Impulse von Stefan Buß: In Verantwortung vor Gott leben

09.08.23 - Der heimatlose Schuster Wilhelm Voigt, alias, "der Hauptmann von Köpenick", sagte in einem tiefsinnigen Gespräch mit seinem Schwager: "Und dann stehst du da vor Gott, dem Vater und der fragt dich ins Gesicht: Wilhelm Voigt was hast du gemacht mit deinem Leben?" Und da muss ich sagen: "Fußmatten habe ich geflochten im Gefängnis." "Aber dafür habe ich dir dein Leben nicht geschenkt", sagt er. "Was hast du damit gemacht?" Das ist die Frage, die sich jeder Mensch stellen könnte.

Der Stadtpfarrer bei O|N. Archivfoto: O|N/Hendrik Urbin

Was hast du aus deinem Leben gemacht und wie bist du umgegangen mit den Möglichkeiten, die dir gegeben waren und mit den Talenten, die dir anvertraut sind? Wir tragen für unser Leben, das uns geschenkt wurde, Verantwortung. Im Evangelium bei Lukas finden wir Wegweisungen für ein vor Gott verantwortliches Leben. Jesus spricht davon, dass Wachsein dazu gehört, um verantwortlich zu leben. Wach bleiben in der Nacht, das Licht brennen lassen, das Gewand anbehalten, um sofort dem zurückkommenden Herrn des Hauses öffnen zu können. Aber dieses Wachsein und sich bereithalten ist nicht ein Untätig sein, ein gelangweiltes Warten. Die Zeit des Wartens ist gefüllt. Da gilt es sich, um mit dem Evangelium zu sprechen, um die Knechte zu kümmern. Ihnen zu geben, was sie brauchen.

Das heißt übersetzt: Wer die Zeit missbraucht zum Bösen, wer in dieser Zeit ein verantwortungsloses Leben führt, der seine Mitmenschen vielleicht ausbeutet, ihnen nicht gerecht wird. Der muss sich verantworten, wenn der Herr zurückkommt. Um es zu übersetzen, heißt das, das gilt auch für den, der in unserer Zeit nur seinen Egoismus befriedigt. Wer nur an sich denkt, wer vielleicht achtlos an seinen Mitmenschen vorbeigegangen ist und seine Verantwortung nicht wahrgenommen hat. Antoine de Exupéry (1900 – 1944, frz. Schriftsteller) sagt in seinem kleinen Prinzen: "Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast!" So sagte der Fuchs zum kleinen Prinzen. Für deine Rose bist du verantwortlich, das heißt für deinen Partner, deine Partnerin, deine Kinder und Enkel, für deine Mitarbeiter, Kolleginnen und Kollegen, für deine Nachbarn, für die, die krank und elend sind, die ausgebeutet und verstoßen am Rande der Gesellschaft sind. Dabei kommt mir das Matthäus Evangelium in Erinnerung: "Was ihr einem von den Geringsten getan habt oder nicht getan habt, das habt ihr mir getan oder nicht getan", so sagt Jesus (Mt. 25,40). In unserem Gegenüber, für das wir verantwortlich sind, ist das Angesicht Jesu verborgen.

Es gilt als Mensch Verantwortung zu übernehmen für die uns anvertraute Schöpfung, für unsere Mitmenschen. Der jüdische Fromme nannte solches Leben in Verantwortung ein Leben vor Gottes Angesicht und sein inständiges Gebet war es: "Herr, wende Dein Angesicht nicht ab von deinem Knecht. Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht!" So heißt es im Psalm 50 oder auch 68. Ohne dieses Licht der Gegenwart Gottes glaubt der Fromme nicht leben zu können. Ist das letztlich nicht auch der Schlüssel für das Leben eines Menschen in Verantwortung. Leben vor Gottes Angesicht. Verantwortliches Leben im Glauben an seine Nähe, an seine Gegenwart, an seinen Schutz und Beistand. Angesichts der Herausforderungen auch in unseren Zeiten gilt es wach zu sein und zu handeln. (Stefan Buß) +++