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Witold Sabela (links) mit Sedat Gören, dem Chefcoach der SG Barockstadt - Fotos: privat

FULDA Ein Torwarttrainer, in dem Qualität steckt

Witold Sabela: Polen im Herz, ein Video und die Kraft der Überzeugung

11.08.23 - Wiederholt sieht Witold Sabela auf seine Uhr. Seine Ehefrau Isabela erinnert ihn an den Termin. Und auch ihr Mann möchte nicht zu spät kommen, "wir haben einen Tisch im Restaurant", erklärt er. Ihr Sohn Filip, der bei der U19 der SG Barockstadt im Tor steht, hat gerade die Führerscheinprüfung bestanden. Und das möchte die Familie mit einem gemeinsamen Essen feiern. Zwar ist Filip noch nicht 18, muss noch bis April nächsten Jahres in Begleitung seiner Eltern Auto fahren. Aber das ist zumindest Witold ganz recht. Es läuft. Witold ist immer vorbereitet. Auf ihn ist Verlass. Auf den Torwart-Trainer der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. 

Sedat Gören, Cheftrainer der SGB, hält große Stücke auf Witold. "Ich kann nur Positives über ihn reden. Er ist sehr engagiert. Sehr, sehr ehrgeizig. Immer vorbereitet. Ich habe ihn selbst trainiert vor einigen Jahren beim TSV Lehnerz. Er hat mich überzeugt in seiner Art und Weise." 

Und Witold erzählt die Geschichte, wie er vor vier Jahren zur SG Barockstadt kam. Eine kleine Geschichte. Aber wichtig für den Torwart-Trainer, der in einer Art Wohlfühl-Oase angekommen zu sein scheint. Kerem Kardas, einst Sabelas Mitspieler beim Nord-Kreisoberligisten ESV Weiterode und wie Gören auch früher in der 2. Liga der Türkei unterwegs, betrieb eine Fußballschule. Um die bekannter zu machen und größeres Aufsehen in der Öffentlichkeit zu bekommen, postete Kardas ein Video. "Da war ich auch Torwart-Trainer. Sedat hat das Video gesehen, mich angerufen, wir haben uns getroffen. Er hat mir gesagt, was er erwartet." Das Resultat: Sabela bekam den Job. Gerade hatte Wolfgang Ernst aufgehört als Torwart-Trainer der SGB.

Die ersten Keeper, die Sabela trainierte: Tobi Wolf und Bene Kaiser

Natürlich erinnert er sich an die ersten Keeper, die er trainierte: Tobi Wolf und "Bene" Kaiser, heutiger Torwart des Hünfelder SV. "Es war nicht so einfach. Die waren 30. Und ich 39." Am Dienstag ist Witold Sabela 42 geworden. Er fühlt sich wohl in seiner Haut. Die Sache Fußball und Torwart-Trainer zu sein, das gehört zu seinem Lebensinhalt. "Ich kann zwölf Stunden an der Arbeit sein. Aber sobald ich auf dem Platz bin, fühle ich mich gut." Stress ist der Erfüllung gewichen. Hier ist seine Welt. Hier ist er zu Hause.

Geboren wurde Sabela in Lodz, einer 700.000-Einwohner-Stadt im Zentrum Polens. LKS ist der größte und bedeutendste Fußballverein, die Stadt ist bekannt als Hochburg der Textilproduktion im 19. Jahrhundert. Bei LKS war Witold 17 Jahre Profi - für diesen Klub spielte auch der einstige Klasse-Keeper Jan Tomaszewski. 

Klänge in Weiterode: "Witold, wir fahren nach Lodz"

2013 kam Sabela nach Deutschland - seit zehn Jahren lebt er jetzt in Osthessen. Drei Jahre spielte er beim SVA Bad Hersfeld. Der Asbach nahestehende Achim Pannek, der aus der Region Katowice kommt, lotste ihn hierher. Drei Jahre spielte er dort, an die Trainer Ante Markesic, Norbert Kalleé und Frank Ullrich, auch an Bernd Rudolph hat er gute Erinnerungen; "die Leute haben mir sehr geholfen. Ich habe, als ich in Katowice spielte, neun Monate kein Geld gesehen". Sechs Monaten in Lehnerz schlossen sich viereinhalb Jahre in Weiterode an. Stellvertretend nennt er da Andy Rygula, der heute noch Trainer ist, oder auch Manuel Thalmann als Weggefährten. "Immer nach Siegen haben die Witold, wir fahren nach Lodz gesungen. Und irgendwann habe ich das auch mal organisiert."

Witold Sabela mit Tobi Wolf und Samuel Zapico

Seit 2019 ist er jetzt bei der SGB. Er geht in sein viertes Jahr. Und sein Arbeitsalltag ist nicht ohne. "Manche denken, ich schieße ein paar Bälle aufs Tor - und fertig". So ist es nicht, und Sabela schüttelt mit dem Kopf. Schon am Wochenende beginnt seine Arbeit für die bevorstehende Woche. "Sonntags muss ich eine Analyse machen, wie der Torwart gespielt hat. Auch der Plan für das Montags- und Dienstags-Training der Torhüter gehört dazu", klärt er auf.

Ein straffer Arbeitsalltag wartet auf Sabela - in der gesamten Woche 

Vor dem Training am Montag setzt sich das Trainer-Team zusammen und bespricht das Spiel des Wochenendes. Per Video. "Montags komme ich um 16 Uhr von der Arbeit", sagt er, und zusammen mit Louis Fuchs, der ebenso in Bad Hersfeld wohnt, und Moritz Dittmann, der von Gerstungen rüberkommt, geht's nach Fulda. Abends gegen halb Zehn darf Isabela ihren Mann wieder begrüßen.

