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Im Prozess um das Tötungsdelikt unter Kollegen in Petersberg wurde am Montag plädiert - O|N-Archivbilder

FULDA Freispruch oder zehn Jahre Haft?

Plädoyers im Prozess wegen Tod durch 56 Messerstiche in Petersberg

20.06.23 - Im Prozess um ein Tötungsdelikt unter Kollegen in einer Vertragsarbeiterunterkunft in Petersberg haben Staatsanwalt und Verteidiger des Angeklagten am Montag ihre Plädoyers gehalten, die diametral auseinander lagen. Während Staatsanwalt Andreas Hellmich zehn Jahre Haft für das Tötungsdelikt schuld- und strafangemessen findet, hält der Verteidiger eine Notwehrsituation seines Mandanten für möglich, was einen Freispruch bedinge.

Trotz aufwendiger Spurensuche blieb das Tatmesser unauffindbar

Tatsächlich liegt der genaue Tathergang im Dunklen, weil der Angeklagte sich in keiner Weise dazu eingelassen hat. So begann Hellmich sein Plädoyer auch mit der Frage, warum das Opfer nur 39 Jahre alt werden durfte und in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2022 auf der Feuertreppe einer Petersberger Vertragsunterkunft an 56 Stichverletzungen in Kopf, Hals, Lunge und Herz sterben musste. Beide Männer waren zu dieser Zeit bei der Kurhessischen Fleischwarenfabrik als Zeitarbeiter beschäftigt. An der Täterschaft des 22-jährigen Angeklagten gebe es für die Staatsanwaltschaft keinerlei begründeten Zweifel. Zwar fehle die Tatwaffe, ein Messer, von dem der 22-Jährige der Polizei gesagt habe, er habe es nach der Tat in eine Hecke geworfen, doch ein Handyfoto, das ihn mit einem Messer zeige, mache es als Tatwaffe plausibel und wahrscheinlich. 

"Eine Tötung wegen nichts?"

Ein Kollege der beiden Männer hatte vor Gericht als Zeuge berichtet, dass das Opfer und der Angeklagte wegen einer Nichtigkeit in Streit geraten seien, sich aber danach wieder versöhnt und zusammen getrunken hätten. Die mehrfachen Aussagen dieses Zeugen bewertete der Staatsanwalt als in ihrer Kernaussage identisch und glaubwürdig, er habe "keinerlei Belastungseifer" gezeigt. Auch dem Zeugen war völlig unklar, worin das Motiv für die Bluttat begründet gewesen sei. Der 22-Jährige habe sich darüber geärgert, dass sich sein Kollege "aufgespielt" habe. Das als Grund für die "Übertötung" mit 56 Messerstichen anzunehmen, sei kaum nachvollziehbar, so Hellmich. "Eine Tötung wegen nichts - nur, weil das Opfer den dummen Macho-Anspruch des Angeklagten auf Respekt tangiert hat?" Weil der 22-Jährige von seinem Recht zu schweigen, Gebrauch mache, kein Geständnis abgelegt habe und keine Reue zeige, gebe es auch keine Entlastungsgründe. Trotz seiner Misch-Intoxikation aus Alkohol und Amphetaminen, die der Gutachter bestätigt habe, sei seine Steuerungsfähigkeit zwar zeitweise gemindert, aber nicht aufgehoben gewesen. 

Verteidiger stellt die Frage nach dem 'Wie' und dem 'Warum'

Die Frage, wer die Tat begangen habe, müsse man nicht stellen, darin sei er sich mit dem Staatsanwalt durchaus einig, begann der Verteidiger sein Plädoyer. Wohl aber seien sowohl das Wie als auch das Warum der Tat völlig ungeklärt. Die Kammer müsse ergründen, warum bei seinem Mandanten vor der Tat "alle Sicherungen rausgesprungen" seien. Die Tatsache, dass der 22-Jährige die ihn verhaftenden Beamten gefragt habe, ob das Opfer tot sei, deuteten auf eine Tat im Affekt hin und darauf, dass seine Steuerungsfähigkeit möglicherweise eingeschränkt gewesen sei. Auch zwei weitere Äußerungen des Angeklagten seien ungeklärt und könnten möglicherweise auf eine Notwehrsituation hindeuten. "Entweder er oder ich", habe der 22-Jährige dem Zeugen gesagt und später davon gesprochen, er habe Todesangst gehabt. "Wenn die Kammer zu dem Schluss kommt, dass die Tat in Notwehr geschah, muss mein Mandant freigesprochen werden", plädierte der Verteidiger.

Das Urteil soll am Donnerstag, 22. Juni, um 13 Uhr verkündet werden. (Carla Ihle-Becker)+++


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