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Protest gegen eine Politik, die nichts begreift: Apotheken bleiben am 14. Juni zu
02.06.23 - Sehr viele Apotheken in ganz Deutschland werden am 14. Juni geschlossen bleiben. Die Versorgung wird zwar aufrechterhalten – allerdings nur über die Notdienstapotheken. Mit diesem Protesttag soll auf gesundheitspolitische (Fehl)-Entscheidungen der Bundesregierung reagiert werden. Über Hintergründe sprachen auf Einladung von OSTHESSEN|NEWS die drei heimischen Apotheker Dr. Stefan Wagner, Justus Schollmeier und Bastian Zellmer.
"Wir wollen an diesem 14. Juni ein deutliches Zeichen setzen", betonen diese unisono, um auf die (Fehl)-Entwicklungen der vergangenen Jahre hinzuweisen. Die Politiker, und hier sind vornehmlich die handelnden Personen auf Bundesebene gemeint, verweigerten jegliche Unterstützung "und vermitteln das Gefühl, überhaupt nicht das Gespräch mit uns zu suchen". Gleiches gelte im Übrigen für die Krankenkassen, "die auch nicht verstanden haben oder verstehen wollen, worum es uns geht".
Im Gespräch mit O|N unterstreicht das Trio die Bedeutung der Apotheke als zentrale Institution, wie sich unter anderem gerade während der Corona-Pandemie gezeigt habe. "Als einer der ganz wenigen Geschäftszweige sind wir mit unseren Beschäftigten in keinem Lockdown gewesen, haben durchgearbeitet und uns als stützende Säule des Gesundheitswesens erwiesen". So habe man - unter anderem - Corona-Schnelltests durchgeführt, geimpft und die Menschen beraten. "Von der Politik sind wir in der Hochphase der Pandemie beklatscht worden, und danach haben wir einen Tritt in den Hintern bekommen", formulieren Dr. Wagner, Schollmeier und Zellmer. Die auch darauf verweisen, welch' große Belastung die Notdienst-Regelung gerade im ländlich strukturierten Raum wie der Region Fulda mit sich bringe: Das bedeute, 24/7 präsent zu sein.
Aufklärung und Information
Für die drei Apotheker steht fest, dass die Berliner Politik den Protesttag regelrecht provoziere. Dennoch gehe es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Aufklärung und Information der Bürger. "Beispielsweise reden alle von Inflationsausgleich, nur wir bleiben außen vor. Unsere Honorarsätze sind seit 20 Jahren unverändert. Zudem wird uns immer mehr Bürokratie aufgebürdet, haben wir mit Lieferengpässen zu kämpfen und mit teils eklatanter Personalnot". Erst wenn immer mehr Apotheken ihre Tore schlössen, würden die Politiker (vielleicht) aufwachen. Die Zahl der Apotheken ist inzwischen auf unter 18.000 gefallen - dem niedrigsten Stand seit über 40 Jahren. "Wir haben den Eindruck, dass die Politik sich verstärkt auf die Internet-Apotheken fokussiert und die Apotheke vor Ort nur als eine Art Back-up ansieht, die sich um den Rest kümmert. Das ist paradox und absurd".
Der Beruf des Apothekers habe sich im Laufe der Jahrzehnte sehr verändert, "wir sind schon lange keine ,Schubladenzieher' mehr, sondern Gesundheitsdienstleister und eingetragene Kaufleute in einem. Zudem sind wir gerade auch an Wochenenden oftmals erster Ansprechpartner für Menschen, die gesundheitliche Probleme haben". Gut sei auch auf lokaler Ebene die Zusammenarbeit mit den Ärzten, unzufrieden sei man dagegen generell in mancherlei Dingen auch mit der eigenen Standesvertretung, der Landesapotheker-Kammer. "So können wir nicht verstehen, warum wir verpflichtet sind, sowohl dort als auch in der IHK Mitglied zu sein".
In den kommenden Tagen sollen die Bürger darüber informiert werden, dass die Apotheken am 14. Juni geschlossen sein werden, und welche Apotheke Notdienst anbieten wird. Zudem wird noch darüber diskutiert, ob/welche öffentliche Kundgebung es an diesem Tag in Fulda geben soll. Auch der diesjährige "Tag der Apotheke" am 7. Juni wird bundesweit bereits im Zeichen des politischen Protests stehen. (Bertram Lenz) +++