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Kämpfe zwischen Hunden sehen für das menschliche Auge schnell schlimm aus - Symbolbild: Pixabay

REGION Vermehrte Zuschriften über Hunde-Angriffe

Was tun, wenn Bello zubeißt? - Tierarzt und Hundetrainerin geben Tipps

21.07.23 - Gemütlich kommt er angelaufen. Zutraulich sieht der Vierbeiner aus. Zunächst wackelt er noch mit dem Schwanz, von Angriffshaltung keine Spur. Doch dann, binnen Sekunden, schnappt er zu: Zuerst greift er den kleinen Mischling an der Leine seines Frauchens an, dann seine Halterin, die ihn beschützen wollte und dazwischen ging. Vermehrt haben O|N-Leser die Redaktion in den vergangenen Wochen und Monaten über Hundeangriffe wie diesen, oftmals durch unangeleinte Tiere, die teils sogar ganz allein unterwegs waren, informiert.

Kommt es zu solch einem Konflikt werden Hunde wie auch Halter schnell erheblich verletzt. Im Falle eines kleinen Chihuahuas in Gläserzell endete der Angriff eines größeren Hundes Anfang des Jahres sogar tödlich.

"Das sind kurze Momente, die nicht passen. Man kann da schwer vorbeugen, weil es eben so unglaublich schnell geht", erklärt Tierarzt Dr. Gerald Schmidt aus Schenklengsfeld im Gespräch mit O|N. Nicht nur zwischen Hunden, die sich kaum oder gar nicht kennen, könne es spontan zu Kämpfen kommen, auch bei Tieren, die einander bereits oft beschnuppert oder miteinander getobt haben, kann urplötzlich ein Angriff erfolgen. Oftmals passiere das im Bruchteil einer Sekunde, sodass man als Halter kaum rechtzeitig reagieren könne.

Die Vorzeichen sind dabei oft nur schwer für das ungeübte Auge zu erkennen, wie Hundetrainerin Christiane Rauche-Hassenpflug, Inhaberin der Martin Rütter DOGS Hundeschule Bad Hersfeld/Fulda, erklärt. "Das Ausdrucksverhalten unserer Hunde ist sehr komplex", sagt sie. Aber man könne auf einige Hinweise achten. So könne eine gewisse Körpersteifigkeit und Angespanntheit bei vielen Hunden vor dem Angriff wahrgenommen werden, während von Hunden, deren Körper weich und beweglich sind, meist keine Gefahr ausgehe. Auch Knurren und das Zeigen der Zähne seien typische Drohgebärden, ebenso wie aufgestelltes Nackenfell.

Der Unterschied zwischen Spiel und tatsächlichem Angriff ist für das ungeübte ...Symbolbild: Pixabay


Der Mensch befürchtet oft das Schlimmste

Doch nicht immer muss aus vermeintlichen Kämpfen ein gefährliches Szenario erwachsen. Während der Mensch das Schlimmste befürchtet, sind die vermeintlichen Angriffe für die Hunde zuweilen auch nur Spiel. "Der Begriff "angreifen" wird von Menschen ganz unterschiedlich interpretiert", sagt Rauche-Hassenpflug. "So empfinden manche Menschen ganz subjektiv ein ‚freundliches‘ Hochspringen bereits als Angriff. Hier geht es also sowohl um subjektives Empfinden, als auch um die (Fehl-)Interpretation der hündischen Kommunikation", erklärt sie weiter. 

Ob nun Spiel, Rangordnungskampf oder tatsächlicher Angriff - man kann dem zumindest ein Stück weit versuchen, vorzubeugen und Schreckmomente oder gar fatale Folgen zu vermeiden, da sind sich beide Experten einig. "Wichtigster und einziger Tipp, dem Streit aus dem Weg gehen. Bei anderen Hunden etwas Distanz wahren, vor allem bei fremden Hunden. Es sind Momente, Instinkte, die am Ende entscheiden, selbst wenn ich meinen Hund gut kenne. Ich kann nicht wissen, was in ihm vorgeht", rät Dr. Schmidt. Sprüche wie "Der tut nix!" oder "Der will nur spielen" haben dabei keine Aussagekraft, so Rauche-Hassenpflug. "Diese Sprüche sind immer ein Zeichen dafür, dass die Halter ihre Hunde nicht mehr unter Kontrolle haben und nicht in der Lage sind, ihre Hunde zu sich rufen zu können. Solche Hunde gehören an die Leine!", so ihr deutlicher Appell. Es sei respektlos gegenüber dem anderen Mensch-Hund-Team. Finde dann ein Angriff statt, heiße es oft "Das hat er ja noch nie gemacht!".

Rennt ein Hund auf einen Spaziergänger, Jogger oder Radfahrer zu, rät sie, soweit dies möglich ist, Ruhe zu bewahren und stehenzubleiben, da alles, was sich schnell bewegt, für Hunde spannend sein könne. Das erklärt sie als "fehlgeleitetes Beuteschema". Es empfehle sich, die Arme an den Körper ran zunehmen, nicht zu sprechen, sich seitlich zum Hund zu drehen und den Hund nicht anzuschauen. Reagiere man nicht auf den Angriff, stelle der Hund diesen meistens ein.

Bei Verletzungen unbedingt auch selbst zum Arzt gehen

Tut er dies nicht und es kommt zum Unglück, rät die Expertin: "Nach dem Sichern des angreifenden Hundes sollten die Kontaktdaten der Beteiligten ausgetauscht werden." Und dann wird die Hilfe des Tierarztes und gegebenenfalls auch eines Humanmediziners notwendig. Kleine Kratzer sind laut Dr. Gerald Schmidt kein Grund zur Panik. Tiefe, schwere Verletzungen jedoch, sollte man unbedingt tierärztlich abklären lassen. Hundebisse seien nicht ganz ohne. An Stellen wie dem Hals verursachen sie oftmals eine starke Blutung. Zudem versorgten Halter meist erstmal ihre Hunde, aber sich selbst oft nicht. Deshalb rät er: "Gehen Sie unbedingt auch selbst zum Arzt!" Behandlungskosten oder unter Umständen sogar Schmerzensgeld oder Schadensersatz können Geschädigte letztlich einfordern. 

Die Motivationen, die zu Angriffsverhalten führen, sind, so die Experten, je nach Rasse unterschiedlich ausgeprägt. Darum plädieren beide auch: Wer sich einen Hund zulegen möchte, sollte sich unbedingt vorher gründlich informieren, was das Tier benötigt, wie seine Haltung ablaufen sollte, wie eine artgerechte Auslastung und Beschäftigung aussehen und wie es kommuniziert. Abschließend wünscht sich Rauche-Hassenpflug: "Hundehalter sollten ihren Hund in jeglichen Situationen soweit unter Kontrolle haben, dass weder Mitmenschen noch Artgenossen, oder Natur und Umwelt gefährdet oder eingeschränkt werden. Das gebietet einfach der Respekt. Wenn man merkt, es läuft etwas aus dem Ruder, sollte man sich frühzeitig professionelle Hilfe suchen." (Sabrina Ilona Teufel-Hesse) +++


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