstanden, was es bedeutet, Deutscher zu sein".

Das Plakat der Ausstellung – Transport in den Tod (Florentine Schlereth) ...

Adolf (Leni Manthey)

Roman Melamed im Gespräch mit Annette Albrecht, der Schulleiterin der Winfriedschule ...

Annette Albrecht, die Schulleiterin der Winfriedschule, zog eine Parallele zu den Kompetenzfeldern, um die es im schulischen Alltag immer gehe: verstehen, fühlen, erinnern, verarbeiten und vermitteln. Genau dies könne man hier erleben – Auschwitz sei zu groß, zu schrecklich, als dass man es nur gedanklich fassen könnte. Die Ausstellung stehe im Rahmen eines größeren Projekts, das man gerade plane, einem Austausch mit Schülern aus Petach Tikva (auf Deutsch: Tor der Hoffnung), einer Stadt wenige Kilometer östlich von Tel Aviv. Übrigens eine Stadtgründung, bei der auch Fuldaer (aus Rodges) beteiligt waren!

Hohe künstlerische Qualität

Anja Listmann und Thorben Emmerich im Gespräch mit Dr. Peter Zürcher

OB Wingenfeld begrüßt die Gäste und eröffnet die Ausstellung

Oberbürgermeister und Ausstellungsbesucher waren tief beeindruckt von der Qualität der ausgestellten Werke, die sehr persönlich, ja fast privat sind. Hier finden sich keine Allgemeinplätze, keine ausgelutschten Betroffenheits-Adressen, nichts ist oberflächlich oder auf Insta-Tauglichkeit gebürstet. Alle Bilder atmen eine gewisse schroffe Innerlichkeit, zeigen Nähe und Distanz zugleich. Man spürt, wie sehr der Besuch der Gedenkstätte alle berührt hat: "Wir wissen, dass wir mit unserem Besuch nichts verändern, aber uns hat der Besuch verändert", so Naomi Tchomtcha und Leonora Kasa. "Wir wollen nicht schweigen, wir wollen nicht wegschauen, wir setzen uns gegen jede Form der Diskriminierung ein". Denn Auschwitz habe auch deshalb stattfinden können, weil zu viele Menschen aus Angst oder Bequemlichkeit weggeschaut hätten.

Viele der Motive sind bekannt, aber die Umsetzung ist bemerkenswert und öffnet im wahrsten Sinn des Wortes die Augen. "Gepäck für die Hölle", "Ein Block von vielen", "Zyklon B", "LEIDLiebe", "Dilemma der Qualen", "Letzte Fahrt" oder "Kein Weg zurück" heißen einige der Kunstwerke. Jedes einzelne von ihnen berührt und bewegt. Im Folder der Ausstellung und in der Ausstellung selbst gibt es auch zahlreiche QR-Codes, die zu Interviews, Reportagen und Podcasts führen.

Zahlreiche Lehrkräfte der Winfriedschule sowie die Schüler und Schülerinnen der Projektgruppe mit ihren Angehörigen waren unter den Besuchern. Auch einige Stadtverordnete und Magistratsmitglieder, MdL Silvia Brünnel und Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler hatten es sich nicht nehmen lassen, bei der Eröffnung dabei zu sein. Mit Roman Melamed von der Jüdischen Gemeinde und Dr. Peter Zürcher, der in Vertretung Bischof Gerbers gekommen war, waren zwei große Religionsgemeinschaften vertreten. "Ich hoffe, dass von dieser Eröffnung ein Signal ausgeht und noch viele Menschen kommen, um zu lesen und zu schauen", so Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld. Bis zum 22. Mai haben Sie noch die Chance dazu – Sie werden es nicht bereuen! (Jutta Hamberger)+++


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