Witold Sabela in Asbach

Dienstags steht Athletik- und Krafttraining an bei der SGB - und mittwochs ist der einzige freie Tag für die Spieler in der Woche. Nicht aber für Witold: Er plant das Training für Donnerstag und Freitag. "Wenn ich Zeit habe zu Hause, mache ich die Torhüter-Analyse für unser Spiel am folgenden Wochenende." Freitags ist Abschluss-Training, und das Team widmet sich der Analyse des Gegners. Sabela sagt, er müsse die Torhüter speziell vorbereiten. Es ist die Zeit, "etwas zu schmieden für sie. Ich benutze ein polnisches Programm." 

Wie er die aktuellen Torhüter der SGB - Samuel Zapico, Jannik Horz und Jannis Maul - beurteilt? "Sie sind alle sehr ambitioniert. Sehr gut ausgebildet. Und kämpfen miteinander." Am ersten Tag ihrer Zusammenarbeit habe er ihnen erklärt: "Ich will nicht sehen, dass der Eine den Anderen beleidigt. Im Torwart-Team müsst ihr Freunde sein und Freundschaften schaffen. Jeder muss spüren, dass der andere ihm hilft. Sich zu entwickeln."

"Will wieder Profi werden. Als Torwart-Trainer"

Und als sei es sein persönliches Programm, als sei es ein Stück von ihm, als gehöre es einfach zu ihm - fügt er hinzu: "Ich mache das bei der SG Barockstadt mit Leidenschaft. Ich liebe das. Es geht nicht ums Geld." Er absolvierte den "Torwarttrainer-Leistungskurs", eine Woche dauerte der. Das nächste Ziel: die UEFA-B-Lizenz für Torwarttrainer. Sie dauert sechs Monate. "Ich muss mich entwickeln", lässt der Pole seinen Ehrgeiz sprühen. "Ich will wieder Profi werden. Als Torwart-Trainer." Das passt dazu wie die Faust aufs Auge.

Ob sein Sohn einmal in seine Fußstapfen tritt? "Er entwickelt sich langsam. Potenzial hat er", urteilt Witold vorsichtig, "er muss geduldig bleiben. Er hat alles in seinen Händen". Ob es gar einmal eine Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn gibt? Sabela zögert ein bisschen, betont aber: "In der Gruppe geht das noch. Aber nicht individuell." Witold, der 1,96 Meter groß ist, weiß durchaus um die Begabung seines Filius. "Er ist besser, als ich es mit 17 war. Aber jetzt trainiert man anders."

Sein Jugendtrainer lud ihn ein: eine Woche bei Lech Poznan

Witold Sabela mit Atilla Güven (links)

800 Kilometer sind es bis nach Lodz. Sabela fährt sieben bis acht Stunden. "In Polen hat sich viel geändert. Das Land und der Fußball haben sich echt entwickelt." Im April war er eine Woche bei Lech Poznan - der Klub, aus dem Robert Lewandowski stammt. Witolds Jugendtrainer hatte ihn eingeladen, Rafal Ulatwoski, einstiger Co-Trainer der Nationalmannschaft, zu Zeiten des Niederländers Leo Beenhakker. Die weitaus verbesserte Infrastruktur und die auf einem anderen Niveau befindliche Ausbildung der Trainer hatte es ihm angetan. "Ich´konnte alles schauen. U16, U17 oder U19."

Welche Unterschiede hat er ausgemacht im Leben zwischen Polen und Deutschen? "Ihr nehmt das Leben ein bisschen zu ernst", sagt er. In Polen würde man das so sehen: "Machen wir morgen, und es passiert nichts. Ein bisschen lockerer geht auch." Seine Landsleute seien erst dann so diszipliniert, "wenn was Schlimmes passiert. Dann halten wir zusammen. Wenn etwas brennt hinter uns, dann sind wir wach".

Bis Sabela noch etwas einfällt. "Wir feiern komplett anders. Ein bisschen lauter. Emotionaler." Geburtstage, so weiß er, könnten schon mal vier Tage dauern. "Auf meiner Hochzeit waren 150 Gäste geladen. Ich habe schon welche erlebt mit 200 Gästen." Zeiten, in denen Sabela nicht auf seine Uhr sieht.  Das braucht er auch nicht, wenn er im nächsten Jahr das 20-jährige Bestehen seiner Ehe mit Isabela feiert. Und nachher höchstens eine Mütze Schlaf benötigt. (wk)


Zur Person

WITOLD SABELA (42) wuchs im Nachwuchs von LKS Lodz in Polen heran. Dort durchlief er alle Jugendteams. Als er 19 war, wechselte er zu Gornik Leczyca. Mlawlianka Mlawia, Tur Turek, Odra Wodzislaw und Pelikan Lowicz waren weitere Stationen - ehe er zum berühmteren GKS Katowice gelangte. 2013 kam er zum SVA Bad Hersfeld und spielte dort drei Jahre. Sechs Monate beim TSV Lehnerz II - Trainer hier: Sedat Gören - und viereinhalb Jahre ESV Weiterode schlossen sich an. Seit 2019 ist er Torwart-Trainer bei der SG Barockstadt Fulda-Lehnerz. +++


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