Existenzsorgen bei der Metzgerei Paul: "Es muss schnell eine Lösung her"

07.07.23 - Seit mehr als 98 Jahren gibt es die Metzgerei Paul in Flieden. Vor eineinhalb Jahren übernahm Luca Schupp von ihrem Vater, Paul Müller, die Metzgerei. Das Besondere: Ein Familienbetrieb in der vierten Generation. "Es ist ein klassischer Familienbetrieb. Wir frühstücken morgens zusammen und dann geht’s ran ans Werk, denn wir schlachten selbst", so die Metzgerei-Inhaberin gegenüber OSTHESSEN|NEWS. Doch nun sieht sie eben diese Existenz bedroht. Grund dafür: ein geplantes Wohnprojekt in der direkten Nachbarschaft.

In unmittelbarer Nähe befindet sich das Gasthaus "Grüner Baum", das im Jahr 2021 vom Investor Holger Enders aus Neuhof erworben wurde. Im selben Jahr präsentierte Enders der Gemeinde Flieden seine Pläne für ein Wohnprojekt, das in diesem Bereich realisiert werden soll. Die Gemeindevertreter sollen beim Bebauungsplan maximal 25 Wohnungen für das Areal festgelegt haben.

"Es wird zwangsläufig zu Konflikten führen"

Gemeinsam mit ihrem Mann übernahm die gelernte Friseuse und Kosmetikerin zum Jahreswechsel ...Archivbild: O|N /Leah Hohmann

Doch warum sieht sich Luca Schupp von diesem Wohnprojekt bedroht? "Wir haben Angst, weil wir als Metzgerei stinken - so blöd sich das auch anhört. Wir haben bereits mit unseren jetzigen Nachbarn Probleme gehabt. Ich bin ein harmoniegetriebener Mensch, daher haben wir immer den offenen Diskurs gesucht und das geregelt, was wir regeln konnten. Aber wenn jetzt zahlreiche neue Bewohner kommen, die gar keine Ahnung haben, wie es ist neben einer Metzgerei zu wohnen, wird das zwangsläufig zu Konflikten führen", befürchtet Schupp und führt weiter aus: "Ich würde ja auch nicht wollen, von derartigen Gerüchen belästigt zu werden, wenn ich auf meinem Balkon sitze. Von der Regierung fehlt hier auch einfach die Unterstützung, die, berechtigterweise, Landwirte bereits erhalten. Wir fühlen uns da aber im Stich gelassen."

Für Luca Schupp hören die Probleme hier allerdings noch nicht auf. "Die Parkplatzsituation bei uns, und ganz Flieden, ist verbesserungswürdig. Die Anwohner hier haben kaum Parkplätze zur Verfügung - genauso wie wir kaum Kundenparkplätze. Es ist bereits jetzt öfters hektisch, da dutzende Menschen Parkplätze suchen. Wenn jetzt noch mehrere neue Wohnungen dazu kommen, muss der Investor ausreichend Parkplätze zur Verfügung stellen. Wie soll das gehen, wenn es bereits jetzt nicht genügend gibt?", fragt sich die Metzgerei-Inhaberin.

"Die Gerüche, die Fliegen, der Lärm - all das wird unterschätzt"

Insgesamt 22 Mitarbeiter arbeiten tagein, tagaus bei der Metzgerei Paul, davon auch manche aus der zweiten Generation der Familie Schupp. "Auch für meine Mitarbeiter habe ich dann das Gespräch mit dem Investor gesucht, ob er nicht vielleicht etwas anderes auf dem Areal bauen möchte. Dieser meinte jedoch lediglich, dass 'ihm spontan nichts einfalle', ich mich 'mal entspannen' soll und das alles ja 'potenzielle Kunden' sind", erzählt Schupp. "Diese Situation ist einfach total verzwickt. Auch die Argumente bezüglich gesetzlichen Grenzwerte bei der Emission und dem Geruch, die hier alle im Rahmen sind, sind hinfällig. Denn die Realität sieht bei sowas ganz anders aus. Keiner von denen weiß, wie es ist, neben einem Metzgereibetrieb zu wohnen. Der Geruch, die Fliegen, der Lärm - all das wird unterschätzt und wir müssen dann mit den betroffenen Bewohnern eine Lösung finden."

Fakt ist: Es muss schnell eine Lösung her. Zumal bei der Metzgerei auch dringende Investitionen anstehen, die zukunftsweisend sind. "Hinzu kommt, dass wir für die Zukunft planen müssen. Eigentlich stehen weitere Investitionen an, denn wir müssen beispielsweise die Produktion und den Verkaufsraum renovieren, modernisieren und auf den neueste Stand bringen. Wenn es mit dem Wohnungsprojekt so bleibt, dann muss ich mir irgendwann die Frage stellen: Lohnt sich das Investieren? Oder muss ich in ein paar Jahren aufgeben." (ms) +++