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FULDA "Ich bin zwischen den Welten"

Der Münchner Filmemacher Sikander Goldau sucht in Fulda seine Wurzeln

28.07.23 - Ein kleiner Junge aus Pakistan, als Baby von einer deutschen Missionsschwester adoptiert, überall und doch nirgendwo auf der Welt zu Hause - allein das klingt bereits nach dem Stoff für einen emotionalen Kinofilm. Doch die Geschichte von Sikander Goldau, Filmemacher aus München, ist noch viel umfangreicher, viel verworrener und birgt noch deutlich mehr Rätsel als der größte Blockbuster. Sie ist geprägt von Verlusten, von Liebe, aber auch von der Suche. Mit 54 Jahren ist er nach Fulda gekommen, einer der Orte, an denen er als Kind einmal gelebt hat, um Antworten und seine Wurzeln zu finden.

Auf der Suche nach Informationen, um die leeren Seiten seiner Biografie zu füllen, ...Fotos: Finn Rasner

Am Bahnübergang zwischen Eichenzell und Bronnzell ereignete sich in der Nacht des ...

Einige Bilder der Mutter und seiner Herkunftsstadt hat Goldau auf dem Ipad ...


1969 wird Sikander Goldau in Quetta, Pakistan, als ungewolltes Kind geboren. Nur kurz darauf adoptiert ihn die deutsche Missionsmedizinerin Hildegard Goldau und bringt ihn mit in ihre Heimat Fulda, um ihn dort liebevoll großzuziehen. Ein Tagebuch, das sie damals für ihren kleinen Adoptivsohn begann, zeugt noch heute von ihrem Wunsch, dem kleinen Sikander ein schönes Leben zu ermöglichen, ihm eine liebevolle Mutter zu sein. Doch nur fünf Jahre soll der Junge bei ihr leben, bis zu einem schicksalhaften Unfall in der Nacht des 23. Mai 1974. Mit Sikander auf der Rückbank ist die Fuldaerin damals im Auto unterwegs und möchte vermutlich noch schnell einen Bahnübergang zwischen Eichenzell und Bronnzell überqueren, als ein herannahender Zug das Fahrzeug der beiden erfasst und mehrere Meter mitschleift, wie damals die Fuldaer Volkszeitung berichtete. Beide werden schwer verletzt. Die Mutter so schwer, dass sie später im Krankenhaus verstirbt. Doch der kleine Sikander überlebt.

Sikander Goldau sieht zum ersten Mal das Haus, in dem er als kleiner Junge mit seiner ...


"Meine ersten Erinnerungen sind, wie ich dort liege und meinen Kopf nicht bewegen kann und immer wieder Blaulicht durch mein Sichtfeld wischt", sagt der heute 54-Jährige. Nicht das fröhliche Spielen mit Freunden, nicht der Moment, als er zum ersten Mal in seinem neuen Zuhause in Deutschland ankam, sondern Bilder von Gefahr und Verlust prägen seine Erinnerung. Nach Jahrzehnten, in denen Sikander Goldau sich immer wieder fragte, wo genau er herkommt, möchte er nun die "weißen Flecken" in seiner Biografie mit Bildern füllen - und das gleich in doppeltem Sinne. Im Juli hat er zum ersten Mal Fulda besucht und ging zu dem Haus, in dem seine Adoptivmutter und er vor rund 50 Jahren lebten. Er traf einen alten Kindheitsfreund, der sich nach einem öffentlichen Aufruf an ihn erinnerte und sich bei ihm gemeldet hatte und er versuchte, die Ereignisse der Unfallnacht zu verstehen. All das, um zum einen seine persönlichen Rätsel um seine Herkunft zu lösen und zum anderen seine Geschichte in einem Film zu erzählen. 

Sikander Goldaus Adoptivmutter hinterließ ein Tagebuch, gerichtet an den Sohn ...Bilder (6): Sikander Goldau/Motherlands


"Mein Leben lang habe ich nach der richtigen Geschichte für mein Filmprojekt gesucht", sagt er im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. "Bis ich gemerkt habe, dass das meine eigene Geschichte ist." Daher reiste er im Jahr 2006 zum ersten Mal in seinem Leben nach Pakistan, in seine Geburtsstadt. Folgte Hinweisen, traf Menschen, die im Tagebuch der Mutter erwähnt wurden und ließ sich mit der Kamera begleiten. 17 Jahre später hat er einen Teil seiner Geschichte aufgearbeitet, aber noch längst nicht alles. Es zieht ihn nach Fulda, um dort weiterzusuchen. 

Sikander mit seiner Adoptivmutter


Crowdfunding-Kampagne zum Film

In seinem Film mit dem Titel "Motherlands" möchte er seine Geschichte, die eines Mannes zwischen den Welten, erzählen. Die Geschichte eines Menschen, der auf dem Papier und in vielen Eigenschaften selbsterklärt "typisch deutsch" ist, aber dennoch überall auf der Welt auf seinen Reisen in der Landessprache angesprochen wird. Dafür sucht er nun nach Hinweisen und Zeugen. Wer war in der Unfallnacht am Bahnübergang? Gibt es Passanten, Zugpersonal oder Rettungskräfte, die ihm mehr über seine Geschichte verraten können? Und Sikander hat eine Crowdfunding-Kampagne für die Finanzierung seines Filmes eingerichtet und bittet Menschen um Unterstützung bei der Umsetzung seines Projekts. Er ist überzeugt, dass es viele Menschen gibt, deren Biografien ähnlich große Fragen aufwerfen und die vielleicht ebenso auf der Suche nach ihren Wurzeln sind. Deshalb möchte Goldau jeden, der sein Projekt unterstützt und der möchte, namentlich im Abspann seines Filmes erwähnen. (Sabrina Ilona Teufel-Hesse) +++

Sikander Goldaus erstes Passfoto


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